• Moskau meldet weiter militärische Erfolge, die Ukraine sprechen eher von taktischen Rückzügen.
  • Ohne jedes Zeichen einer absehbaren Entspannung in dem Krieg macht die internationale Gemeinschaft dennoch schon erste Pläne zum Wiederaufbau des Landes.

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Nach der Einnahme der Grossstadt Lyssytschansk im Osten der Ukraine rücken die russischen Truppen weiter vor. "In Richtung Slowjansk versuchen die Russen, die Kontrolle über die Ortschaften Bohorodytschne, Dolyna und Masaniwka herzustellen", teilte der ukrainische Generalstab in Kiew am Montag mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht trotz des Rückzugs seiner Armee die Region aber noch nicht als verloren an. Die Ukraine werde dank Taktik und mehr moderner Waffen wieder zurückkommen, sagte er. In der Schweiz trafen sich unterdessen Vertreter der internationalen Gemeinschaft, um erste Pläne für den Wiederaufbau zu schmieden.

Russische Truppen überqueren Fluss

Von Osten her haben die russischen Truppen den Fluss Siwerskyj Donez überquert. Dort versuche der Feind die ukrainischen Kräfte auf eine neue Verteidigungslinie zwischen Siwersk, Soledar und Bachmut zurückzudrängen, hiess es in dem Lagebericht aus Kiew. Diese drei Städte liegen etwa 30 bis 40 Kilometer östlich vom Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk, der als Hauptquartier der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass gilt. An anderen Frontabschnitten, sowohl im Norden um die Millionenstadt Charkiw als auch im Süden in den Schwarzmeerregionen Saporischschja, Cherson und Mykolajiw gab es nach ukrainischen Angaben trotz schwerer Artilleriegefechte keine nennenswerten Truppenbewegungen. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Nach Fall von Lyssytschansk: Russlands Kosmonauten feiern auf ISS

Nach der Eroberung der ostukrainischen Stadt Lyssytschansk im Gebiet Luhansk haben sich Russlands Kosmonauten auf der Internationalen Raumstation ISS in Feierlaune gezeigt. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos veröffentlichte am Montag ein Foto, das Denis Matwejew, Sergej Korssakow und Oleg Artemjew mit einer Flagge der selbsternannten "Volksrepublik Luhansk" in den Händen zeigt. Russlands Truppen und prorussische Separatisten hätten Luhansk nun vollständig "befreit", heisst es in einer angehängten Mitteilung. "Wir feiern auf der Erde und im Weltraum." Ein zweites Foto zeigt die drei Raumfahrer mit einer Donezker Fahne.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Luhansk sowie das Nachbargebiet Donezk vor rund viereinhalb Monaten unter grossem internationalen Protest als unabhängige "Volksrepubliken" anerkennen lassen. Wenige Tage später marschierten russische Truppen ins Nachbarland ein.

Am vergangenen Wochenende musste sich die ukrainische Armee angesichts hoher Verluste aus der schwer umkämpften Stadt Lyssytschansk zurückziehen. Damit ist faktisch das gesamte Gebiet Luhansk unter russischer Kontrolle - und aus Sicht des Kremls ein zentrales Kriegsziel erreicht.

Fast gesamte Infrastruktur in Region Lyssytschansk beschädigt

In der von Russland eroberten Stadt Lyssytschansk im Osten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben von einstmals mehr als 100 000 Einwohnern nur noch wenige Tausend übrig geblieben. Der Militärgouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, nannte am Montag im ukrainischen Fernsehen eine Grössenordnung von etwa 10.000. In der Nachbarstadt Sjewjerodonezk, die sich ebenfalls unter russischer Kontrolle befindet, seien nur noch etwa 8000 Menschen verblieben. Auch dort lebten vor Beginn des Krieg mehr als 100.000. In dem Ballungsraum sei inzwischen fast alles zerstört: Die Infrastruktur sei zu 90 Prozent beschädigt, 60 Prozent der Wohnhäuser seien zerstört. Unabhängig sind die Angaben kaum zu überprüfen.

Kiew will Wiederaufbau mit russischem Geld finanzieren

Der ukrainische Regierung will den Wiederaufbau zu einem grossen Teil mit russischem Geld finanzieren. Nötig seien nach Schätzungen mindestens 750 Milliarden Dollar (knapp 720 Milliarden Euro), sagte Regierungschef Denys Schmyhal am Montag bei der ersten grossen Wiederaufbau-Konferenz in Lugano in der Schweiz. Herangezogen werden sollten die rund 300 bis 500 Milliarden Dollar Vermögenswerte des russischen Staates und von Oligarchen, die weltweit eingefroren seien.

UN wollen Solidarität der Weltgemeinschaft

Die Vereinten Nationen appellieren an die Solidarität der Weltgemeinschaft, um die verheerenden Folgen des russischen Angriffskriegs zu meistern. "Wir haben in Deutschland selbst in unserer Geschichte Solidarität erfahren", sagte der Chef des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), Achim Steiner, ebenfalls in Lugano. Den Ukrainern zu helfen, werde die westlichen Volkswirtschaften nicht über Gebühr belasten. "Und es wird gleichzeitig auch im Eigeninteresse Europas dazu beitragen, dass wir nicht in eine noch katastrophalere Situation kommen", sagte Steiner.

Grossbritannien sichert Kiew langfristige Hilfe zu

Vor Beginn einer Geberkonferenz für die Ukraine in Lugano hat Grossbritannien dem Land andauernde Unterstützung zugesichert. Aussenministerin Liz Truss werde am Montag ankündigen, dass London "alles Mögliche tun wird, um sicherzustellen, dass die Ukraine den Krieg gewinnt und sich erholt", so das britische Aussenministerium. "Die Erholung der Ukraine vom russischen Angriffskrieg wird ein Symbol der Macht der Demokratie über die Autokratie sein", zitierte das Aussenministerium Truss weiter. Damit werde bewiesen werden, dass die Versuche von Kremlchef Wladimir Putin, die Ukraine zu zerstören, nur eine stärkere, wohlhabendere und geeintere Nation geschaffen hätten.

Kein Glückwunschtelegramm aus Moskau zum Unabhängigkeitstag

Aus Ärger über die aus seiner Sicht russlandfeindliche US-Politik gratuliert Kremlchef Wladimir Putin seinem Kollegen Joe Biden in diesem Jahr nicht zum amerikanischen Unabhängigkeitstag. "Nein, dieses Jahr wird kein Glückwunsch-Telegram verschickt werden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. "Das hängt damit zusammen, dass dieses Jahr zum Höhepunkt einer unfreundlichen Politik der Vereinigten Staaten gegenüber unserem Land geworden ist", sagte er mit Blick auf den amerikanischen Feiertag am 4. Juli. (mss/dpa)

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