Ein ranghoher General aus dem Krieg in der Ukraine ist in Moskau in Haft genommen worden. Offiziell wird wegen Betrugs ermittelt. Der Offizier wurde wegen seiner Kritik an der Armeeführung bekannt.
Der wegen seiner Kritik an der Moskauer Kriegsführung in der Ukraine gefeuerte russische General Iwan Popow ist Medienberichten zufolge wegen Betrugsvorwürfen verhaftet worden. Der 49-jährige Generalmajor, gegen den wegen Betrugs in besonders grossem Ausmass ermittelt werde, sei für zwei Monate in U-Haft genommen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass am Dienstag unter Berufung auf ein Militärgericht in Moskau.
Nach dem entsprechenden Artikel des Strafgesetzbuches drohen Popow zehn Jahre Haft.
Nach Angaben des prorussischen Militärblogs Dwa Majora wird Popow vorgeworfen, Hilfsgüter für seine Armee im Wert von 100 Millionen Rubel (eine Million Euro) zweckentfremdet und verkauft zu haben. Popows Anwalt wies die Vorwürfe zurück. Das Vermögen des Offiziers habe nicht einmal annähernd die Grössenordnung der in den Blogs genannten Summen, sagte der Advokat. Die Verteidigung plädiert auf einen Freispruch.
Popow wurde nach Kritik an russischer Militärführung entlassen
Popow diente bis zum Sommer 2023 als Kommandeur der russischen 58. Armee und damit auch in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die 58. Armee war massgeblich an der Besetzung der Hafenstadt Mariupol beteiligt – und stand im vergangenen Sommer im Gebiet Saporischschja, als die Ukraine dort ihre Gegenoffensive startete. Popow kritisierte nach hohen Verlusten die Kriegsführung Moskaus und forderte unter anderem eine Rotation der Kampfeinheiten, um Verluste auszugleichen. Die Rechtmässigkeit der russischen Invasion selbst stellte er nicht infrage.
Trotzdem wurde er wegen seiner Kritik entlassen. Generalstabschef Wladimir Gerassimow soll den bei seinen Untergebenen geschätzten Kommandeur als "Panikmacher" bezeichnet haben. Popow hatte sich nach seiner Absetzung von seinen Soldaten mit einer Sprachnachricht verabschiedet, in der er der Armeeführung Inkompetenz und Verrat vorwarf. In der Audiobotschaft, die weite Kreise zog, sprach Popow von "massenhaften Toten und Verletzten" unter russischen Soldaten. Die Aufnahme gelangte später an die Öffentlichkeit.
Das russische Verteidigungsministerium reagiert hochempfindlich auf Kritik aus den eigenen Reihen, insbesondere, seit der einstige Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, im vergangenen Jahr eine Meuterei gegen die Militärführung inszenierte. Der Kreml hat seitdem einige Ämter im Verteidigungsministerium umbesetzt – so wurde Minister Sergej Schoigu durch den Wirtschaftsexperten Andrej Beloussow ersetzt, die hochrangigen Verteidigungsbeamten Timur Iwanow und Juri Kusnezow wurden wegen Korruptionsverdachts festgenommen. (dpa/afp/tas)
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