Die EU will der Ukraine mit massiven Militärhilfen zu einem Sieg im Krieg gegen Russland verhelfen. Nun gibt es einen brisanten Plan, wie die Unterstützung trotz knapper Kassen verstetigt werden soll.
Geht es nach der EU, sollen milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine herangezogen werden. Vertreter der Mitgliedstaaten verständigten sich am Mittwoch in Brüssel nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Plan dafür, wie die derzeitige belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.
Allein dieses Jahr sollen bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen. Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben.
Vorschlag sieht Verwendung von 90 Prozent der Zinserträge für militärische Zwecke vor
Den Vorschlag zur indirekten Verwendung russischer Gelder für die Ukraine hatten EU-Kommissionschefin
Er sieht vor, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen 10 Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüsste die Einigung: "Es gibt kein stärkeres Symbol und keine bessere Verwendung für dieses Geld, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zu machen", schrieb sie auf X.
Verhandlungen waren schwierig - unter anderem wegen Österreich
Schwierig waren die Verhandlungen unter anderem, weil neutrale Staaten wie Österreich sich nicht direkt an der Lieferung von Waffen und Munition beteiligen wollen - für sie wurde nun vereinbart, dass die Zinserträge zum Teil auch für andere Finanzhilfen verwendet werden.
Zudem gab es Diskussionen darüber, wie viel Geld Euroclear für seinen Aufwand einbehalten darf. Der Betrag reduzierte sich im Lauf der Verhandlungen von 3 Prozent auf 0,3 Prozent. Es ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.
Bereits beim Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs im März hatte es dafür Unterstützung gegeben, auch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dieser bekräftigte den Willen der EU, "die Ukraine so lange zu unterstützen, wie es notwendig ist". Dabei sei die Nutzung der Zinsgewinne auf russisches Vermögen "ein kleiner, aber wichtiger Baustein".
Als nächstes geht der Text in den EU-Ministerrat. Dort wird laut Diplomaten ein einstimmiger Beschluss erwartet.
EU bleibt hinter Forderungen von Selenskyj zurück
Die EU bleibt mit ihrem Vorhaben allerdings hinter Forderungen des ukrainischen Präsidenten
Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmassnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Russland drohte mit jahrzehntelanger Strafverfolgung und sprach von geplantem "Diebstahl".
Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.
Selenskyj hatte die EU zuletzt mehrfach aufgefordert, die Risiken in Kauf zu nehmen. Es sei angemessen, sowohl die Gewinne als auch die Vermögenswerte selbst zu nutzen, um den russischen Terror zu stoppen, sagte er zuletzt in einer Videoansprache beim EU-Gipfel im März.
Russland müsse sich der tatsächlichen Kosten des Krieges und der Notwendigkeit eines gerechten Friedens bewusst sein. Der stellvertretende ukrainische Regierungschef Olexander Kubrakow hatte die von Russland verursachten Kriegsschäden zuletzt auf 500 Milliarden Euro beziffert und sich dabei auf Zahlen der Weltbank, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen berufen. (Ansgar Haase, dpa/ank)
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