Soll bei einer Grundrente die Bedürftigkeit geprüft werden oder nicht? Darüber liegt sich die Regierungskoalition in den Haaren. Die CDU-Arbeitnehmer wagen einen Kompromissvorstoss - und kassieren eine Abfuhr.

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Der Kompromissvorschlag des CDU-Arbeitnehmerflügels zur Grundrente stösst bei der SPD auf Ablehnung. "Sein Vorschlag überzeugt nicht", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf ein Konzept des Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann.

Sozialminister "Hubertus Heil wird einen Gesetzentwurf für die Grundrente vorlegen, der die Lebensleistung von Millionen Deutschen anerkennt. Es kann hier aber nicht um Almosen gehen, wie die Union sich das offenbar vorstellt."

Im Streit um die Einführung einer Grundrente für langjährig beitragszahlende Geringverdiener war der CDU-Arbeitnehmerflügel mit einem Kompromissvorschlag vorgeprescht. Auch die CDU-Sozialpolitiker beharren dabei auf der umstrittenen Bedürftigkeitsprüfung, diese soll aber weniger umfangreich sein als ursprünglich geplant.

Geprüft werden solle lediglich das laufende Einkommen eines Haushalts, nicht aber das Vermögen oder die Grösse der Wohnung, sagte CDA-Chef Laumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Eine Grundrente ganz ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Anrechnung eines gegebenenfalls vorhandenen höheren Partnereinkommens sei dagegen ungerecht. "Wir können bei der Grundrente nicht so tun, als mache es keinen Unterschied, ob ein Ehepaar eine sehr gute und eine kleine Rente bezieht, oder zwei sehr kleine Renten", sagte Laumann.

"Unser Modell würde jährlich 500 bis 800 Millionen Euro kosten", so der Sozialminister von Nordrhein-Westfalen. Davon könnten mindestens eine halbe Millionen Menschen direkt profitieren. Laumann räumte ein, dass die Prüfung der Einkünfte das Grundsicherungsamt übernehmen müsste. Erster Ansprechpartner für die Menschen wäre laut Laumann aber die Rentenversicherung, die die Grundrente auch auszahlen solle.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart: "Voraussetzung für den Bezug der Grundrente ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung." Hierbei werden auch Bargeld, Wertpapiere, Sparguthaben, Haus- und Grundvermögen berücksichtigt.

Geplant sind automatische Renten-Zuschläge für Geringverdiener, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben. Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme nach dem Vorschlag von Sozialminister Heil bis zu 447 Euro monatlich als Zuschlag. Er plant anders als vereinbart eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, so dass drei bis vier Millionen Menschen davon profitieren könnten. Dies würde einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag pro Jahr kosten.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat jedoch ausgeschlossen, "dass die Union einer Grundrente zustimmt, die ohne jede Form der Bedürftigkeitsprüfung auskommt". SPD-Chefin Andrea Nahles hat entgegnet: "Die SPD will eine Grundrente gegen Altersarmut, die ihrem Namen gerecht wird. Wir werden mit dem Koalitionspartner offenbar hart um eine Lösung ringen müssen." Klingbeil erklärte am Samstag: "Das kategorische Nein von Annegret Kramp-Karrenbauer ist offenbar schon wieder vom Tisch, wie das Konzept von Herrn Laumann zeigt."  © dpa

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