Ausgerechnet zum Jahreswechsel beschiesst Russland die Ukraine mit 90 Kampfdrohnen - so vielen wie noch nie in einer Nacht. Während der ukrainische Präsident Selenskyj dennoch Mut fürs neue Jahr macht, droht Kremlchef Putin von Moskau aus mit neuen Angriffen.
Das neue Jahr hat für viele Menschen in der Ukraine so begonnen, wie das vorherige aufgehört hat: mit heftigem russischen Beschuss, Angst und Schmerz. Insgesamt 90 Kampfdrohnen feuerte die russische Armee in der Nacht auf Montag auf verschiedene Regionen ab, wie die ukrainische Luftwaffe mitteilte. So viele seien es in einer einzigen Nacht noch nie zuvor gewesen. Durch die eigene Flugabwehr konnten demnach 87 Stück abgeschossen werden - auch das, immerhin, ein Rekordwert. Die Folgen der nächtlichen Angriffswelle, die elf Stunden lang andauerte, sind trotzdem gravierend: In der Schwarzmeerregion Odessa starb Behördenangaben zufolge ein 15 Jahre alter Teenager, drei weitere Menschen wurden verletzt.
Ebenfalls in Odessa brach in einem Hafenterminal ein Feuer aus. Im Gebiet Chmelnyzkyj wurde ein Kind verletzt. In Lwiw in der Westukraine wurde ein Museum beschädigt, wenige Kilometer weiter in der Stadt Dubljany ein Universitätsgebäude. Laut der ukrainischen Luftwaffe griff die russische Armee darüber hinaus die Regionen Cherson und Saporischschja im Süden sowie Charkiw im Osten mit Raketen an.
Ukraine steht schweres Jahr 2024 bevor
Es ist bereits der zweite Jahreswechsel, den die gesamte Ukraine im Krieg erlebte, nachdem Russland den Nachbarstaat am 24. Februar 2022 überfallen hat. Seitdem erfuhr das angegriffene Land viel internationale Unterstützung und hatte insbesondere im ersten Kriegsjahr auch grössere militärische Erfolge zu verzeichnen - etwa die teilweise Befreiung des südlichen Gebiets Cherson aus russischer Besatzung. Darüber hinaus ist auch die Entscheidung für den offiziellen Start von EU-Beitrittsverhandlungen, die erst vor kurzem im Dezember 2023 fiel, für viele Ukrainer ein Lichtblick.
Doch davon abgesehen ist die Lage aus Kiewer Sicht alles andere als erfreulich: Inklusive der bereits 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim ist weiter rund ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets von russischen Truppen besetzt. Eine gross angelegte Gegenoffensive zur Befreiung dieser Regionen blieb 2023 weit hinter vielen Erwartungen zurück. Darüber hinaus wurde kürzlich bekannt, dass das ukrainische Militär zur weiteren Abwehr der russischen Invasion wohl mindestens 450 000 Männer zusätzlich mobilisieren müsste. Wie genau das gelingen soll, ist noch nicht klar. Und zu allem Überfluss ist weiter unsicher, ob und wann es weitere Militärhilfen vom wichtigsten Unterstützer USA geben wird.
Selenskyj: Neues Jahr wird so, wie wir es wollen
Der ukrainische
Putin kündigt neue Angriffe gegen Ukraine an
In Russland dankte Kremlchef
In seinem von Staatsmedien verbreiteten Auftritt erwähnte Putin allerdings nicht, dass dieser Attacke wiederum die schwerste russische Angriffswelle gegen die Ukraine seit Kriegsbeginn vorausgegangen war. Dabei waren am vergangenen Freitag ukrainischen Angaben zufolge mehr als 45 Menschen ums Leben gekommen - auch, weil vielerorts Wohngebiete unter Beschuss gerieten. Dennoch wiederholte Putin bei seinem Treffen mit den Soldaten die gängige russische Propagandabehauptung, die eigene Armee ziele in der Ukraine angeblich nur auf militärische Objekte.
Mit 24 Toten und mehr als 100 Verletzten hatte Russland infolge des Angriffs auf Belgorod erstmals in seinem schon rund zwei Jahre dauernden Angriffskrieg gegen die Ukraine selbst eine so hohe Zahl an zivilen Opfern zu beklagen. Diese steht aber weiter in keinerlei Verhältnis zu den Opferzahlen in der Ukraine.
Die Hintergründe des Beschusses auf Belgorod sind zudem weiter unklar. Aus Kiew gab es keine offizielle Reaktion. Einige ukrainische Medien schrieben unter Berufung auf Geheimdienstquellen, dass möglicherweise die russische Luftverteidigung nicht präzise gearbeitet habe. Zudem gab es zahlreiche Beschwerden von Belgoroder Bürgern, dass Bombenschutzkeller während des Angriffs zugesperrt und somit nicht zugänglich gewesen seien. (dpa/cgo)
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