- Russlands Referenden und die Einverleibung mehrerer Regionen der Ukraine sind völkerrechtswidrig.
- Eine grosse Mehrheit der UN-Vollversammlung stimmte für eine entsprechende Resolution.
- Nur fünf Länder stimmten dagegen.
Mit einer historischen Mehrheit hat die Weltgemeinschaft die völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands in der Ukraine verurteilt und für nichtig erklärt. 143 der 193 Mitglieder der UN-Vollversammlung stimmten am Mittwoch in New York für eine entsprechende Resolution - 5 Länder votierten dagegen, 35 enthielten sich. Gemeinsam mit Russland stimmten lediglich Belarus, Nordkorea, Nicaragua und Syrien. Der Beschluss ist völkerrechtlich zwar nicht bindend, gilt aber als starkes politisches Zeichen und legt die internationale Isolation Moskaus offen.
Die am Mittwoch verabschiedete Resolution verurteilt Russlands Annexion und erklärt sie für ungültig. Zudem wird der Kreml aufgefordert, die Einverleibung der teils besetzten Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson rückgängig zu machen. Ende September hatte Kremlchef
Der ukrainische
Die deutsche UN-Vertretung schrieb: "Die internationale Gemeinschaft hat sich zusammengeschlossen, um die UN-Charta zu verteidigen. Anders als Russland steht die Ukraine nicht alleine da." Die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield sprach von einem "monumentalen Tag für die Vereinten Nationen".
US-Aussenminister Antony Blinken bezeichnete die Abstimmung als eine "eindrückliche Erinnerung" daran, dass die überwältigende Mehrheit der Nationen an der Seite der Ukraine stehe. Sie zeige, dass die "internationale Einigkeit in dieser Frage eindeutig und die Unterstützung für die Ukraine unerschütterlich" sei.
EU-Ratschef Charles Michel schrieb bei Twitter: "Die internationale Gemeinschaft lehnt Russlands versuchte illegale Annexion in der #Ukraine massiv ab." Der Schutz von Souveränität und territorialer Integrität sei der Kern der UN-Charta.
Ergebnis sogar besser als bei Verurteilung des russischen Einmarsches - China und Indien enthalten sich
Das Ergebnis war sogar besser als die 141 Stimmen in der Vollversammlung für eine Verurteilung des russischen Einmarsches in die Ukraine im März - und auch als bei den 100 Stimmen für eine ähnliche Resolution nach der Annexion der Krim im Jahr 2014.
Auch Brasilien, die Türkei und Saudi-Arabien stimmten für die Resolution. Mit China und Indien enthielten sich jedoch zwei mächtige Staaten, in denen etwa 2,8 Milliarden Menschen leben. Ausserdem enthielten sich mehr als ein Dutzend Staaten aus Afrika.
Die von Saudi-Arabien dominierten Golfstaaten und Nachbarländer votierten allesamt für die Vorlage. Zuletzt hatte Riad den Ärger Washingtons mit der Ankündigung einer Förderkürzung für Öl auf sich gezogen - dies wurde als indirekte Unterstützung für Russland gesehen. Der Iran nahm nicht an der Abstimmung teil.
Selbst Prognosen der grössten westlichen Optimisten wurden mit dem Ergebnis übertroffen. Beobachter waren vor der Abstimmung davon ausgegangen, dass bei vielen Ländern vor allem in Afrika und Lateinamerika eine gewisse Kriegsmüdigkeit sowie eine Abhängigkeit von Russland zu weniger Unterstützung für die Resolution führen könnten. Einige Staaten finden, dass der Ukraine-Krieg andere verheerende Konflikte an den Rand drängt und Fortschritte verhindert.
Diplomaten: Jedes UN-Mitgliedsland muss ein Eigeninteresse an einer Verurteilung Russlands haben
Doch die Verletzung internationaler Grenzen schien für viele Länder ein rotes Tuch: In der am Montag begonnenen Dringlichkeitssitzung der Vollversammlung hatten Diplomaten aus Dutzenden Ländern gewarnt, dass jedes UN-Mitgliedsland ein Eigeninteresse an einer Verurteilung Russlands haben müsste.
