- Panzer werden an diesem Tag auch durch die Strassen Moskaus rollen: Am 9. Mai feiert Russland mit riesigen Paraden den Sieg über Nazi-Deutschland im Jahr 1945.
- Doch statt blosser Erinnerung an die Vergangenheit nutzt der Kreml den Tag zur Legitimation seines Krieges gegen die Ukraine.
- Wie Putin den Feiertag militarisiert hat und was Kiew nun befürchtet.
Ein Datum wurde im Ukraine-Krieg immer wieder genannt: Der 9. Mai. Bis dahin, so hiess es, werde Putin in jedem Fall militärische Erfolge verzeichnen müssen. Denn dann feiert Russland in Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges den "Tag des Sieges". Ein äusserst wichtiger Tag für den Kreml.
Was passierte am 9. Mai?
Der Zweite Weltkrieg endete bereits am 8. Mai 1945, viele europäische Länder feiern ihn als Tag der Befreiung. Die deutsche Wehrmacht musste in die bedingungslose Kapitulation einwilligen. Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichnete als Befehlshaber die Kapitulationserklärung allerdings erst in der Nacht zum 9. Mai, weshalb in einigen Ländern wie Russland dieses Datum als Kriegsende gilt.
Welche Bedeutung hat der 9. Mai in Russland?
Für viele Russen ist der 9. Mai einer der wichtigsten Feiertage im Jahr und ein äusserst symbolträchtiger Tag. Russland feiert dann den Sieg über Nazi-Deutschland mit grossen Paraden in dutzenden Städten, die grösste Veranstaltung findet in Moskau statt. Der 9. Mai ist seit 1965 ein arbeitsfreier Feiertag in Russland, der jedoch in den letzten Jahren immer mehr von der Propaganda vereinnahmt wurde. Anstatt an Leid zu erinnern, präsentiert der Kreml vorrangig Heldengeschichten.
Wie hat sich der Feiertag unter Putin verändert?
Der "Tag des Sieges" wurde unter Putin deutlich militarisiert, immer stärker zu einer Machtdemonstration umgebaut und für eigene politische Interessen instrumentalisiert. Die Überhöhung der eigenen Rolle im Zweiten Weltkrieg wurde bereits in der Zeit unter Sowjetpolitiker Leonid Breschnew betrieben. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erinnerte sich die russische Gesellschaft allerdings auf stille Art und Weise an den deutschen Vernichtungskrieg.
Putin liess den Kriegskult um den 9. Mai wieder aufblühen und stellte den Triumph des Jahres 1945 und die Entstehung des sowjetischen Nachkriegsimperiums als die zentralen Leistungen des sowjetischen Staates dar. Dabei wird eine Heldengeschichte erzählt, die historische Fakten und das Leid der Bevölkerung ausblendet. Die Militarisierung der Gesellschaft und die Normalisierung militärischer Gewalt sind dabei das Ziel.
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Welche Rolle spielt der Tag im Ukraine-Krieg?
Mit dem Kult um das Jahr 1945 machte Putin die Weltkriegslosung "nach Berlin!" wieder stark und damit auch die Drohung, dass Russland mit dem Kriegsführen noch nicht fertig sei. Die 1945 gewonnene und 1991 verlorene Grösse will er wiederherstellen. Deshalb gilt der 9. Mai auch zur Legitimation des Krieges gegen die Ukraine.
Er ist für Putin eine Art Fortsetzung des Kriegs gegen Nazi-Deutschland. Immer wieder nannte er eine "Entnazifizierung" einer vermeintlich faschistischen Regierung als Ziel seiner "Spezialoperation". Der enge Putin-Vertraute und Vizechef der Präsidialadministration, Sergej Kirilenko, sagte kürzlich: "Die russischen Soldaten beenden heute den Kampf, den unsere Väter und Grossväter gegen die Nazis begonnen haben."
Was behauptet die russische Propaganda?
Im Vorfeld des Angriffs bezeichnete Putin Russland und die Ukraine als organische Einheit, die der Westen zerstört habe und die mit militärischen Mitteln wiederhergestellt werden müsse. Die russische Propaganda behauptet, Moskau sei wieder in grosser Gefahr, Faschisten in Kiew erhielten Unterstützung von Warschau, Berlin und Washington.
Im Staatsfernsehen werden russische Truppen in der Ukraine mit roten Fahnen gezeigt, die an die Sowjetbanner über dem Reichstag in Berlin 1945 erinnern. Das erklärt auch, warum die russische Gesellschaft zu Entbehrungen bereit ist: In ihren Augen kämpft der Verfechter des Guten gegen das Böse.
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Wie wird der 9. Mai diesmal ablaufen?
In diesem Jahr jährt sich die Kapitulation von Nazi-Deutschland zum 77. Mal. Auch diesmal werden tausende Soldaten über den Roten Platz marschieren, Panzer werden durch die Strassen rollen und Flugzeuge sollten eine Show präsentieren - die Flugshow wurde kurzfristig von Moskau abgesagt. Die Generalproben haben bereits stattgefunden. Neue Waffensysteme will der Kreml diesmal ebenfalls zum Besten geben, mit dabei sein sollte auch das "Weltuntergangsflugzeug", welches im Fall einer nuklearen Eskalation als fliegender Gefechtsstand dienen könnte. Ob der Kreml es nach Absage der Flugshow noch zeigen wird, ist unklar.
Besonders die Rede von Kreml-Chef Putin anlässlich des Jahrestages wird mit Spannung erwartet. Eine Generalmobilmachung steht im Raum, auch wenn Moskau entsprechende Pläne zuletzt dementiert hat. Die Ukraine befürchtet gleichzeitig vermehrte russische Raketenangriffe.
Was plant der Kreml am 9. Mai in der Ukraine?
Für möglich halten Beobachter auch die Verkündung der Annexion der beiden Marionettenrepubliken Donezk und Luhansk sowie die Erstürmung der letzten Bastion der ukrainischen Verteidiger in Mariupol, dem Werk Asow-Stahl. Man werde sich bei der Operation in der Ukraine nicht an irgendwelchen Tagen orientieren, hatte Russlands Aussenminister Sergej Lawrow allerdings gesagt.
Wie der ukrainische Geheimdienst berichtet, plant der Kreml sogar, die ukrainische Hafenstadt Mariupol zu einem Zentrum der "Feierlichkeiten" am 9. Mai zu machen. Die zentralen Strassen der Stadt würden dafür derzeit "von Trümmern, Leichen und nicht explodierten Sprengkörpern gesäubert."
Verwendete Quellen:
- Deutschlandfunk.de: Militarisierung des Kriegsgedenkens. Welche Bedeutung der 9. Mai in Russland und in der Ukraine hat (06.05.2022)
- Bundeszentrale für politische Bildung: Die Bedeutung des 9. Mai in der UdSSR und in Russland. Der Tag des Sieges in Zeiten des Krieges (06.05.2022)
- Berliner-Zeitung: Kiew: Russland plant Militärparade am 9. Mai in Mariupol (04.05.2022)
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