Keine US-Sanktionen mehr, eine russische Krim, keine Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine – Trump hat einen "Deal" mit Russland verkündet. Es sei ein "allerletztes Angebot". Militärexperte Gustav Gressel schätzt die Inhalte ein und erklärt, welchen nächsten Schritt er von den USA erwartet.
Trump hat einen "Deal" mit Russland und der Ukraine verkündet. Darin enthalten zum Beispiel: Die Krim bleibt russisch, die Ukraine soll einen kleinen Teil der von Russland eroberten Gebiete zurückerhalten, aber es gibt keine NATO-Mitgliedschaft für Ukraine und auch keine Nuklearwaffen im Land. Ist Trump damit jetzt der "Dealmaker"?
Gustav Gressel: Der Deal ist im Grunde nur die Vorbereitung oder Ausredenfindung der Amerikaner, um sich aus dem Ganzen zurückzuziehen. Die Ukrainer und die Europäer machen nur noch gute Miene zum bösen Spiel, weil noch offen ist, unter welchen Bedingungen sich die Amerikaner aus diesem Spiel zurückziehen.
Um welche Bedingungen geht es da?
Zum Beispiel: Können wir später noch Patchwork-Fliegerabwehrraketen für die Ukraine kaufen? Gibt es noch nachrichtendienstliche Kooperationen? Wie sieht es mit Ersatzteilen für F-16 aus? Den Europäern sollte langsam dämmern, dass sie das Ganze alleine schultern müssen. Dieser Deal ist ein kompletter Murks, der bringt auch nicht einmal einen Waffenstillstand.
Die "final offer" von
Ja, die Amerikaner wollen raus aus der Ukraine und Europa. Sie basteln sich nur ziemlich einfältige Ausreden, um das zu rechtfertigen.
Dürfte Russland dem Deal zustimmen?
Von der Ukraine werden einseitige Vorleistungen verlangt, ohne, dass sie dafür etwas bekommen würde – keinen NATO-Beitritt, keine Sicherheitsgarantien, keine Unterstützung. Russland akzeptiert keine Lösung, in der die Ukraine Teile der von Russland offiziell annektierten Oblaste noch behält.
"Die Frage der Dauerhaftigkeit eines Waffenstillstands ist generell sehr zweifelhaft."
Wieso ist das Russland so wichtig?
Russland will, dass die Ukraine den kompletten Saporischschja, Khersoner, Donetsker und Luhansker Oblast räumt. Das hat Putins Pressesprecher Dmitri Sergejewitsch Peskow gestern noch einmal unterstrichen. Und das wird die Ukraine nicht machen – denn dann hätten die Russen eine Basis auf der anderen Seite des Dnepr, um den Krieg dort weiter fortzusetzen und Saporischschja und Kherson würden als grosse Städte verloren gehen. Die Frage der Dauerhaftigkeit eines Waffenstillstands ist generell sehr zweifelhaft.
Warum?
Selbst, wenn Russland so einem Deal zustimmen würde, was es zurzeit ja nicht tut, bräuchte ein Waffenstillstand nur ein paar Wochen oder Monate halten, in denen Russland dann aufrüstet. Mit aufgehobenen Sanktionen kann man das stärker und besser. Und dann führt Russland den Krieg weiter. Das ist ein kompletter Non-Deal.
Was bedeutet der angebliche Deal für die Europäer?
Die Frage ist: Nehmen die Europäer wirklich diese Verhandlungsknochen, die ihnen aus Washington hingeworfen werden? Bis jetzt sind sie auf jeden dieser Knochen gesprungen und haben ihn gekaut – haben versucht darum zu verhandeln, als ginge es da um etwas Substantielles und als wäre mit den Amerikanern irgendwie wirklich ein Waffenstillstand oder ein Frieden zu erreichen.
Das ist er nicht?
Nein. Die Europäer haben versäumt, Vorbereitungen zu treffen, wie man die Ukraine militärisch allein unterstützt, ohne die Amerikaner. Das geht – natürlich mit Abstrichen und das ist unbequem und schwierig. Aber es ist das Einzige, was die Europäer sinnvoll und substanziell machen können. Wenn sie den Russen signalisieren, dass sie die Ukraine alleine nicht militärisch halten können, mit ihrem wirtschaftlichen Potenzial, dann zeigt das den Russen, wie komplett schwach und unvorbereitet und militärisch untauglich die Europäer sind.
Wozu würde das Russland verleiten?
Einen weiteren Krieg gegen die Schwachstelle des Westens in Europa zu starten. Das wäre dann die grössere Katastrophe als die Katastrophe, die wir jetzt ohnehin schon haben. Um dem vorzubeugen, ist es nicht europäische Priorität, Donald Trump mit seinem Verhandlungsblödsinn bei Laune zu halten.
Über den Gesprächspartner
- Gustav Gressel ist Experte für Sicherheitspolitik, Militärstrategien und internationale Beziehungen. Er absolvierte eine Offiziersausbildung und studierte Politikwissenschaft an der Universität Salzburg. Schwerpunktmässig befasst sich Gressel mit Osteuropa, Russland und der Aussenpolitik bei Grossmächten.