Bundeskanzler Olaf Scholz betont gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan das Selbstverteidigungsrecht Israels. Erdogan wiederum konterte, dass durch Israels Vorgehen im Gazastreifen "alles dem Erdboden gleich gemacht worden" sei.

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Beim umstrittenen Deutschland-Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Selbstverteidigungsrecht Israels betont. "Das Existenzrecht Israels ist für uns unumstösslich", sagte Scholz am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan in Berlin. Israel habe "das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich zu verteidigen". Erdogan prangerte seinerseits das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen an - äusserte aber auch den Wunsch nach einer Zweistaatenlösung zur friedlichen Beilegung des Nahostkonflikts.

Unterschiedliche Sichtweisen werden offen thematisiert

Mit Blick auf den Krieg zwischen Israel und der Hamas sagte Scholz, es sei "kein Geheimnis", dass Erdogan und er bei dem Thema "zum Teil sehr unterschiedliche Sichtweisen" hätten. Sein Gast und er teilten aber die "Sorge vor einem Flächenbrand im Nahen Osten". Die gemeinsame Pressekonferenz Scholz' und Erdogans fand im Bundeskanzleramt vor einem Gespräch und einem Abendessen der beiden Politiker statt.

Erdogan kritisierte vor den Journalisten seinerseits, dass durch Israels Vorgehen im Gazastreifen "alles dem Erdboden gleich gemacht worden" sei. Zugleich betonte er, dass für eine Lösung des Konflikts im Nahen Osten eine "Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967" nötig erscheine. Es sei "natürlich" das Ziel der Türkei, "ein Klima zu schaffen, in dem Israelis und Palästinenser Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben können."

In den vergangenen Wochen hatte Erdogan sich deutlich schärfer geäussert. Unter anderem warf er Israel "Faschismus" vor und sagte, durch diesen werde die Legitimität des israelischen Staats in Frage gestellt.

Erdogan bezeichnet sich selbst als "Vorreiter im Kampf gegen den Antisemitismus in der Welt"

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz in Berlin sagte Erdogan nun, er sei "Vorreiter im Kampf gegen den Antisemitismus in der Welt". Es sollte "keine Diskriminierung zwischen Juden, Christen und Muslimen in der Region geben". In Richtung Israel und mit Blick auf zivile Opfer im Gazastreifen fügte er an: "Krankenhäuser zu bombardieren oder Kinder zu töten steht nicht in der Thora. Sie können das nicht tun."

Scholz bekräftigte hingegen seine Unterstützung für die militärischen Ziele Israels. Der Angriff der Hamas auf Israel führe dazu, "dass Israel sich schützen muss und sich verteidigen können muss". Es könne "nicht dabei bleiben", dass die "Terrororganisation" mit "unglaublich viel militärischer Gewalt immer wieder solche Aktivitäten unternimmt". Dies müsse "ein Ende finden" und dies sei "ein Ziel (...), das man unterstützen muss". Gleichzeitig müsse alles unternommen werden, um "die Zahl der zivilen Opfer so gering wie möglich zu halten", forderte Scholz.

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Zuvor war Erdogan von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen worden. Steinmeier habe dabei die "deutsche Position mit Nachdruck deutlich" gemacht und "das Existenzrecht Israels sowie sein Recht auf Selbstverteidigung herausgehoben", erklärte anschliessend die Sprecherin des Bundespräsidialamts, Cerstin Gammelin. Erdogan sagte seinerseits laut türkischem Präsidialamt gegenüber Steinmeier, die "Angriffe Israels in palästinensischen Gebieten" müssten beendet werden.

Keine deutschen Kampfjets für die Türkei

Erdogans Besuch war sein erster in Deutschland seit seiner Teilnahme an der internationalen Libyen-Konferenz im Januar 2020. Ihn überschatteten neben der unterschiedlichen Haltung zum Krieg im Nahen Osten weitere Streitthemen wie die lange türkische Blockade des angestrebten Nato-Beitritts Schwedens. Für Streit sorgt auch der Wunsch der Türkei, 40 Eurofighter-Typhoon-Kampfjets zu kaufen. Deutschland, das an der Herstellung der Flugzeuge mitwirkt, sperrt sich nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums gegen den Verkauf.

Andererseits kann die Türkei nach Einschätzung der Bundesregierung ungeachtet aller Spannungen eine bedeutende Rolle im Umgang mit internationalen Konflikten spielen: etwa bei Verhandlungen, um den Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer trotz des russischen Angriffskriegs auf das Land zu ermöglichen - oder beim Umgang mit der Migrationskrise. Dabei sprachen Scholz und Erdogan auch über das Migrationsabkommen zwischen der EU und Ankara, das zuletzt zu viel Streit zwischen beiden Seiten geführt hatte.(afp/jst)

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