• Nach Informationen des "Wall Street Journal" und des Recherchenetzwerks "Bellingcat" sollen drei Teilnehmer der Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine vergiftet worden sein.
  • Zu den Opfern soll neben zwei Ukrainern auch der als Inhaber des FC Chelsea bekannte russische Oligarch Roman Abramowitsch gehören.
  • Sowohl Russland als auch die Ukraine haben entsprechende Meldungen dementiert. Der ukrainische Aussenminister rief seine Unterhändler am Dienstag allerdings zu besonderer Vorsicht auf.

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Der russische Milliardär Roman Abramowitsch und zwei ukrainische Unterhändler sind möglicherweise Ziel eines Giftanschlags geworden. Das "Wall Street Journal" berichtete am Montag unter Berufung auf informierte Kreise, Abramowitsch und die Ukrainer hätten in diesem Monat nach einem Treffen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew "Symptome einer mutmasslichen Vergiftung" aufgewiesen. Eine mit den Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau vertraute Quelle bestätigte dies der Nachrichtenagentur AFP. Der Artikel erschien, bevor an diesem Dienstag in der türkischen Stadt Istanbul erneut Verhandlungen geplant sind.

Die drei Männer litten dem Bericht zufolge unter geröteten Augen, schmerzhaftem Tränenfluss und sich ablösender Haut an Gesicht und Händen. Die Symptome hätten sich dann aber wieder verringert. "Das hat leider tatsächlich stattgefunden", sagte die informierte Quelle zu AFP.

Ukraines Aussenminister Kuleba: "Nichts trinken, nichts essen"

Der Kreml in Moskau dementierte diese Darstellung und sprach von einem "Informationskrieg". "Diese Berichte sind definitiv nicht wahr", sagte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow.

Auch die ukrainische Gegenseite hatte den Bericht zunächst zurückgewiesen. Der ukrainische Unterhändler Mychajlo Podoljak sagte, alle Mitglieder der Verhandlungsgruppen würden normal arbeiten. Andere Signale kamen am Dienstag allerdings vom ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba. Er rief die Mitglieder der eigenen Delegation bei den Friedensverhandlungen mit Russland in der Türkei zur Vorsicht auf. Ukrainische Medien zitierten Kuleba am Dienstag mit folgendem Rat: "Nichts trinken, nichts essen und keine Oberflächen berühren."

Verantwortliche nicht bekannt

Die Quellen des "Wall Street Journal" verdächtigen der Zeitung zufolge Hardliner in Moskau hinter dem Vorfall. Diese wollten die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine für ein Ende des Ukraine-Kriegs sabotieren. Ein Vertrauter Abramowitschs sagte dem "Wall Street Journal", es sei unklar, wer hinter dem Vorfall stehen könnte. Auch hätten westliche Experten keine Erklärung für die Symptome liefern können.

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Roman Abramowitsch gehört zu den reichsten Menschen der Welt (Platz 142 der Forbes-Liste) und ist der breiten Öffentlichkeit bekannt, seit er 2003 den englischen Fussballclub FC Chelsea gekauft hat. Medienberichten zufolge ist er in die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine involviert. Er soll in den vergangenen Wochen mehrmals zwischen den beiden Ländern und weiteren Orten, an denen verhandelt wurde, hin und her gereist sein. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Sonntag gesagt, seine Regierung habe Unterstützungsangebote von russischen Geschäftsleuten erhalten, darunter auch Abramowitsch.

"Bellingcat"-Rechercheur: "War nur eine Warnung"

Der Milliardär mit guten Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin war nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine von der EU und Grossbritannien mit Sanktionen belegt worden, nicht aber von den USA. Das "Wall Street Journal" hatte vergangene Woche berichtet, Selenskyj habe US-Präsident Joe Biden gebeten, den als Besitzer des englischen Fussballclubs Chelsea bekannten Oligarchen von den Sanktionen auszunehmen, weil er eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen könnte.

Das Rechercheteam "Bellingcat" teilte mit, es könne bestätigen, dass drei Mitglieder der an den Friedensverhandlungen in der Nacht zum 4. März 2022 beteiligten Delegation Symptome gezeigt hätten, wie es sie bei der Vergiftung mit Chemiewaffen gebe. Ein "Opfer" sei Abramowitsch gewesen. Christo Grozev, bei "Bellingcat" Experte für Vergiftungen, ging davon aus, dass es nicht Ziel des Angriffs war, die Unterhändler zu töten. "Es war nur eine Warnung", sagte er. Laut Bellingcat hat Grozev Bilder der Auswirkungen der mutmasslichen Vergiftung der drei Männer gesehen.

"Bellingcat" ist ein internationales Recherchenetzwerk, das investigativ arbeitet und sich vor allem Themen aus den Bereichen Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Finanzkriminalität widmet. Christo Grozev gewann im vergangenen Jahr zusammen mit anderen Journalisten den rennomierten Nannen Preis in der Kategorie "Investigation" für einen Artikel über Beteiligte am Giftanschlag auf den Kremlgegner Alexej Nawalny.

Angebliches Opfer: "Mir geht es gut"

Der im "Wall Street Journal" als Opfer erwähnte Rustem Umjerow hat bei Facebook geschrieben, dass mit ihm alles in Ordnung sei. "Mir geht es gut. Dies ist meine Antwort auf all die Klatschnachrichten, die sich verbreiten. Bitte vertrauen Sie keiner nicht verifizierten Information. Auch bei uns läuft ein Informationskrieg." Von Abramowitsch sind ebenfalls keine öffentlichen Äusserungen zu einem möglichen Giftanschlag bekannt. (afp/dpa/mcf/fab)

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