- Wladimir Putin hat sich bei einem Treffen eines von ihm selbst eingesetzten Menschenrechtsrats über die mögliche Dauer des Kriegs gegen die Ukraine geäussert.
- "Es kann ein langer Prozess werden", räumte der Kremlchef ein.
Rund neuneinhalb Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine schliesst der russische
Das "Auftauchen neuer Gebiete" sei jedoch ein "bedeutendes Ergebnis" des Militäreinsatzes, fügte Putin hinzu. Er bezog sich damit auf die von Moskau bekannt gegebene Annexion von vier ukrainischen Gebieten durch Russland Ende September. Tatsächlich werden die vier Regionen jedoch nur teilweise von Russland kontrolliert.
Einige im Westen würden Russland "als ein zweitklassiges Land betrachten, das einfach kein Recht hat, überhaupt zu existieren", erklärte er laut der russischen Nachrichtenagentur Tass weiter. "Für uns kann es nur eine Antwort geben: systematischer Kampf für unsere nationalen Interessen. Wir werden auch weiterhin so handeln. Möge jeder aufhören zu denken, dass es anders sein kann. Ja, wir werden dies auf verschiedene Weise und mit verschiedenen Mitteln tun. Zuallererst werden wir natürlich auf friedliche Mittel setzen. Aber wenn uns nichts anderes übrigbleibt, werden wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen", betonte er.
Putin: Gefahr eines Atomkriegs "wächst"
Die nuklearen Waffen der Atommacht würden ausschliesslich dem Schutz des Landes und seiner Verbündeten sowie der Abschreckung dienen. Der Kremlchef wies Befürchtungen zurück, dass Russland die Waffen für einen Erstschlag einsetzen könnte. Russlands Militärstrategie sehe den Einsatz von Massenvernichtungswaffen als Reaktion auf einen Angriff vor. "Das bedeutet, wenn gegen uns ein Schlag verübt wird, dann schlagen wir als Antwort zurück", sagte Putin. Russland sehe die Waffen als "Schutz".
Im Zuge seines Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte Putin Russlands Atomwaffen in erhöhte Bereitschaft versetzen lassen. Das galt als Drohung gegen die USA und die Nato-Staaten, sich aus dem Krieg in der Ukraine herauszuhalten. Der frühere Präsident Dmitri Medwedew hatte zudem immer wieder von der Möglichkeit eines Atomkriegs gesprochen. Zudem wurde in Russland auch der Einsatz einer taktischen Nuklearwaffe in der Ukraine diskutiert, um schneller Ergebnisse zu erzielen. Angesichts der weltweiten Empörung hatte Russland zuletzt seine atomaren Drohungen deutlich zurückgefahren.
Gleichwohl meinte Putin bei dem Treffen, dass die "Gefahr eines Atomkriegs" zunehme. "Die Gefahr wächst", sagte er. Zugleich betonte er: "Wir haben unsere Atomwaffen, darunter auch die taktischen, nicht auf den Gebieten anderer Länder, die Amerikaner haben das – in der Türkei und in einer ganzen Reihe anderer Staaten Europas." Es gebe dort auch Manöver zum Einsatz der US-Atomwaffen. "Wir haben so etwas bisher nicht getan." Trotzdem schütze Russland seine Verbündeten damit. Die Waffen dienten der Abschreckung – und nicht dazu, Konflikte zu provozieren.
Kremlchef schliesst zweite Mobilisierungswelle aus
Auch auf die Teilmobilisierung nahm er Bezug: Die Hälfte der im September einberufenen russischen Reservisten befinden sich laut Putin inzwischen in der Ukraine. "Von 300.000 unserer mobilisierten Kämpfer, unserer Männer, Verteidiger des Vaterlandes, befinden sich 150.000 im Einsatzgebiet", sagte der russische Präsident.
Rund 77.000 der Reservisten seien direkt im Kampf eingesetzt, fügte der Staatschef hinzu. 150.000 werden demnach noch in Russland ausgebildet. Der Kreml-Chef hatte im September angesichts einer Reihe von Rückschlägen des russischen Militärs in der Ukraine eine Teilmobilisierung bekannt gegeben. Eine zweite Mobilisierungswelle werde es nicht geben, versicherte Putin am Mittwoch erneut.
Einmal mehr zog der Kremlchef auch eine Parallele zwischen sich selbst und dem russischen Zaren Peter I.: "Das Asowsche Meer ist zu einem innerrussischen Meer geworden. Das sind ernsthafte Dinge. Peter der Grosse hat noch um einen Zugang zum Asowschen Meer gekämpft." Bereits im Sommer hatte Putin den Krieg gegen die Ukraine auf eine Ebene mit dem Grossen Nordischen Krieg unter Peter Anfang des 18. Jahrhunderts gestellt.
Unabhängige russische Medien berichteten unter Berufung auf kremlnahe Kreise, die Mitglieder des Menschenrechtsrates hätten sich vor dem Treffen verpflichten müssen, bestimmte Themen nicht vor Putin anzusprechen – etwa die schlechte Ausrüstung der Armee. Die Mitglieder des Gremiums sind von Putin handverlesen, kritische Vertreter hatte er zuletzt auswechseln lassen. (tas/dpa/afp)
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