Die Krise um Gasfelder im östlichen Mittelmeer nimmt immer grössere Dimensionen an. Östlich von Kreta sind inzwischen zahlreiche Kriegsschiffe und Kampfbomber unterwegs, Gerüchte über eine Kollision zwischen zwei Schiffen machen die Runde. Kann die EU vermitteln?

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Kurz vor einer Sondersitzung der EU-Aussenminister spitzt sich der Streit um Gasvorkommen im Mittelmeer zwischen der Türkei und Griechenland zu. Nach Berichten über eine Kollision zwischen einem türkischen und einem griechischen Schiff im östlichen Mittelmeer warnte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstagabend vor einer Eskalation. "Wir haben ihnen gesagt, seht, greift bloss unsere 'Oruc Reis' nicht an. Solltet Ihr unsere 'Oruc Reis' angreifen, werdet Ihr einen hohen Preis dafür bezahlen. Und heute haben sie ihre erste Antwort bekommen", sagte Erdogan in Ankara.

Das türkische Forschungsschiff "Oruc Reis" hatte am Donnerstag begleitet von der Marine die Suche nach Erdgas südlich der griechischen Inseln Rhodos und Kastelorizo fortgesetzt. In der griechischen Presse kursierten seit dem Morgen verschiedene Gerüchte über einen Vorfall. Einigen Berichten zufolge hatte es eine seitliche Kollision zwischen einer griechischen und einer türkischen Fregatte gegeben. Andere berichteten, eine griechische Fregatte habe eines der Begleitschiffe der "Oruc Reis" seitlich touchiert. Aus Athen wurden die Gerüchte zunächst weder bestätigt noch dementiert.

Vorwurf der Heimtücke

Nach Berichten des griechischen Staatsfernsehens fanden zudem umfangreiche Manöver griechischer und französischer Kriegsschiffe südlich von Kreta statt. Erdogan warf Athen Heimtücke vor, zeigte sich aber zugleich dialogbereit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die schon im Juli im Gasstreit zwischen den Nato-Partnern vermittelt hatte, telefonierte erneut mit dem türkischen Präsidenten, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Erdogan habe betont, dass er den Streit mit Dialog und auf Basis des internationalen Rechts lösen wolle. Die Aussenminister der EU-Staaten werden an diesem Freitag in einer ausserplanmässigen Videokonferenz auch über dieses Thema beraten.

Seit Anfang der Woche sucht die "Oruc Reis" südlich von Rhodos und der kleinen Insel Kastelorizo nach Erdgas. Die Türkei beansprucht damit ein Gebiet, das eigentlich zur Ausschliesslichen Wirtschaftszone (AWZ) Griechenlands gehört. Kastelorizo ist nur rund zwei Kilometer vom türkischen Festland entfernt, gehört aber wie Rhodos zu Griechenland.

Angebot für Dialog und Verhandlungen

Erdogan sagte, dass Athen dort Rechte einfordere, sei "mit Verstand und Vernunft nicht zu erklären". Weiter sagte er: "Die Haltung, die Griechenland in der Ägäis und im Mittelmeer an den Tag legt, ist heimtückisch." Er betonte aber auch: "Der Weg zur Lösung im östlichen Mittelmeer geht über Dialog und Verhandlungen." Wenn man mit "Vernunft und Menschenverstand" vorgehe, könne man eine Formel finden, die die Rechte aller schütze. "Wir sind absolut nicht hinter unnötigem Abenteuer her und suchen keine Spannungen."

Bereits am Vortag hatte auch der griechische Regierungschef Kyriakos Mistotakis Dialogbereitschaft signalisiert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, die französische Militärpräsenz im östlichen Mittelmeer vorübergehend zu verstärken. An gemeinsamen griechisch-französischen Manövern nahmen nach Angaben des griechischen Generalstabs am Donnerstag vier griechische Fregatten, der französische Hubschrauberträger "Tonnerre" und die französische Fregatte "La Fayette" teil. Zwei französische Kampfbomber starteten aus Zypern und nahmen ebenfalls an dem Manöver teil. Anschliessend landeten sie auf Kreta, berichtete das griechische Staatsradio.

Ein neuer Fall Zypern?

Die Türkei und Griechenland streiten sich bereits seit Jahren um die Ausbeutung von Gasvorkommen. Ankara führt bereits Bohrungen vor Zypern durch - ohne Genehmigung der Regierung der Republik Zypern.

Das Seerecht der Vereinten Nationen (UN) legt für Küstenländer eine Ausschliessliche Wirtschaftszone fest, die über die Hoheitsgewässer eines Landes hinausreicht. In dieser 200-Meilen-Zone hat ein Staat demnach das alleinige Recht zur Ausbeutung von Bodenschätzen. Liegt die Küste eines anderen Landes näher, gilt die Mittellinie. Griechische Inseln, die nah an der türkischen Küste liegen, verringern also die türkische AWZ enorm. Die Türkei erklärt, dass Inseln keine AWZ haben und sieht ihre Gasforschungen daher als legitim an. Das Seerechtsabkommen hat sie aber nie unterschrieben, wie etwa auch die USA.

Im Fall Zypern kommt hinzu, dass die Türkei den Norden der Mittelmeerinsel seit 1974 besetzt hält und eine - nur von der Türkei anerkannte - Türkische Republik Nordzypern etabliert wurde. Die gesamte Insel hingegen wird als Republik Zypern international anerkannt und ist seit 2004 EU-Mitglied. (best/dpa)

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