Digitalsteuer, Mindestsätze, schwarze Listen: Wie setzen sich EVP, Sozialdemokraten, EKR und ALDE für Steuergerechtigkeit ein? Ein Überblick vor der Europawahl.

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Im März kam das vorläufige Aus für die europaweite Digitalsteuer, eine Sonderabgabe für grosse Internetkonzerne. Vier Mitgliedstaaten legten ihr Veto ein und durchkreuzten damit Pläne des Europäischen Parlaments, das sich im vergangenen Dezember noch mit grosser Mehrheit für eine solche Steuer ausgesprochen hatte.

Im Europa-Wahlkampf steht das Thema Steuergerechtigkeit nicht gerade im Vordergrund. Dabei geht es um viel Geld: Durch legale und illegale Steuertricks gehen den EU-Staaten Schätzungen zufolge pro Jahr etwa eine Billion Euro verloren. Gerade globale Digital-Unternehmen können ihre Gewinne verschieben – und sie so in den Ländern versteuern, in denen die Abgaben am niedrigsten sind.

Auf europäischer Ebene ist das ein sensibles Thema: Steuerdumping oder -flucht liessen sich zwar am besten EU-weit bekämpfen. Aber Erhöhungen oder neue Steuern sind bei Bürgern und Unternehmen wenig populär. Was versprechen die vier grössten Fraktion des Europäischen Parlaments in dem Bereich? Ein Überblick:

Liberale wollen "Vielfalt der Steuersätze"

Bei manchen Fraktionen gestaltet sich die Suche nach Positionen zum Thema Steuergerechtigkeit schwierig: Im 15-seitigen Wahlprogramm der ALDE, dem europäischen Zusammenschluss der liberalen Parteien, kommt es gar nicht vor. Die FDP, die Mitglied der ALDE ist, steht nach eigenen Angaben für eine "Vielfalt der Steuersätze" innerhalb der EU. Sie befürwortet zwar eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer, damit die Besteuerung in den Mitgliedstaaten einfacher zu vergleichen sei. Eine Festsetzung von Mindeststeuersätzen innerhalb der EU lehnen die Freien Demokraten aber ab. Allerdings sind die Liberalen gegen die Zulässigkeit von sogenannten Tax-Deals. Damit können grosse Unternehmen die Höhe ihrer Besteuerung mit den Behörden eines Mitgliedstaats aushandeln.

Sozialdemokraten mit langer Liste

Ganz anders sehen es die Sozialdemokraten, die eine lange Liste von Forderungen stellen: Sie wollen unter anderem einen Mindestsatz von 18 Prozent bei der Körperschaftssteuer. Der soll verhindern, dass die EU-Staaten einander mit geringen Steuersätzen Konkurrenz machen, wenn sie um die Ansiedlung von Unternehmen werben. Zuletzt hatten Liberale, Konservative und Christdemokraten Anfang des Jahres eine solche Mindeststeuer verhindert. Die Sozialdemokraten sind zwar für die Digitalsteuer – doch mit Schweden hat auch ein sozialdemokratisch regiertes Land diese blockiert.

Die Fraktion setzt sich für eine schwarze Liste der europäischen Steueroasen ein – mit Strafen für diejenigen, die diese nutzen. Doch die Forderungen sind weitreichender: So wünschen sich die Sozialdemokraten, zu denen die SPD gehört, unter anderem eine EU-Steuerbehörde, die die Arbeit der nationalen Behörden koordiniert. Sie wollen ausserdem die Klausel loswerden, die einzelnen Staaten erlaubt, Gesetze wie das zur Digitalsteuer zu blockieren.

Auf Forderung der sozialdemokratischen Fraktion wurden nach eigenen Angaben drei Sonderausschüsse und ein Untersuchungsausschuss zum Thema Steuergerechtigkeit eingesetzt.

Christdemokraten gegen einheitliche Steuersätze

Auch die Europäische Volkspartei (EVP), der Zusammenschluss christdemokratischer Parteien, nennt Steuergerechtigkeit als eine der "Prioritäten der Fraktion". Ihr gehe es darum, die Steuersysteme ins 21. Jahrhundert zu bringen. Denn viele Gesetze seien schon vor Jahrzehnten erlassen worden, als die digitale Wirtschaft noch keine Rolle gespielt hat.

Nach konkreten Forderungen sucht man auf der Webseite jedoch länger. Auch die Fraktion, der CDU und CSU angehören, setzte sich für die Digitalsteuer ein: Grosse Internetunternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sollten drei Prozent ihres Gewinns als Steuern abführen.

Der CSU-Politiker Markus Ferber plädiert für ein Verbot sogenannter Goldener Visa, mit denen EU-Staatsbürgerschaften oder Aufenthaltsgenehmigungen als Investitionsanreiz an Nicht-EU-Bürger vergeben werden. Diese seien Einfallstor für Geldwäsche, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität, schreibt er in einer Pressemitteilung vom Februar. Auch Ferber fordert "glaubwürdige schwarze Listen, um Geldwäschehochburgen zu bekämpfen und Steueroasen trocken zu legen". Anträge von Sozialdemokraten und Grünen zur Abschaffung des Steuergeheimnisses und zur Vereinheitlichung von Steuersätzen kritisierte er jedoch. Das Steuersystem ist nach Auffassung vieler Christdemokraten in erster Linie eine Kompetenz der Mitgliedstaaten: "Es ist Sache der nationalen Regierungen, Vorschläge für mehr Steuergerechtigkeit zwischen den EU-Ländern zu machen", hiess es dazu 2014 in einer Pressemitteilung von Manfred Weber, der jetzt Präsident der EU-Kommission werden will.

Konservative pochen auf Wettbewerb

Konservative und EU-Skeptiker im Parlament haben sich in der EKR-Fraktion zusammengeschlossen. Sie sind gegen eine gemeinsame Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer: Diese ziele "eindeutig auf die investitionsfreundlicheren und häufig kleineren EU-Mitgliedstaaten ab".

Die Parteiengruppe ist auch dagegen, dass die Länder ihr Veto-Recht verlieren. Sie wollen also nicht, dass Entscheidungen in der Steuerpolitik in Zukunft auch gegen den Willen einzelner Staaten gefällt werden können: "Wenn es den EU-Mitgliedsstaaten nicht gelingt, sich in Steuerfragen zu einigen, zeigt das die Notwendigkeit, das Veto beizubehalten", so die Konservativen.

Verwendete Quellen:

  • CDU/CSU-Gruppe in der EPP: Mitgliedstaaten müssen mehr für Steuergerechtigkeit tun
  • EPP: Steuermodelle: EVP-Fraktion unterstützt Initiativen für mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit
  • Sven Giegold, Bündnis 90/Die Grünen: Steuergerechtigkeit: Europäisches Parlament ist sich einig über stärkere EU-Steuerpolitik und fordert, dass Mitgliedstaaten die Blockade von Steuerreformen beenden
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