Mehr Tests, grössere Vorsicht, Kritik an ehemaligen Fussballprofis und Popstars sowie ein Schulgipfel kurz vor Ferienende: Ministerpräsident Markus Söder hat nach einer Kabinettssitzung die weiteren Schritte Bayerns im Kampf gegen die Corona-Pandemie verkündet.
CSU-Chef
Corona sei in ganz Europa auf dem Vormarsch. Zugleich nähmen Leichtsinn und Unvernunft zu, wie Söder es formulierte. Daher müssten die Menschen zu der Vorsicht zurückkehren, die in den vergangenen Wochen ein guter Schutz gewesen sei.
Söder will in Bayern rund 100 Testzentren einrichten
Immer mehr Infizierte klagten auch nach Monaten noch über Spätfolgen wie fehlenden Geruchssinn. Das zeige, dass Corona viel heimtückischer und gefährlicher sei als bislang angenommen. Daher müsse mit Umsicht reagiert werden, sagte der CSU-Chef.
In ganz Bayern soll es daher in Kürze flächendeckend Corona-Testzentren geben. In jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt sollen solche Zentren eingerichtet werden, also rund 100 an der Zahl. Das hat das Kabinett am Montag beschlossen. Söder sagte, die Menschen sollten sich schnell und unbürokratisch testen lassen können und dafür nicht mehr zum Arzt gehen müssen.
Reiserückkehrer sollten sich nach Worten Söders künftig zweimal testen lassen: einmal an der Grenze beziehungsweise am Flughafen, ein zweites Mal fünf bis sechs Tage später. Dazu sollen die Testkapazitäten in Bayern weiter massiv ausgebaut werden - von derzeit 55.000 pro Tag auf dann "weit über 200.000 pro Tag".
Bayern: Bund soll mehr Risikogebiete ausweisen
Und: Die bisherigen Corona-Testzentren an der Grenze sollen nach den Worten Söders weiter professionalisiert werden, damit Testergebnisse schneller als bisher ermittelt und schneller übertragen werden könnten.
Dem Bund hat der Freistaat vorgeschlagen, im Ausland weitere Regionen als Corona-Risikogebiete zu definieren. "Die Ausweitung kann deutlich dynamischer erfolgen als in der Vergangenheit", sagte der Ministerpräsident.
Die bisherigen Tests bei Reiserückkehrern hätten gezeigt, dass viele positiv Getestete auch aus Gebieten zurückkämen, die derzeit nicht als Risikogebiete gelten. Derzeit sind rund 130 der knapp 200 Länder der Welt als Risikogebiete definiert.
Grösste Corona-Gefahr lauert laut Söder im privaten Bereich
Das grösste Corona-Infektionsrisiko steckt nach Ansicht Söders im privaten Bereich. Die Gefahr gehe weniger von Betrieben aus oder vom öffentlichen Nahverkehr, sagte er. "Die eigentliche Gefahr ist der Leichtsinn bei privaten Veranstaltungen."
Daher müsse man auch dort ansetzen, wenn es Probleme gebe. "Corona macht keine Ferien, Corona macht keine Pause", so Söder. "Wir nehmen Corona weiter absolut ernst. Bayern ist weiter absolut wachsam."
Auftritte wie den des Ex-Weltmeisters Thomas Berthold am Samstag in Stuttgart verurteilte Söder scharf. "Wenn sogar ehemalige Nationalspieler sich irgendwelchen absurden Diskussionen anschliessen, hat das übrigens auch eine ganz verheerende Wirkung. Was hat das für eine Wirkung auf Fussballfans, wenn ehemalige Fussball-Nationalspieler plötzlich dazu aufrufen, weder Masken zu tragen noch Abstand zu halten?", sagte der CSU-Chef, ohne den ehemaligen Fussballprofi beim Namen zu nennen.
Kein Verständnis für geplante Grosskonzerte
Geplante Grosskonzerte wie das mit Bryan Adams und Sarah Connor in Düsseldorf hätten eine "katastrophale Signalwirkung" im Corona-Kampf, meinte Söder: "Ich möchte darauf hinweisen, dass ich das Zulassen von Konzerten mit 13.000 Leuten für absolut nicht vertretbar halte. Bitte sehr herzlich, dass man das nochmal überdenkt. Das ist eine katastrophale Signalwirkung für das ganze Land", sagte Söder.
"Wir haben derzeit schon Schwierigkeiten und müssen auch nochmal schauen, wie wir Möglichkeiten finden, bestimmte grosse Ansammlungen von Menschen in vernünftiger Form zu leiten und zu lenken, insbesondere was den Alkohol betrifft", sagte der Ministerpräsident.
"Dann können wir nicht gleichzeitig Konzerte mit 13.000 Leuten zulassen, das setzt eine Signalwirkung ins Land, die die gesamte Philosophie konterkariert." Konkret nannte Söder die Veranstaltungen allerdings nicht.
Keine vollen Bundesliga-Stadien - Schulgipfel vor Ferienende
Einer Rückkehr von Zuschauern in der Fussball-Bundesliga zum Saisonstart steht der bayerische Ministerpräsident äusserst kritisch gegenüber. "Ich habe mich sehr für den Start von Geisterspielen eingesetzt, das läuft auch hervorragend. Aber bei vollen Stadien zum Bundesliga-Start bin ich ausserordentlich skeptisch. Ich kann es mir derzeit nicht vorstellen", sagte er.
In der letzten August-Woche werde er versuchen, in Abstimmung mit dem Bund eine Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema Bundesliga abzuhalten, sagte Söder. "Ich kann mir vielleicht im Laufe der Saison, aber nicht zum Bundesliga-Start volle Stadien vorstellen."
Kurz danach will die bayerische Staatsregierung vor dem Ende der Sommerferien über eine mögliche Maskenpflicht auch im Schulunterricht entscheiden. Als Termin nannte Söder die Kabinettssitzung am 1. September - die Schule startet eine Woche später, am 8. September.
Wichtig seien die ersten zwei Wochen als Startphase mit klaren Regeln. Jede Schule müsse wissen, wie bei einem Infektionsfall zu handeln sei. (hub/dpa)
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