Im illegal annektierten Teil der Südukraine festigt Russland seine Herrschaft. Wladimir Putin setzt dabei die Banken unter Druck. Was seit Mittwochabend geschah – und was am Donnerstag wichtig wird.
Die Ukraine hat russische Militäreinrichtungen auf der annektierten Halbinsel Krim massiv mit Raketen beschossen. Die genauen Auswirkungen der Attacke waren bis Donnerstagmorgen nicht bekannt. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau sprach am Mittwoch von 20 angreifenden Marschflugkörpern der Ukraine.
Die Attacke richtete sich gegen Luftwaffenstützpunkte nahe Sewastopol und Jewpatorija sowie andere Orte auf der Krim. Von ukrainischer Seite gab es keine offizielle Äusserung. Allerdings liess sich ein Eintrag von Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk auf Telegram als Bestätigung verstehen.
Ihrerseits griff die russische Armee die Ukraine in der Nacht zum Donnerstag wieder mit Kampfdrohnen an. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe flogen Schwärme von Drohnen auf die Grossstadt Charkiw im Osten zu. Eine Fliegerbombe traf nach Behördenangaben ein Krankenhaus in Welykij Burluk im Gebiet Charkiw und verletzte vier Menschen leicht. Russland führt seit fast zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, zu dem auch nahezu jede Nacht die Attacken aus der Luft gehören. Donnerstag ist der 708. Kriegstag.
Angriff auf Krim-Fliegerhorst Belbek
Zum Arsenal der Ukraine gehören Marschflugkörper der Typen Storm Shadow und Scalp, die Grossbritannien und Frankreich geliefert haben. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, 17 Flugkörper seien bereits über dem Schwarzen Meer abgefangen worden, 3 weitere über der Krim. Die Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.
Trümmer der abgefangenen Geschosse seien auf ein Militärgelände bei dem Dorf Ljubimowka nördlich von Sewastopol gefallen, hiess es in der Mitteilung. Dort liegt der grosse, von den Russen genutzte Luftwaffenstützpunkt Belbek, dessen Name aber nicht genannt wurde. "Es ist kein Flugzeuggerät beschädigt worden", erklärte das Ministerium.
Nach inoffiziellen Berichten hatte der Angriff grössere Ausmasse. Sowohl im Süden wie im Norden von Sewastopol sei Rauch zu sehen, berichtete der Telegramkanal "Krymski Weter". Im Norden der Stadt steige bei Belbek eine dicke Wolke auf. Auch aus der Gegend des russischen Militärflugplatzes Saki bei Jewpatorija wurden Explosionen gemeldet. Demnach starteten viele russische Kampfflugzeuge, um nicht am Boden getroffen zu werden.
Luftwaffenkommandeur räumt Angriff indirekt ein
Oleschtschuk als Befehlshaber der ukrainischen Luftwaffe erinnerte auf Telegram daran, dass Belbek bis 2014 Standort der 204. taktischen Fliegerbrigade der Ukraine gewesen sei. "Die ukrainischen Flieger werden auf alle Fälle zu ihrem Heimatflugplatz zurückkehren", schrieb er. Dem Eintrag fügte der Generalleutnant ein Video bei, das angeblich einen Treffer auf Belbek vom Mittwoch zeigt. Der Raketenattacke waren ukrainische Drohnenangriffe vorausgegangen, die wohl einen Teil der russischen Flugabwehr auf der Krim ausschalteten.
Für die russische Kriegsführung ist die 2014 annektierte Krim besonders wichtig. Dort sind viele Truppen stationiert, der Nachschub läuft über die Halbinsel. Sewastopol ist Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, auch wenn die meisten Schiffe von dort abgezogen worden sind. Dank verbesserter eigener Drohnen wie Waffen mit höherer Reichweite aus westlichen Lieferungen kann die Ukraine zunehmend militärische Ziele auf der Krim bekämpfen. Die ukrainische Führung strebt eine Rückeroberung der Halbinsel an.
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Selenskyj sieht Ukraine noch vor schwierigem Winter
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beschäftigte sich in einer Videoansprache mit den dauernden russischen Bombardierungen in der Nacht. Dabei sei die Lage schon besser als ein Jahr zuvor. "Die Energiesituation hat sich im Vergleich zum letzten Winter grundlegend geändert. Das System ist erhalten geblieben", sagte er. Trotzdem werde die Ukraine im Winter noch viel zu überstehen haben. "Es wird russische Terroranschläge geben, und die Russen werden versuchen, unsere Verteidigungsanlagen zu durchbrechen", sagte Selenskyj. Er dankte den Flugabwehrtruppen, aber auch den Rettungsdiensten und den zivilen Ingenieuren, die das Energiesystem instand halten.
Im vergangenen Winter hatte Russland gezielt die Infrastruktur beschossen, was für viele Ukrainer den stunden- oder tageweisen Ausfall von Strom, Heizung, Gas und Wasser bedeutete. Mittlerweile ist die ukrainische Flugabwehr dank westlicher Systeme besser gerüstet.
Putin schickt russische Banken in die besetzten Gebiete
Der russische
Russland hatte sich 2014 die bis dahin ukrainische Krim einverleibt. Nach der Invasion von 2022 erklärte Moskau gegen das Völkerrecht auch die ukrainischen Verwaltungsgebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson zu russischem Staatsgebiet. Militärisch kontrollieren die russischen Truppen nur einen Teil dieser Territorien. Russische Banken waren wegen westlicher Sanktionen schon bei der Krim vorsichtig, sich dort zu engagieren. Auch in den anderen Regionen sind sie kaum vertreten.
Das wird am Donnerstag wichtig
Bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel soll ein letzter Versuch unternommen werden, den ungarischen Regierungschef Viktor Orban für geplante neue Ukraine-Hilfen zu gewinnen. Über das Paket von 50 Milliarden Euro bis Ende 2027 hätte eigentlich schon im vergangenen Dezember entschieden werden sollen. Damals legte Orban aber ein Veto ein. Der Ungar hat mehrfach die Sinnhaftigkeit der Pläne infrage gestellt. Er sagt auch, dass die EU aus seiner Sicht Geld aus dem Gemeinschaftshaushalt für Ungarn zu Unrecht eingefroren hat. Vor dem Gipfel deutete Orban aber an, Ungarn sei bereit, Teil einer Lösung zu sein. (dpa/mbo)
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