Das Schweizer Parlament hat die Petition "Asylrecht für Eritreer" abgeschmettert.Der Ständerat billigt das Vorgehen der Schweizer Behörden bei der Prüfung von Asylanträgen.
Die Petition war mit über 12'000 Unterschriften eingereicht worden. Als sie im vergangenen Mai an die Schweizer Behörden übergeben wurde, demonstrierten rund 1500 Eritreer vor dem Bundeshaus in Bern.
Doch im Ständerat (kleine Parlamentskammer) war die Petition chancenlos: Mit 30 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen die Abgeordneten, nicht auf die Petition einzugehen.
"Ich verstehe diesen Entscheid nicht", sagte der grüne Ständerat Robert Cramer, Mitglied des Komitees, das die Petition unterstützte. "Die Petition verlangt lediglich, dass die Regeln des Asylverfahrens eingehalten werden." Die Unterschriftensammlung war von Waadtländer, Genfer und Berner Organisationen lanciert worden, die regelmässig Kontakt zu Eritreern haben.
Die Petition verlangt, dass "die Anhörungen von Migranten gemäss Kriterien durchgeführt werden, welche der humanitären Tradition der Schweiz entsprechen, und dass jedem Antragssteller aus Eritrea, welchem Misshandlungen in seinem Heimatland drohen, Asyl gewährt wird."
Richter: Rückkehrer nicht zwangsläufig bedroht
Die Petition war als Reaktion auf eine Praxisverschärfung des Staatssekretariats für Migration (SEM) bei der Prüfung von Asylanträgen von Eritreern erfolgt. Das SEM hatte 2015 einen Bericht über die Situation in Eritrea erstellen lassen und gestützt darauf seine Praxis angepasst. Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts haben diese Sicht kürzlich bestätigt.
Nach Ansicht der Richter sind Personen, die Eritrea illegal verlassen haben, bei ihrer Rückkehr nicht zwingend von Verfolgung oder Zwangsrekrutierung in die Armee bedroht. Das SEM hat deshalb beschlossen, 3400 Dossiers von Asylbewerbern, die vorläufig aufgenommen waren, neu darauf zu prüfen, ob eine Rückkehr in ihr Heimatland in der Zwischenzeit möglich sei.
Der Ständerat unterstützt diese Verschärfung. Er ist der Auffassung, dass die individuelle Prüfung der Gefahren für jeden Asylbewerber und die Abschiebung von Personen, deren Flüchtlingsstatus nicht anerkannt wurde, die Grundlage für eine glaubwürdige Asylpolitik bilden.
Deshalb weigerte er sich, der Petition nachzukommen und befürwortete stattdessen eine Motion des Parlamentariers Damian Müller (FDP.Die Liberalen) ohne Widerstand. Diese verlangt, dass der Bundesrat so viele vorläufige Zulassungen wie möglich aufhebt und 2020 einen Bericht über die Überprüfung der Dossiers der eritreischen Antragsteller erstellt.
"Ich habe den Eindruck, dass die Ablehnung dieser Petition nichts mit ihrem Text zu tun hat, sondern dass das Parlament die Botschaft vermitteln will, dass es nicht entgegenkommend ist und die Ankunft der Eritreer in der Schweiz nicht erleichtern will", sagt Cramer. "Aber diese Haltung ist rechtswidrig, diese Asylbewerber haben das Recht, wie alle anderen behandelt zu werden".
"Keine konkreten Anzeichen einer Verbesserung"
Um die neuen Praktiken des SEM zu rechtfertigen, argumentierten die Parlamentarier auch mit dem im vergangenen Juli zwischen Eritrea und Äthiopien unterzeichnete Friedensvertrag. "Dies ist ein erster Schritt zur Normalisierung in Eritrea und eine Chance für die Schweiz, ihre Präsenz vor Ort zu verstärken", sagt Damian Müller.
Eine Aussage, der Amnesty International vehement widerspricht: "Wir haben seit der Annäherung an Äthiopien keine konkreten Anzeichen einer Verbesserung der Menschenrechtslage in Eritrea gesehen", sagt Alain Bovard, Sprecher der Schweizer Sektion der Menschenrechtsorganisation. "Erst im Juli schoss die Armee bei einer Demonstration in Asmara in die Menge."
Amnesty erinnert daran, dass die Asylsuchenden, die in die Schweiz kommen, vor allem vor einem totalitären Staat, Folter und Misshandlung fliehen. "Diese Verhärtung der Prüfung von Asylanträgen bringt wenig, denn Abschiebungen können keine vorgenommen werden, da die eritreische Regierung nur freiwillige Rückführungen akzeptiert", sagt Bovard. Bewerber, denen die vorübergehende Aufnahme verweigert wird, fänden sich in Notstandshilfe, an den Rand gedrängt, ohne die Möglichkeit einer Ausbildung oder Arbeit. "Sie bleiben in der Schweiz, werden aber jeglicher Integrationsmöglichkeit beraubt."
(Übertragung aus dem Französischen: Kathrin Ammann und Sibilla Bondolfi)
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