Jüngste Festnahmen von Jenischen durch die Polizei sorgen in der Schweiz für scharfe Kritik durch Menschenrechtsorganisationen. Offenbar ist es für die Fahrenden immer noch schwierig, Plätze für ihre Wohnwagen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

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Jenische reisen seit jeher. Doch anders als in ihrer langen Historie sind sie heute nicht mehr dazu gezwungen, wie es zu Zeiten ihres Ausschlusses aus der Bevölkerung der Fall war. Permanent unterwegs ist heute nur mehr ein kleinerer Teil von ihnen, die Diskriminierung bleibt allerdings. Als Teil der Armutsschicht haben die Fahrenden geringere Chancen am Arbeitsmarkt und in Sachen Bildung. Auch in der Schweiz, in der es immer weniger Raum in Form von Stand- und Durchgangsplätzen für Jenische gibt.

Jenisches Volk fordert Anerkennung

Gegen diese Diskriminierung wollten Jenische ein Zeichen setzen. Deshalb hatte ihre erste Fahrt des Frühlings ein ganz bestimmtes Ziel: Bern. Am 22. April 2014 sollte die Bundeshauptstadt zum symbolträchtigen Ort ihrer Demonstration werden. Auf ihren Flugblättern fanden sich die zentralen Forderungen: ein Durchgangsplatz für 20 Wohnwagen in Bern, sowie die Anerkennung des jenischen Volkes in der Schweiz.

Doch die Demonstration sollte durch ein mächtiges Polizeiaufgebot rigoros eingebremst werden. Die Polizei entschied, das Protestcamp der Jenischen auf der Kleinen Allmend in Bern zu räumen. Das Gelände wurde für die Frühjahrsmesse BEA benötigt. Kinder weinten, die erwachsenen Fahrenden verhielten sich ruhig. Dennoch wurden 70 Jenische, teils auch Säuglinge, durch die Polizei eingekesselt. Ihre Habseligkeiten wurden beschlagnahmt, ihre Unterarme mit Nummern beschriftet und sie selbst in eine Turnhalle verfrachtet. Assoziationen mit den frühen 1940er-Jahren wurden geweckt. Die Freilassung der Verhafteten war an die Unterzeichnung eines Rayonverbots geknüpft, welches ihnen untersagte, die Stadt Bern zu betreten.

Vorübergehend Ruhe fanden die Jenische in Nidau. Das Gelände liegt zwar auf Nidauer Boden, gehört aber der Stadt Biel. Die beiden Städte versprachen den Fahrenden einen Aufenthalt bis 9. Mai. Wie es mit den Reisenden weitergehen könnte und wie eine allenfalls getroffene Lösung aussehen würde, wollten die Städte nach Angaben der sda noch vor Ablauf dieses Termins bekannt geben.

Kampf gegen das Imageproblem

Dazu kommt, dass die Fahrenden ein Imageproblem haben - nicht nur in der Schweiz. "Und wie bei jedem Imageproblem stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist: der Abgebildete oder die Abgebildeten", schreibt Georg Kreis von der "Tageswoche". Er weist darauf hin, dass Minderheiten generell, eben weil sie Minderheiten sind, dem Automatismus der negativen Verallgemeinerung ausgesetzt seien. "Man fragt sich, wie diejenigen, die tendenziell als arme Schlucker eingestuft werden, sich so was leisten können. Wie und warum es Herr und Frau Schweizer zu einem Eigenheim gebracht haben, das fragt allerdings niemand."

So müssten die Fahrenden gegenüber anderen Bürgern stets betonen, dass sie keine Gänse stehlen, dass sie Berufen nachgingen und dass sie Schweizer Bürger mit rotem Pass seien. Auch, dass sie wie jeder andere Steuern bezahlen und auf Durchgangsplätzen für das bezogene Wasser und den Strom aufkommen, überrascht manche. Denn das Klischee von Jenischen hält sich hartnäckig in den Köpfen der Leute.

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