Der russische Angriffskrieg verschlechtert die finanzielle Lage der Ukraine drastisch. Jetzt planen die westlichen Partner neue finanzielle Hilfen. Bezahlen soll indirekt der Aggressor.
Vertreter von EU-Staaten haben den Weg für neue Finanzhilfen zugunsten der Ukraine geebnet. Eine in Brüssel erzielte Grundsatzeinigung sieht vor, für das von Russland angegriffene Land ein Darlehen von bis zu 35 Milliarden Euro zu organisieren, wie die Vertretung der Mitgliedstaaten mitteilte. Dieses soll dann mit Zinserträgen aus eingefrorenen Vermögenswerten der russischen Zentralbank zurückgezahlt werden.
Das Geld soll Teil eines noch grösseren Unterstützungspakets werden, das im Sommer von der Gruppe der grossen westlichen Industriestaaten (G7) beschlossen worden war. Es sieht mit russischen Geldern finanzierte Darlehen in Höhe von bis zu 50 Milliarden US-Dollar (ca. 46 Mrd. Euro) vor.
Russische Milliarden in der EU
Im Rahmen der von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen sind seit Februar 2022 rund 210 Milliarden Euro an Vermögenswerten der russischen Zentralbank eingefroren worden. Die ausserordentlichen Zinseinnahmen daraus werden derzeit auf bis zu 2,5 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. In der EU liegt der Grossteil der weltweit immobilisierten Vermögenswerte.
Die politische Einigung im Rat der EU muss nun noch formalisiert werden. Dazu ist auch noch die Billigung des Europäischen Parlaments erforderlich. Ziel ist es, das Darlehen bereits im nächsten Jahr auszuzahlen und es über einen maximalen Zeitraum von 45 Jahren zurückzuzahlen.
Lesen Sie auch
- Hohe Erwartungen vor Ramstein-Treffen – Luftschlag in Odessa
- MI5-Chef: Russland will Chaos auf Europas Strassen anrichten
Sollte Moskau vor der vollständigen Rückzahlung der Darlehen wieder Zugriff auf das in der EU eingefrorene Geld bekommen, müssten die EU und die anderen beteiligten G7-Partner die Rückzahlung übernehmen. Dies könnte zum Beispiel dann passieren, wenn ein EU-Staat die Verlängerung von Russland-Sanktionen mit einem Veto blockiert.
US-Beteiligung noch unklar
Neben der EU wollen auch Grossbritannien und Kanada bei dem neuen Hilfspaket mitmachen. Unsicherheit gibt es allerdings noch bei den USA. Grund ist, dass die Regierung in Washington von Brüssel eine Änderung der EU-Sanktionsregeln fordert, um mehr Sicherheit zu haben, dass die für die Rückzahlung der Darlehen vorgesehenen russischen Gelder auch wirklich eingefroren bleiben. Derzeit muss der EU-Beschluss für das Einfrieren alle sechs Monate einstimmig verlängert werden. Die USA dringen darauf, diese Frist auf drei Jahre zu verlängern.
Das EU-Land Ungarn verweigert bislang allerdings die notwendige Zustimmung. Der rechtspopulistische Regierungschef Viktor Orban zweifelt an der Sinnhaftigkeit der Finanzhilfen und hofft auf einen Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl im November. Der Republikaner könnte die US-Militärhilfen für die Ukraine stark reduzieren, was die Ukraine zu Verhandlungen über eine Waffenruhe und zu Zugeständnisse an Russland zwingen könnte.(dpa/bearbeitet von jst)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.