Bei den Parlamentswahlen in Südafrika hat die Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) erstmals seit drei Jahrzehnten die absolute Mehrheit verloren.

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Nach Auszählung von 97,51 Prozent Stimmen lag der ANC am Samstagmorgen bei 40,11 Prozent, wie die Nationale Wahlbehörde (IEC) mitteilte. Das vorläufige Teilergebnis zeigt einen massiven Machtverlust. Bei den Parlamentswahlen 2019 kam die Regierungspartei noch auf 57,5 Prozent der Stimmen.

Damit wird die einstige Partei des Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela erstmals in der Geschichte des Landes eine Koalition bilden müssen. In den vergangenen 30 Jahren, seit Beginn der Demokratie 1994, hatte der ANC immer die absolute Mehrheit errungen und die stärkste Volkswirtschaft des Kontinents allein regiert.

Die wirtschaftsliberale Demokratische Allianz (DA) kam den vorläufigen Teilergebnissen zufolge auf 21,71 Prozent, während die erst vor sechs Monaten von Ex-Präsident Jacob Zuma gegründete Partei, uMkhonto we Sizwe (MK), bei 14,84 Prozent liegt. Die marxistisch geprägte Partei Economic Freedom Fighters (EFF) folgt knapp dahinter mit 9,37 Prozent.

Politische Kommentatoren führen den historischen Machtverlust des ANC von knapp 17 Prozentpunkten seit den Parlamentswahlen 2019 unter anderem auf die Neugründung der MK zurück. Der ANC hat die Verluste demnach aber auch seiner schwachen Regierungsbilanz zuzuschreiben. Das Land mit 61 Millionen Einwohnern am Südzipfel Afrikas leidet an einer kränkelnden Wirtschaft, Massenarbeitslosigkeit, maroden Staatsunternehmen, regelmässigen Stromabschaltungen sowie hoher Kriminalität und Korruption.

Mitglieder von 52 Parteien konkurrierten bei der Wahl am 29. Mai um die 400 Sitze des Nationalparlaments. Nach Verkündung der Ergebnisse muss das neugewählte Parlament innerhalb von 14 Tagen eine Regierung bilden und einen Präsidenten wählen. Auch Provinzregierungen wurden neu gewählt.

Die Wahlen sind auch für Deutschland und Europa relevant. Südafrika ist die stärkste Volkswirtschaft des Kontinents. Es gilt politisch sowie wirtschaftlich als "Tor zu Afrika", als Zugangsland zu einem Kontinent, der aufgrund seiner für die Energiewende benötigten Rohstoffvorkommen international immer wichtiger wird.

Obwohl Südafrika gute Beziehungen zu westlichen Ländern unterhält, ist die Regierung eng mit Russland und China verbunden. Im Gaza-Krieg vertritt Südafrika eine starke propalästinensische Position. Es hat vor dem Internationalen Gerichtshof Klage gegen Israel wegen Völkermords im Gazastreifen erhoben.  © dpa

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