• Der Türkei wird nach einem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mangelnder Respekt vor Frauen vorgeworfen.
  • Die Türkei wehrt sich, das EU-Parlament will eine Aufklärung des Streits um die Sitzordnung.
  • UPDATE vom 13. April, 13:10 Uhr: Von der Leyen kündigte an, eine solche Behandlung nicht noch einmal zu akzeptieren.

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Nach der "Sofagate"-Affäre beim Besuch der EU-Spitzen in Ankara plagt den EU-Ratspräsidenten Charles Michel ein schlechtes Gewissen. "Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich seither nachts nicht gut schlafe, weil sich die Szenen in meinem Kopf immer wieder abspielen", sagte Michel dem Düsseldorfer "Handelsblatt" und anderen europäischen Wirtschaftsmedien (Samstagsausgaben). "Wenn es möglich wäre, würde ich zurückreisen und die Sache reparieren."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will eine solche Behandlung nicht noch einmal akzeptieren. Von der Leyen habe in einem Gespräch mit Charles Michel deutlich gemacht, dass sie eine solche Situation nie wieder zulassen werde, hiess es am Montagabend in Brüssel aus Kreisen der EU-Kommission.

Michel liess erklären, dass sich ein solcher Vorfall auch aus seiner Sicht nicht wiederholen dürfe. Ein Sprecher kündigte an, dass der Belgier am Dienstag (13. April) bei einem Treffen mit Vertretern des Europaparlaments noch einmal sein tiefes Bedauern zum Ausdruck bringen werde.

Von der Leyen bekommt bei Treffen mit Erdogan Platz auf dem Sofa

Bei dem Treffen mit Erdogan im türkischen Präsidentenpalast war am Dienstag für Ratspräsident Michel ein Stuhl neben dem türkischen Staatschef reserviert. Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekam hingegen einen Platz auf einem Sofa in einiger Entfernung zugewiesen. Dort sass sie dem türkischen Aussenminister Mevlüt Cavusoglu gegenüber, der ebenfalls an dem Gespräch teilnahm.

Ursula von der Leyen musste bei Erdogan auf der Couch Platz nehmen

Beim Treffen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel beim türkischen Präsidenten Erdogan wurde von der Leyen auf das Sofa verwiesen. (Videomaterial: EU-Kommission)

Die EU-Kommission hatte sich später darüber empört. Ein Sprecher sagte, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen aus ihrer Sicht auf Augenhöhe mit Erdogan und dem EU-Ratspräsidenten hätte platziert werden müssen.

Auch von der Leyens Sprecher betonte, dass sich Vorfälle wie der im Präsidentenpalast in Ankara nicht wiederholen sollten. Michel hatte die Sitzordnung mit einer engen Auslegung von protokollarischen Regeln durch die Türkei erklärt, betonte aber, dass er die Situation ebenfalls als bedauerlich empfunden habe.

Aussenminister Cavusoglu sagte am Donnerstag, die Sitzordnung sei "in Übereinstimmung mit dem Vorschlag der EU" festgelegt worden. Das Treffen sei nach internationalen Standards und "türkischer Gastfreundschaft" abgehalten worden. Tatsächlich gibt es in den EU-Institutionen unterschiedliche Ansichten zum protokollarischen Status ihrer beiden Präsidenten.

EU-Parlament fordert Aufklärung von "SofaGate"

Die beiden grössten Fraktionen im Europaparlament verlangten unterdessen eine Plenardebatte über die "SofaGate"-Affäre. Die konservative EVP und die Sozialdemokraten forderten am Donnerstag, dass von der Leyen und Michel dazu Ende April ins Parlament geladen werden.

Die Beziehungen zur Türkei seien "wesentlich", erklärte die sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Iratxe García Pérez. "Aber die Einheit der EU und der Respekt von Menschenrechten einschliesslich Frauenrechten ist auch zentral." Von der Leyen und Michel müssten deshalb im Parlament klarstellen, "was passiert ist und wie die Institutionen zu respektieren sind".

Die Türkei-Mission von der Leyens und Michels "hätte eine Botschaft der Festigkeit und Einigkeit unseres Vorgehens gegenüber Präsident Erdogan sein sollen", erklärte EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU). "Leider hat sie zu einer Spaltung geführt, da die EU es versäumt hat, zusammenzustehen, als es nötig war. Wir erwarten mehr von Europas Aussenpolitik."

Gespräche über möglichen Ausbau der Beziehungen der EU zur Türkei

Aufschluss müsse die Debatte mit den beiden Präsidenten auch darüber geben, was Erdogan in Ankara angeboten worden sei, erklärte Weber. Die EVP-Fraktion sei "äusserst besorgt", dass es Zusagen zur Visa-Erleichterungen für türkische Bürger oder zum Ausbau der Zollunion gegeben haben könnte, "ohne konkrete und dauerhafte Änderungen der türkischen Politik im östlichen Mittelmeer, gegenüber Zypern und unseren Aussengrenzen".

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Bei dem Treffen mit Erdogan hatten die EU-Spitzen am Dienstag über einen möglichen Ausbau der Beziehungen der EU zur Türkei diskutiert. Dabei ging es neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Kooperation beim Thema Migration etwa auch um den Austritt der Türkei aus einem internationalen Abkommen zum Schutz von Frauen. Von der Leyen habe eine lange Diskussion mit Erdogan darüber geführt, hiess es von der Kommission.

Spannungen zwischen Italien und der Türkei

Im Nachhinhein war es auch zwischen Italien und der Türkei zu diplomatischen Spannungen gekommen, nachdem der italienische Ministerpräsident Mario Draghi den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan als "Diktator" bezeichnet hat.

Die Türkei bestellte aus Protest den italienischen Botschafter ein, wie das türkische Aussenministerium am späten Donnerstagabend mitteilte. Man erwarte, dass Draghi die Äusserungen zurücknehme und habe dies deutlich gemacht, hiess es. Aussenminister Mevlüt Cavusoglu schrieb auf Twitter, er verurteile Draghis "hässliche und masslose Äusserungen" aufs Schärfste.

Italiens Premier hatte sich am Donnerstagabend vor der Presse in Rom zu dem Besuch von Kommissionschefin von der Leyen und des EU-Ratspräsidenten Charles Michel bei Erdogan geäussert. "Das war ein Verhalten, das mir sehr wegen der Demütigung missfallen hat, die die Präsidentin der EU-Kommission von der Leyen erleiden musste", sagte der frühere Chef der Europäischen Zentralbank (EZB).

Man müsse mit "diesen, nennen wir sie (...) Diktatoren" eine klare Sprache sprechen und die unterschiedlichen gesellschaftlichen Vorstellungen zum Ausdruck bringen. Man müsse aber auch bereit sein, mit ihnen im Interesse des Landes zu kooperieren. Es brauche das richtige Gleichgewicht, sagte Draghi.

(dpa/AFP/ank/mko/ska/pak)

Dieser Artikel wurde erstmals am 8. April um 11:35 Uhr veröffentlicht und später aktualisiert.

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