Berlin/Brüssel (dpa) - Mit den Spannungen in der Strasse von Hormus wachsen die Erwartungen an Deutschland, sich an der Sicherung der strategisch wichtigen Meerenge im Persischen Golf zu beteiligen - vielleicht sogar militärisch. Nach den USA setzt sich nun auch Grossbritannien für einen Marineeinsatz zum Schutz von Handelsschiffen ein und bringt die Bündnispartner damit unter Zugzwang. In der grossen Koalition bahnt sich bereits ein neuer Konflikt darüber an, der zur ersten grösseren Herausforderung für die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) werden könnte.
Der britische Aussenminister Jeremy Hunt hatte sich am Montag nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch den Iran in der Strasse von Hormus für einen europäischen Marine-Einsatz stark gemacht und darüber auch schon mit seinem deutschen Amtskollegen
Frankreichs Aussenminister Jean-Yves Le Drian betonte, gemeinsam mit Berlin und London an einer europäischen Initiative zu arbeiten, um die Sicherheit im Persischen Golf zu gewährleisten. Es müsse einen Deeskalationsprozess geben, um Spannungen abzubauen, betonte er. Le Drian sprach von einer Überwachungs- und Beobachtungsmission, einen Marine-Einsatz erwähnte er jedoch nicht explizit.
In den vergangenen Wochen war es zu mehreren Zwischenfällen in dem Seegebiet gekommen - und immer gab es unterschiedliche Angaben der USA und des Iran zu den Geschehnissen. Die Vorfälle befeuerten Ängste vor einer militärischen Eskalation zwischen beiden Staaten.
In den beiden Koalitionsfraktionen kommt der britische Vorschlag sehr unterschiedlich an. Der CDU-Aussenpolitiker Jürgen Hardt zeigte sich in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Mittwoch) offen für den britischen Vorschlag. "Die Behinderung des freien und sicheren Welthandels durch das Festsetzen von britischen Tankern durch den Iran ist ein erheblicher Angriff auf das internationale Ordnungssystem", sagte er zur Begründung.
Der aussenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, warnte hingegen: "Bei einem Einsatz der Bundeswehr in dieser Region besteht die Gefahr, in einen militärischen Konflikt hineingezogen zu werden." Es gebe ein grosses Risiko von Missverständnissen, die in einen Krieg münden könnten. "Jetzt ist nicht der Moment, über Militäreinsätze zu spekulieren - jetzt ist Diplomatie und Deeskalation gefordert."
Klar für einen europäischen Marine-Einsatz sprach sich AfD-Chef Alexander Gauland aus. Er nannte den britischen Vorschlag "absolut vernünftig".
Das Thema dürfte an diesem Mittwoch in der Bundestagsdebatte nach der Vereidigung von
Bereits bei Gesprächen bei der Nato hatten sich zuletzt zudem mehrere europäische Staaten skeptisch gezeigt, ob eine erhöhte Präsenz von Kriegsschiffen im Persischen Golf wirklich für mehr Sicherheit sorgen wird. Demnach könnte sich durch die US-Initiative auch das Risiko einer militärischen Auseinandersetzung erhöhen.
Sollte die Bundeswehr tatsächlich in einen Einsatz im Persischen Golf geschickt werden, könnte sie dabei Erfahrungen einbringen, die sie seit einigen Jahren im Rahmen der EU-Mission "Atalanta" sammelt. Bei diesem Einsatz am Horn von Afrika werden Handelsschiffe vor Angriffen somalischer Piraten geschützt. Bis 2016 waren regelmässig deutsche Kriegsschiffe an der Mission im Indischen Ozean beteiligt. Derzeit sind etwa 30 deutsche Logistiker an Land dabei.
"Atalanta" zählt zu den wenigen Bundeswehrmissionen, bei denen der Erfolg unumstritten ist: In den vergangenen fünf Jahren gab es kaum noch Piratenangriffe vor der Küste Somalias. Auch die Kapazitäten für einen Einsatz in der Strasse von Hormus dürfte die Deutsche Marine haben. Derzeit sind nur zwei deutsche Kriegsschiffe im Auslandseinsatz - in der Ägäis und vor der libanesischen Küste.
Das Problem ist damit vor allem ein politisches: Für die Europäer ist ein Einsatz in der Strasse von Hormus eine Gratwanderung. Deutschland, Grossbritannien und Frankreich versuchen gerade, das Atomabkommen mit dem Iran gegen den Widerstand der USA aufrechtzuerhalten. Die Entsendung von Kriegsschiffen in die Strasse von Hormus könnte von Teheran als Provokation und Parteinahme für die USA empfunden werden.
Vollkommen unklar war zuletzt auch, wie die Idee für einen europäischen Einsatz mit der amerikanischen Initiative zum Schutz von Handelsschiffen verbunden werden könnte. Bei ihr soll es nach ersten Angaben vor allem darum gehen, über eine erhöhte Militärpräsenz in der Region eine bessere Überwachung der Strasse von Hormus zu ermöglichen. © dpa
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