Grossbritannien unterstützt die Ukraine im russischen Angriffskrieg mit Marschflugkörpern. Damit können Streitkräfte weit hinter feindliche Linien zielen. Ein Vorteil für die Vorbereitung einer Frühjahrsoffensive?
Bei Waffenlieferungen an die Ukraine war in der Vergangenheit immer wieder von "Gamechangern" die Rede. Also von Waffen, die die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland in die Offensive bringen können. Davon ist auch jetzt wieder die Rede: Grossbritannien hat der Ukraine die Lieferung von Marschflugkörpern des Typs "Storm Shadow" zugesagt. In westlichen Sicherheitskreisen stiess die Ankündigung auf grosse Zustimmung. Ist die Waffe ein möglicher "Gamechanger"?
Sicherheitsexpertin: Lieferung ist "ganz wichtiger Schritt"
Die Marschflugkörper "Storm Shadow" sind von Grossbritannien und Frankreich gemeinsam entwickelt worden und wurden seit 2003 von den Armeen der beiden Staaten unter anderem im Irak und Libyen eingesetzt. Marschflugkörper sind unbemannte Flugapparate mit einer Sprengladung, die von einem Flugzeug aus gestartet werden und sich selbst ins Ziel steuern. Bekannt sind sie auch unter dem englischen Begriff "Cruise Missile". Sie gelten als zielgenauer als ballistische Raketen und haben zudem eine höhere Reichweite.
Dem Hersteller MBDA zufolge reichen sie mehr als 250 Kilometer weit. Damit könnten sie von der Ukraine aus auch Ziele auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim treffen. Die amerikanischen Himars-Raketenwerfer, welche die Ukraine bereits einsetzt, haben eine Reichweite von 80 Kilometern.
Die Lieferung von "Storm Shadow" sei "ein ganz wichtiger Schritt", sagte Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, im NDR-Podcast "Streitkräfte und Strategien".
Die vergangenen Offensiven habe die Ukraine erfolgreich vorbereitet, indem sie weit hinter die russischen Linien zielte und dort Munitionsdepots oder Kommandozentralen beschoss. "Mit dem 'Storm Shadow' kommen sie nochmal viel weiter." Der Einsatz dieser Marschflugkörper ist Major zufolge anspruchsvoll und verlangt Professionalität und Konzentration. Dass die Briten die Ukrainer mit dem System ausstatten, spricht aus ihrer Sicht für eine "Position der Stärke". "Es zeigt auch, wie gut aufgestellt die Ukraine gerade ist, dass sie das einsetzen kann."
Scharfe Kritik an der Lieferung kam erwartungsgemäss aus Moskau. "Äusserst negativ" beurteilte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow den Schritt: "Das bedarf einer adäquaten Antwort auch von unseren Militärs, die sicherlich aus militärischer Sicht entsprechende Lösungen finden", wurde Peskow von der Agentur Ria Nowosti zitiert.
Ukraine pocht auch auf Flugzeuge
Allerdings sind die Marschflugkörper für sich genommen noch keine Wunderwaffe. Sie können vielmehr nur zusammen mit anderen Waffensystemen wirken. Darauf wies in der vergangenen Woche auch der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hin: Die "Storm Shadow" würden die bereits vorhandenen Raketensysteme ergänzen. Dazu zählen der US-amerikanische Mehrfachraketenwerfer Himars, britische Harpoon-Raketen sowie ukrainische Neptun-Marschflugkörper.
Die ukrainischen Streitkräfte müssen zudem noch eine Schwierigkeit überwinden: Der ukrainische Militärexperte Ihor Romanenko wies gegenüber tagesschau.de darauf hin, dass die nötigen Kampfflugzeuge fehlen, von denen aus die Marschflugkörper gestartet werden. Bis man solche Flugzeuge habe, müsse man versuchen, Storm Shadow "irgendwie an die Flugzeuge der sowjetischen Flotte anzupassen".
Allerdings ist auch bei dieser Frage Bewegung in die Diskussion gekommen: Grossbritannien und die Niederlande wollen eine internationale Koalition aufbauen, um die Ukraine auch mit westlichen Kampfjets zu beliefern. (fab)
Verwendete Quellen:
- dpa
- mbda-systems.com: Storm Shadow/Scalp
- ndr.de: Streitkräfte und Strategien: Putins Tasten-Telefon
- tagesschau.de: Was ändern die Marschflugkörper?
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