Die wirtschaftliche und humanitäre Lage in Venezuela ist katastrophal, der Unmut in der Bevölkerung gross. Umfragen sahen die Opposition weit vorn. Überraschend kommt der verkündete Sieg dennoch nicht.
Venezuelas autoritärer Staatschef Nicolás Maduro ist bei der Präsidentenwahl in dem südamerikanischen Krisenstaat nach offiziellen Angaben wiedergewählt worden. Der Amtsinhaber kam bei der Abstimmung auf 51,2 Prozent der Stimmen, wie der Nationale Wahlrat (CNE) bekanntgab.
Sein grösster Herausforderer, Ex-Diplomat Edmundo González Urrutia vom Oppositionsbündnis Plataforma Unitaria Democrática, erhielt demnach 44,2 Prozent. Die Opposition erkannte Maduros Wahlsieg nicht an und erklärte González zum Präsidenten. "Wir haben gewonnen, und alle Welt weiss das", sagte Oppositionspolitikerin María Corina Machado.
Beobachter mit Verdacht auf Wahlmanipulation
Mehrere Umfragen hatten einen Sieg des Oppositionskandidaten prognostiziert. Beobachter gingen allerdings schon vor der Abstimmung nicht von einer freien und fairen Wahl aus. Zuletzt wurden zahlreiche Oppositionelle festgenommen und regierungskritische Kandidaten nicht zur Wahl zugelassen.
Die Nichtregierungsorganisation Foro Penal berichtete von mehr als 300 politischen Häftlingen. Der populären Oppositionsführerin Machado wurde wegen angeblicher Unregelmässigkeiten aus ihrer Zeit als Abgeordnete die Ausübung öffentlicher Ämter für 15 Jahre untersagt. An ihrer Stelle trat schliesslich der bis vor Kurzem noch weitgehend unbekannte González bei der Präsidentenwahl an.
Die Opposition habe 70 Prozent der Stimmen erhalten, Maduro 30 Prozent, sagte Machado in der Wahlnacht und berief sich auf unabhängige Nachzählungen.
Ein Viertel der Bevölkerung hat Venezuela verlassen
Maduro kann nun im Januar 2025 seine dritte sechsjährige Amtszeit antreten. Dabei waren die Chancen auf einen Politikwechsel in Caracas nach Einschätzung von Beobachtern so gut wie lange nicht mehr. Im Gegensatz zu den Wahlen vor sechs Jahren zeigte sich die Opposition diesmal geschlossen. Zudem waren angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage auch bislang treue Anhänger von der sozialistischen Regierung enttäuscht. Über 80 Prozent der Bevölkerung leben in dem einst reichen Land mit grossen Erdölvorkommen unter der Armutsgrenze. Immer wieder kommt es zu Stromausfällen. Gas, Medikamente und Benzin sind knapp. Mehr als sieben Millionen Menschen - ein Viertel der Bevölkerung - haben Venezuela in den letzten zehn Jahren wegen Armut und Gewalt verlassen.
Allerdings schürte Maduro zuletzt Angst vor Chaos beim Sieg der Opposition. So warnte er vor einem Blutbad und einem Bürgerkrieg in Venezuela, sollte er bei der Abstimmung nicht wiedergewählt werden. Nach seiner Stimmabgabe sagte er, dass sein Wahlsieg "die einzige Option für den Frieden" sei. Das Wahlsystem in Venezuela bezeichnete er zum wiederholten Male als das "zuverlässigste, transparenteste und sicherste Wahlsystem der Welt".
Europäische Union durfte keine Wahlbeobachter schicken
Die EU war bei der Abstimmung nicht mit Beobachtern vertreten, da Venezuelas Wahlbehörde eine Einladung aufgrund bestehender personenbezogener Sanktionen gegen Vertreter des Nationalen Wahlrats widerrufen hatte. Vier lateinamerikanische Ex-Präsidenten wurden am Freitag nach Angaben der panamaischen Behörden an der Anreise zur Wahlbeobachtung gehindert.
Die Vereinten Nationen haben zwar einige Wahlexperten entsandt, allerdings sind ihre Rollen begrenzt, da das Gremium keine öffentlichen Erklärungen zur Bewertung des Wahlverlaufs abgibt. (dpa/lag)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.