Der Ukraine werden neue Waffen zugesagt. Doch Präsident Selenskyj wirkt nicht zufrieden - denn die wichtigste erhoffte Zusage hat er bei seinem Abstecher nach Deutschland nicht erhalten.
Die Ukraine hat beim Treffen der internationalen Verbündeten auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein Zusagen für weitere militärische Unterstützung erhalten. Die offiziell verkündeten Zusagen blieben jedoch hinter den Erwartungen Kiews zurück, zudem wurde die erhoffte Erlaubnis der Verbündeten zum Einsatz von weitreichenden Waffen gegen militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet nicht erteilt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war zu den Gesprächen in Ramstein angereist, flog am Abend nach Italien weiter.
Bei einem Auftritt auf dem Ambrosetti-Forum am Como-See lehnte der Ukrainer dann ein Einfrieren des Krieges nach dem Vorbild des Koreakrieges erneut ab. Verhandlungen mit Russland werde es zudem nur aus einer Position der Stärke heraus geben. Kremlchef
Der ukrainische Präsident bekräftigte, dass die Streitkräfte seines Landes nur militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet mit weitreichenden Waffen angreifen wollten. "Wir wollen diese weitreichenden Waffen nur für militärische Ziele von 100 bis 300 Kilometer Entfernung einsetzen, das ist alles", sagte er. "Wir greifen niemals, niemals ihre zivile Infrastruktur an."
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte sich zuvor sich mit Blick auf Forderungen der Ukraine, Waffen mit grösserer Reichweite auch gegen Ziele in Russland richten zu dürfen, zurückhaltend gezeigt. "Ich glaube nicht, dass eine bestimmte Fähigkeit entscheidend sein wird", sagte Austin zum Abschluss des Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein. Das aktuelle Gefechtsfeld zeige, dass Russland bestimmte Flugzeuge, die Gleitbomben einsetzen können, verlegt hätten - so dass sie ausserhalb der Reichweite von Raketen vom US-Typ ATACMS stationiert sind.
Auf das Nachhaken eines Journalisten, wonach Selenskyj gesagt habe, es gebe strategische Ziele in Russland, die mit Waffen grösserer Reichweite getroffen werden könnten, reagierte Austin ausweichend. Es gebe viele Ziele in Russland und die Ukraine verfüge über zahlreiche Möglichkeiten, diese anzugreifen - etwa mit Drohnen. "Ich denke, dass wir in absehbarer Zukunft dafür sorgen werden, dass wir uns weiterhin darauf konzentrieren, der Ukraine dabei zu helfen, ihr Hoheitsgebiet wirksam zu verteidigen", so Austin weiter.
Neue Militärhilfe für die Ukraine
Rund um das Ramstein-Treffen erhielt die Ukraine Zusagen für neue militärische Unterstützung. Die USA wollen laut Austin zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weitere Militärhilfe im Umfang von rund 250 Millionen US-Dollar (rund 225 Millionen Euro) zur Verfügung zu stellen. In den vergangenen Monaten haben die USA bereits mehrere Tranchen an Militärhilfe bereitgestellt, nachdem der US-Kongress Ende April neue Mittel im Umfang von rund 61 Milliarden US-Dollar (56,2 Milliarden Euro) für Kiew freigegeben hatte. Die USA sind der wichtigste Verbündete und grösste Waffenlieferant der Ukraine in deren Abwehrkampf gegen Russland.
Der zweitwichtigste Waffenlieferant Deutschland sagte ebenfalls neue Waffen zu und unterstützt die Ukraine mit zwölf weiteren Panzerhaubitzen 2000 im Wert von 150 Millionen Euro. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte Selenskyj zu, die ersten sechs der modernen Artilleriegeschütze noch in diesem Jahr zu liefern, die anderen sechs dann im kommenden Jahr.
Grossbritannien sagte Kiew weitere Flugabwehr-Waffen zu, die Niederlande kündigten ein Waffen- und Ausrüstungspaket für ukrainische Kampfflugzeuge vom Typ F-16 im Wert vom 80 Millionen Euro an. Auch Kanada wollte weitere Waffen und Munition zur Verfügung stellen. Unter anderem werden Raketentriebwerke und zugehörige Gefechtsköpfe für von Hubschraubern eingesetzte Luft-Boden-Raketen geliefert. Dazu hat Kanada in dieser Woche mit der Ausbildung ukrainischer Piloten für F-16-Kampfflugzeuge begonnen. Spaniens Regierung kündigte an, den Ukrainern eine komplette Batterie Hawk-Raketen zur Flugabwehr bereitzustellen.
EU stockt humanitäre Hilfe auf
Die EU stockt nach den jüngsten russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur der Ukraine ihre humanitäre Hilfe auf. Vor dem kommenden Winter sollen zusätzliche 35 Millionen Euro bereitgestellt werden, wie die Europäische Kommission mitteilte. Weitere fünf Millionen Euro sind zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge und ihrer Aufnahme im Nachbarland Moldau vorgesehen.
In der Ukraine will die EU mit dem Geld unter anderem dazu beitragen, dass beschädigte Gebäude repariert werden und die Strom- und Wärmeversorgung sichergestellt werden kann. In Moldau sollen die neuen Mittel etwa dazu dienen, die Vorbereitung auf zusätzliche Flüchtlinge zu verbessern.
Einschliesslich der an diesem Freitag angekündigten Mittel hat die Kommission nach eigenen Angaben bereits 966 Millionen Euro bereitgestellt, um die vom Krieg in der Ukraine betroffene Zivilbevölkerung zu unterstützen. Laut des zuständigen Kommissars Janez Lenarcic erhöht sich der diesjährige Gesamtbetrag nun auf 110 Millionen Euro für die Ukraine und auf 13 Millionen Euro für Moldau. (dpa/bearbeitet von pak)
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