SVP-Mann Christoph Mörgeli kommt nicht zur Ruhe: Vor den Medien versucht er, den letzten Rest seines wissenschaftlichen Rufs zu retten.
Der Streit um unter Aufsicht von Christoph Mörgeli entstandene Medizin-Doktorarbeiten geht in die nächste Runde. An einer Medienkonferenz greift der SVP-Nationalrat den Schweizer Rundfunk und die "Rundschau" scharf an.
Zwei Zeugen hatten Ende März in der "Rundschau" erklärt, sie hätten ihre Doktortitel von Mörgeli praktisch geschenkt bekommen. Einer dieser Informanten berichtete, er habe seine Doktorarbeit übersetzen lassen. Wissenschaftliche Arbeit habe er dabei nicht geleistet. Die zweite Informantin sagte, sie habe lediglich Texte aus dem Bulgarischen ins Deutsche übersetzt. Sie waren dem Bericht zufolge nicht die einzigen: Mindestens ein Dutzend Doktorarbeiten sollen demnach hauptsächlich auf alten Texten basieren.
Eine Kronzeugin war Mörgeli zu Folge eine Bulgarin namens Dönmez. Der Redaktor des TV-Beitrags habe sie schon vergangenen Oktober kontaktiert und ihre Arbeit falsch beurteilt. Frau Dönmez habe auch nie etwas zugegeben, erklärte Mörgeli. Es handle sich um ein Missverständnis - sie habe die Frage des Reporters nicht richtig verstanden.
Den zweiten Kronzeugen habe das SRF nicht ausreichend geschützt, betonte Mörgeli. Er sei von mehreren Personen sofort erkannt worden. Auch dieser Zeuge sei allerdings unglaubwürdig. Er habe seine Dissertation nie erhalten und sich deshalb aus Frust der "Rundschau" zur Verfügung gestellt.
Mörgeli erwägt Klage gegen SRF
An der Medienkonferenz zitierte der Nationalrat auch aus E-Mails, die er im Vorfeld der Sendung mit der "Rundschau"-Redaktion ausgetauscht hatte. Mörgeli beschwert sich darin über den "widerwärtigen Journalismus" des SRF, der "Rundschau"-Chef kontert, dass der Beitrag "selbstverständlich den publizistischen Leitlinien" entspreche. Insgesamt 76 Punkte moniert Mörgeli an dem Beitrag.
Noch ist unklar, ob Mörgeli auch zivil- oder strafrechtlich gegen das SRF vorgehen wird. Im Raum steht eine Klage allemal: "Das sind Dinge, die wir anschauen müssen."
"Ich führe diesen Kampf nicht für mich"
Zuletzt kam Mörgeli auf Roger Blum, den Präsidenten der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen zu sprechen. Dieser hatte Ende schon Ende März getwittert, im Vergleich zu den von Mörgeli betreuten Dissertationen sei der "Fall Schavan ein Klacks". Auch Blum sei keineswegs unabhängig - ebenso wenig wie die Journalisten.
"Die grösste Minderheit in diesem Land ist nicht die Romandie, sondern die SVP", wetterte Mörgeli. Das SRF sei verpflichtet, neutral über die Partei zu berichten. Derzeit sei das nicht der Fall. Das "Monopolfernsehen" halte sich nicht an vertragliche Verpflichtungen.
Wer liegt falsch: SRF oder "Weltwoche"?
Die "Weltwoche" will die zwei anonymen Zeugen aufgetrieben haben, die vor zwei Wochen in der SRF-Sendung "Rundschau" schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Professor der Universität Zürich erhoben hatten. Fazit von "Weltwoche"-Reporter Alex Baur: Es sei "gemogelt und beschissen" worden, "was das Zeug hält" - allerdings von den Fernsehjournalisten am Leutschenbach.
Laut "Weltwoche" handelte es sich dabei um einen Racheakt. Bei dem anonymen Zeugen handle es sich um einen Zahnarzt ohne Titel, der als Doktorand bei Mörgeli kläglich gescheitert sei. Die Wochenzeitung spekuliert, das SRF habe dieses Detail bewusst verschwiegen, weil sonst die Geschichte geplatzt wäre.
SRF dementiert "Falschmeldung"
Das Schweizer Fernsehen weist die Anschuldigungen der "Weltwoche" scharf zurück. Das Magazin habe "im ersten Fall den falschen Informanten erwischt". Es handle sich bei dem durchgefallenen Zahnarzt um jemand anderen.
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