Die Ukraine feiert 2024 zum zweiten Mal Weihnachten am 25. Dezember. Hinter dem neuen Datum steckt mehr als ein Wechsel im Kalender. Es dient auch der kulturellen Emanzipation von Russland.

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Auf dem Sophienplatz im Herzen der ukrainischen Hauptstadt Kyiv ragt auch in diesem Jahr ein majestätischer Weihnachtsbaum empor, geschmückt mit goldenen Sternen, blau-weissen Lichtern und einer funkelnden Spitze. Sie nennen ihn den "Weihnachtsbaum der Unbesiegbarkeit".

Rundherum versammeln sich Menschen, manche trinken heissen Tee oder Glühwein, Kinder halten leuchtende Ballons in den Händen und lachen. Es ist der Abend des 6. Dezember 2024, Kyiv erleuchtet den diesjährigen Weihnachtsbaum – und Vorfreude liegt in der kalten Winterluft. Zum zweiten Mal feiert die Ukraine offiziell Weihnachten am 25. Dezember, und das Herz der Hauptstadt pulsiert im Rhythmus dieser neuen Tradition.

Bereits im Jahr 2023 wurde die Verschiebung vom traditionellen 7. Januar auf den 25. Dezember eingeführt, doch in diesem Jahr ist die Änderung noch stärker in der Gesellschaft angekommen. Die Verschiebung ist nicht nur eine Frage des Kalenders. Sie spiegelt vielmehr tiefere gesellschaftliche und politische Entwicklungen wider.

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Ein historischer Rückblick: Warum war Weihnachten am 7. Januar?

Bis vor kurzem hielt die Mehrheit der ukrainischen orthodoxen Gläubigen an der julianischen Kalenderrechnung fest, die sich um 13 Tage vom moderneren Gregorianischen Kalender unterscheidet. Das bedeutet, dass Weihnachten in der orthodoxen Kirche traditionell am 7. Januar gefeiert wird. Diese Praxis hat historische und kulturelle Wurzeln: Die orthodoxe Kirche dominierte lange Zeit das religiöse Leben in der Ukraine.

Doch das Fest am 7. Januar hat auch eine politische Dimension. Während der Sowjetzeit wurden religiöse Bräuche unterdrückt, Weihnachten verlor an Bedeutung. Stattdessen wurde der Fokus auf Neujahrsfeiern gelegt, bei denen der Weihnachtsbaum zu einem "Neujahrsbaum" wurde. Nach dem Zerfall der Sowjetunion kehrte Weihnachten zwar in der orthodoxen Tradition zurück, doch die politische und kulturelle Prägung bleibt spürbar.

Der Wechsel auf den 25. Dezember steht in engem Zusammenhang mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine und der zunehmenden Abgrenzung von russischen Traditionen. Der Umzug des Weihnachtsdatums wird von vielen als symbolische Loslösung von Russland gesehen, dessen orthodoxe Kirche am 7. Januar festhält und den russischen Staat politisch unterstützt.

Bereits im Sommer 2023 unterzeichnete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Gesetz, das den 25. Dezember als offiziellen Weihnachtsfeiertag festlegt. Die Orthodoxe Kirche der Ukraine, die sich 2018 von der Russisch-Orthodoxen Kirche losgesagt hat, unterstützte diesen Schritt. Laut Umfragen begrüssen viele Ukrainer diese Änderung als einen Akt der kulturellen Emanzipation und der Annäherung an Europa. Im Jahr 2024 wird die Verlagerung des Feiertags noch breiter akzeptiert, da sie zunehmend zum Alltag wird.

Verschiebung auf 25. Dezember: Was ändert sich für die ukrainischen Familien?

Trotz der offiziellen Verlagerung des Feiertags ändern sich die Bräuche nur langsam. In der Ukraine hat Weihnachten traditionell einen anderen Stellenwert als in westlichen Ländern. Es ist weniger ein kommerzielles Fest, sondern vor allem ein religiöses Ereignis. Die Hauptfeierlichkeiten konzentrieren sich auf die Christmette, gemeinsames Fastenbrechen und das Singen von Koljadky (Weihnachtsliedern).

Eine weitere Besonderheit: Geschenke werden in der Ukraine traditionell nicht zu Weihnachten verteilt, sondern an Neujahr. Diese Gewohnheit geht ebenfalls auf die Sowjetzeit zurück, als der Fokus auf Neujahr gelegt wurde, um religiöse Traditionen zu unterdrücken. Bis heute bringt Väterchen Frost ("Ded Moroz") in vielen Familien die Geschenke am 31. Dezember oder in den frühen Stunden des 1. Januar. Diese Tradition bleibt auch nach der Kalenderumstellung bestehen.

Die Entscheidung, Weihnachten auf den 25. Dezember zu verlegen, wird in der Ukraine unterschiedlich aufgenommen. Viele, insbesondere jüngere Menschen in städtischen Gebieten, begrüssen den Schritt. Sie sehen darin nicht nur eine kulturelle Annäherung an den Westen, sondern auch eine Gelegenheit, die ukrainische Identität zu stärken.

Andere, insbesondere ältere und religiös konservativere Bevölkerungsgruppen, stehen der Veränderung skeptisch gegenüber. Für sie ist der 7. Januar tief in ihren Traditionen verwurzelt. Dennoch zeigt sich 2024, dass die Koexistenz beider Daten dazu beiträgt, den Übergang zu erleichtern.

Politische und kulturelle Signalwirkung

Der Wechsel des Weihnachtsdatums ist ein starkes Symbol für die kulturelle Selbstbestimmung der Ukraine. Es ist ein weiterer Schritt in einer Reihe von Massnahmen, mit denen sich die ukrainische Regierung von russischen Einflüssen lösen will. Dazu gehören auch die Umbenennung von Strassen und die Entfernung sowjetischer Denkmäler.

Zudem ist der 25. Dezember ein Zeichen für die europäische Orientierung des Landes. Viele westliche Nachbarländer wie Polen und Ungarn feiern Weihnachten an diesem Datum, und die Annäherung an europäische Bräuche unterstreicht den Wunsch der Ukraine, Teil der europäischen Gemeinschaft zu sein.

Die Umdatierung des Weihnachtsfests ist also weit mehr als nur eine kalendarische Anpassung. Sie spiegelt die tiefgreifenden Veränderungen wider, die das Land durchmacht, und unterstreicht den Willen, eine eigene kulturelle Identität zu definieren. Im Jahr 2024 zeigt sich, dass die Änderung zunehmend Akzeptanz findet und eine Brücke zwischen Tradition und Modernität bildet. Ob 7. Januar oder 25. Dezember – die Kernbotschaft des Festes bleibt dieselbe: Hoffnung, Gemeinschaft und der Wunsch nach Frieden.

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