Aus der "Mietbremse" soll ein "Stopp" werden: Die SPD-Spitze will die dramatische Lage am Wohnungsmarkt mit drastischen gesetzlichen Eingriffen lindern. Ob der Koalitionspartner da mitmacht?
Um steigende Mieten einzudämmen, will die SPD in der Wohnungspolitik deutlich über die bisherigen Koalitionsbeschlüsse hinausgehen. "Wir wollen einen Mietenstopp, um die Preisspirale zu unterbrechen", heisst es in einem gemeinsamen Papier der Parteivorsitzenden Andrea Nahles und ihres Stellvertreters Thorsten Schäfer-Gümbel, der auch Spitzenkandidat bei der bevorstehenden Landtagswahl in Hessen ist.
"In den nächsten fünf Jahren sollen Mieten nur noch um die inflationsbedingte Preissteigerung erhöht werden dürfen - überall dort, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist." Das Papier wurde am Samstag im Internet veröffentlicht. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet.
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Nahles: "Bauen, bauen, bauen"
Auch Bundesjustizministerin
Als "beste Mietpreisbremse" nannten
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte am Samstag die Wohnungspolitik als einen Arbeitsschwerpunkt der Bundesregierung: "Wir investieren in ganz besonderer Weise in den Wohnungsbau, durch das Baukindergeld zum Beispiel, aber auch durch eine Sonderabschreibung, damit wir mehr Wohnungen bauen können und genauso auch im sozialen Wohnungsbau", sagte sie in ihrem wöchentlichen Podcast.
Einen direkten Bezug auf die SPD-Forderungen gab es in dem aufgezeichneten Internetauftritt aber nicht.
SPD will mehr als in Koalitionsvertrag beschlossen
Das Kabinett hatte erst in dieser Woche ein Gesetz zum Schutz vor überhöhten Mieten auf den Weg gebracht. Es soll die bereits geltende Mietpreisbremse verschärfen und die finanzielle Beteiligung von Mietern an Modernisierungskosten begrenzen. Die SPD will weitergehen: "Der Druck auf dem Mietmarkt ist heute so dramatisch, dass wir zusätzliche Massnahmen ergreifen müssen", hiess es.
SPD-Vize Ralf Stegner sieht in einem gesetzlichen Mietenstopp eine Chance, "das Grundrecht auf bezahlbares Wohnen" wieder herzustellen. "Darüber müssen wir engagiert mit Konservativen und Marktradikalen streiten", kündigte er auf Twitter an.
Eine Begrenzung von Mieterhöhungen auf die Inflationsrate wäre für Vermieter ein deutlicher Einschnitt: Die Europäische Zentralbank strebt eine Preissteigerung von etwa zwei Prozent an, Deutschland liegt derzeit genau bei diesem Wert. Bislang darf die Miete innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 Prozent erhöht werden.
Die SPD-Spitze fordert "einen neuen Sozialpakt" mit Immobilieneigentümern: "Wer im Interesse der Mieter baut und nicht nur für den eigenen Profit, soll vom Staat unterstützt werden." Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum solle begrenzt, Ausnahmen sollten auf ein Minimum reduziert werden.
Zudem solle es deutlich weniger Möglichkeiten für Eigenbedarfskündigungen geben. Bei öffentlich geförderten Wohnungen wollen die Sozialdemokraten günstige Mieten länger garantieren.
Deutscher Mieterbund erfreut über SPD-Pläne
Im "Hessenplan", dem Wahlprogramm von SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel, steht das Thema Mieten ganz oben: "Dafür werden wir mehr bauen, Landes-Grundstücke mobilisieren und die Mieterrechte stärken", heisst es dort im ersten von sechs Punkten. Beim hessischen Mietertag am Samstag in Bad Homburg sprach der SPD-Vize von einer "Atempause", um bezahlbare Wohnungen zu bauen. "Zudem wollen wir den Spekulanten den Stecker ziehen", fügte er hinzu.
Aus Sicht des Sozialverbands VdK sind "drastische Eingriffe in den Wohnungsmarkt" dringend geboten. "Wir fordern dringend mehr sozialen Wohnungsbau und Massnahmen, die allen Menschen weiterhin gutes Wohnen ermöglichen", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Samstag in Berlin.
Auch der Deutsche Mieterbund zeigte sich erfreut. "Ich finde es positiv, dass jetzt eine Regierungspartei ernst macht bei der Frage, wie ein soziales Mietrecht aussehen kann", sagte Geschäftsführer Ulrich Ropertz der dpa. "Das ist sicherlich geeignet, Dampf aus den Mietsteigerungen zu nehmen."
Das sagen die anderen Parteien
Der stellvertretende rechtspolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, sprach von "neuen, unabgestimmten Vorschlägen" und warf der SPD ein "durchsichtiges Manöver für den Wahlkampf in Hessen und Bayern" vor. "Ich finde das unverantwortlich", erklärte Luczak.
Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger erklärte dazu: "Offenbar ist die Bundesregierung auch bei diesem Thema uneins, und die SPD kann oder will sich nicht durchsetzen."
Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, warf den Sozialdemokraten dagegen "reinen Populismus" vor. "Wir brauchen nicht mehr Konfrontation, sondern mehr Wohnraum. Dafür müssen wir mehr, schneller und günstiger bauen. Wer jedoch Bauherren und Vermieter knebeln will wie die SPD, wird genau das Gegenteil erreichen", sagte er. © dpa
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