"Heute ist es Russland, das in die Ukraine einmarschiert. Aber morgen könnte es eine andere Nation sein, deren Territorium verletzt wird. Sie könnten es sein. Sie könnten die Nächsten sein", sagte die US-Botschafterin Thomas-Greenfield. Ähnlich äusserte sich Deutschland: "Die souveräne Gleichheit und territoriale Integrität eines jeden von uns wäre der Gnade unserer Nachbarn ausgesetzt".
Die Ukraine hatte die Mitglieder zur Annahme der Resolution aufgefordert, Moskau sprach von einer "gefährlichen Polarisierung" bei den UN. China warnte am Donnerstag vor einer Blockbildung und einem neuen Kalten Krieg und mahnte Friedensverhandlungen an. Eine ähnliche Beschlussvorlage wie die nun verabschiedete war Ende September im UN-Sicherheitsrat am Widerspruch Russlands gescheitert. Dort haben Resolutionen völkerrechtlich bindende Wirkung. Die ständigen Mitglieder Russland, China, die USA, Frankreich und Grossbritannien können mit ihren Vetos dort jedoch jede Entscheidung blockieren.
Ukraine meldet weitere russische Raketenangriffe
Der ukrainische Generalstab hat am Mittwoch weitere russische Raketen- und Luftangriffe auf Wohnhäuser und Objekte der zivilen Infrastruktur registriert. Im abendlichen Lagebericht aus Kiew war die Rede von drei Raketenangriffen und vier Fällen von Beschuss durch Flugzeuge. Zehn Mal seien Mehrfachraketenwerfer eingesetzt worden. Von den zehn getroffenen Zielen lagen die meisten in den frontnahen Gebieten Saporischschja und Mykolajiw im Süden.
Ausserdem setze die russische Armee weiter Kampfdrohnen iranischer Bauart ein, von denen zehn abgeschossen worden seien. Die ukrainischen Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar. Aus dem zentralukrainischen Gebiet Winnyzja meldete die Zivilverwaltung, dass zwei solcher Drohnen abgefangen worden seien.
Die russischen Angriffe aus der Luft waren damit weniger intensiv als am Montag, als mehr als 80 Raketen und Marschflugkörper abgefeuert wurden. Auch wenn die ukrainische Luftverteidigung nach eigenen Angaben etwa die Hälfte von ihnen abfangen konnte, wurden landesweit viele Einrichtungen der Stromversorgung und zivile Objekte getroffen. Auch mitten in der Hauptstadt Kiew schlugen Geschosse ein.
An der Donbass-Front im Osten der Ukraine setzten die russischen Truppen nach Kiewer Angaben am Mittwoch ihre Angriffe auf die Stadt Bachmut fort. Sie seien aber abgewehrt worden, hiess es.
Selenskyj: Ukraine hat die Kraft weiterzukämpfen
Die Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge die Kraft, den Krieg gegen den Angreifer Russland fortzusetzen. "Wir haben mutige Menschen, wir haben tapfere Soldaten", sagte der 44-Jährige laut Übersetzung in einem am Mittwoch veröffentlichten ZDF-Interview. "Keiner verliert gern, keiner will als Verlierer dastehen(...) Wir können es uns nicht leisten, zu verlieren, das ist eine Frage des Überlebens für uns."
"Wenn wir gewinnen, ist es ein Sieg für das ganze Land, und wir wollen den Sieg mit so wenig wie möglich Opfern erreichen", sagte Selenskyj.
Der ukrainische Präsident äusserte sich auch zur deutschen Unterstützung: "Ich habe Deutschland immer sehr positiv bewertet, weil ich die Unterstützung der Gesellschaft von Anfang an gespürt habe, seit dem Beginn dieser illegitimen Besatzung." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe gesehen, "dass man dem russischen Präsidenten nicht trauen kann und dass die Ukraine vollkommen im Recht ist". Die Ukraine habe allerdings "lange an den deutschen Türen und Fenstern geklopft, damit wir gehört werden". (mss/ank/dpa/AFP)
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