Vor wenigen Tagen nahm Berlin den Gesprächsfaden mit Moskau wieder auf. Kurze Zeit später geht das russische Militär zu einem der schwersten Angriffe auf die Ukraine über. Aus den USA gibt es aber eine Nachricht, die der Ukraine Hoffnung machen dürfte.
US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge den Einsatz weitreichender Raketen gegen bestimmte Ziele in Russland erlaubt. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, es gehe dabei zunächst um die Verteidigung der von Ukrainern besetzten westrussischen Region Kursk. Dort zeichnet sich eine Gegenoffensive Moskaus ab. Die "Washington Post" schrieb, die Genehmigung sei eine Reaktion auf die Stationierung tausender nordkoreanischer Soldaten in der Region. Das US-Verteidigungsministerium wollte die Berichte auf Anfrage zunächst nicht kommentieren.
Konkret soll es den Berichten zufolge um die Erlaubnis des Einsatzes von Raketen für das ATACMS-Artilleriesystem mit hoher Reichweite gehen. Die Waffen würden wahrscheinlich zunächst gegen russische und nordkoreanische Truppen eingesetzt, um die ukrainischen Streitkräfte in der Region Kursk im Westen Russlands zu verteidigen, zitierte die "New York Times" die nicht namentlich genannten Beamten.
Bislang beschränkten die USA den Einsatz ihrer Waffen gegen Russland auf die Abwehr der russischen Offensive gegen die ostukrainische Stadt Charkiw.
Massive russische Luftangriffe hinterlassen Tote und Zerstörung
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren am Morgen mehrere von der Flugabwehr ausgelöste Explosionen zu hören. Zwei Wohnhäuser gerieten in Brand. Nach Angaben von Bürgermeister
Tote in Mykolajiw, Dnipropetrowsk und Lwiw
In der südukrainischen Grossstadt Mykolajiw sind nach Behördenangaben durch Drohnen in der Nacht zwei Frauen getötet worden. "Verletzt wurden vier Erwachsene und zwei Kinder", schrieb der Militärgouverneur der Region, Witalij Kim, bei Telegram. Es seien mehrere Wohnhäuser, ein Hochhaus, ein Einkaufszentrum und eine Reihe von Autos beschädigt worden. Auch ein von Kim nicht näher benanntes Infrastrukturobjekt wurde demnach getroffen.
Im südostukrainischen Gebiet Dnipropetrowsk wurden zwei Eisenbahner beim Beschuss eines Depots getötet. Drei weitere wurden verletzt, teilte die ukrainische Eisenbahn mit. Im westukrainischen Gebiet Lwiw wurde eine Frau in einem Fahrzeug durch herabfallende Trümmer getötet. Im nahe gelegenen Polen stiegen als Vorsichtsmassnahme auf die Angriffe Kampfjets auf.
Stromnetz unter Beschuss
Explosionen wurden auch aus Saporischschja, Dnipro, Krywyj Rih und Odessa gemeldet. Angaben der ukrainischen Luftwaffe zufolge sind Dutzende Marschflugkörper und ballistische Raketen unter anderem von strategischen Bombern auf Ziele im ganzen Land abgefeuert worden. Zuvor waren demnach bereits Dutzende Kampfdrohnen von Russland eingesetzt worden.
In mehreren Gebieten wurde als Vorsichtmassnahme der Strom abgeschaltet, um einer eventuellen Überlastung des Netzes vorzubeugen, sollten Energieanlagen getroffen werden. Der zuständige Minister Herman Haluschtschenko berichtete auf Facebook von einem massiven Angriff auf das Energiesystem der Ukraine. Im Gebiet Wolyn bestätigten die Behörden bereits einen weiteren Schlag gegen die Netzinfrastruktur.
Das russische Verteidigungsministerium hat den Schlag gegen die Energieinfrastruktur bestätigt. Die anvisierten Objekte hätten die ukrainische Rüstungsindustrie mit Strom beliefert, hiess es zur Begründung.
Kritik an Scholz: Angriff Putins Antwort auf Gespräche
Aussenminister Andrij Sybiha warf Kremlchef
Der Eintrag dürfte sich auch auf das Telefonat von Bundeskanzler
Das Telefonat hatte bereits kurz nach Bekanntwerden Kritik hervorgerufen, auch in der Ukraine. "Der Anruf von Olaf öffnet meiner Meinung nach die Büchse der Pandora", sagte der ukrainische Präsident Selenskyj am Freitag. Scholz habe mit seinem Anruf Putins langgehegten Wunsch erfüllt, Russlands Isolation zu verringern und mit Gesprächen zu beginnen, die zu nichts führen werden, begründete er.
Auch europäische Partner ziehen den Nutzen des Telefonats in Zweifel: Der jüngste Luftangriff habe gezeigt, dass "Telefondiplomatie" kein Ersatz für reale Unterstützung durch den ganzen Westen für die Ukraine sein könne, schrieb Polens Regierungschef Donald Tusk auf X.
Ukraine unter Druck
Allerdings stehen die ukrainischen Streitkräfte in den kommenden Tagen und Wochen vor gewaltigen Herausforderungen: Die ukrainischen Soldaten im Osten ihres Landes am Rande des Donbass müssen weitere Rückschläge in Form von Gebietsverlusten hinnehmen. Seit dem Fall der Festung Awdijiwka zu Beginn des Jahres konnten die Ukrainer die Front im Donbass nicht stabilisieren. Die russischen Truppen sind seither rund 40 Kilometer vorgerückt. Aktuell steht mit Kurachowe eine weitere strategisch wichtige Stadt kurz vor der Eroberung durch russische Truppen.
Weiter nördlich erhöhen die Russen nach britischer Einschätzung den Druck auf die strategisch wichtige Stadt Kupjansk. Es habe vermutlich bereits Versuche gegeben, von Nordosten in die Stadt einzudringen. Im Süden hätten die Russen einen Frontbogen ausgedehnt und den Fluss Oskil erreicht, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Damit würden die ukrainischen Versorgungslinien östlich des Flusses gestört. Das Gebiet war im Herbst 2022 im Zuge einer ukrainischen Gegenoffensive nach gut fünf Monaten Besatzung befreit worden.
Gegenoffensive in Kursk?
Zudem zeichnet sich eine Gegenoffensive Moskaus in der von Ukrainern besetzten westrussischen Region Kursk ab. Russland hat nach Erkenntnissen westlicher und ukrainischer Militärexperten bereits knapp 50.000 Soldaten zusammengezogen, unter ihnen auch über 10.000 nordkoreanische Kämpfer. Die Truppen sollen die Ukrainer aus dem Land drängen, die sich im Sommer bei einer überraschenden Gegenoffensive dort festsetzen konnten. Bei den bisherigen Angriffen auf die ukrainischen Positionen hat das russische Militär allerdings Berichten zufolge hohe Verluste erlitten. (dpa/bearbeitet von br)
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