Anfang Dezember verhängte Yoon Suk Yeol kurzfristig das Kriegsrecht und stürzte sein Land in eine Staatskrise. Nach wochenlangem Kräftemessen wird er nun verhaftet. Und hat eine Videobotschaft für sein Volk.
Südkoreas suspendierter Präsident Yoon Suk Yeol ist wegen der kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts Anfang Dezember in der Hauptstadt Seoul verhaftet worden. Polizisten und Ermittler der Anti-Korruptions-Behörde (CIO) führten Yoon am Mittwochmorgen in seinem Wohnsitz ab, um ihn zur Staatsanwaltschaft zu bringen, wie Südkoreas amtliche Nachrichtenagentur Yonhap berichtete.
Es war nicht der erste Versuch, Yoon zu verhaften. Bereits am 3. Januar hatten Beamte von Yoons präsidialem Sicherheitsdienst, darunter auch Soldaten, Ermittler an seiner Verhaftung gehindert. Diese gaben ihr Vorhaben daraufhin zunächst auf. Der neue Versuch zur Verhaftung Yoons basiert auf einem am Dienstag ausgestellten neuen Haftbefehl.
Yoon wird von Anti-Korruptionsbehörde verhört
Polizisten und Ermittler der Anti-Korruptions-Behörde (CIO) hatten Yoon am Mittwochmorgen in seinem Wohnsitz abgeführt, wo er sich über Wochen hinweg verbarrikadiert hatte, um seiner Verhaftung zu entgehen. Diese lief trotz grosser Sicherheitsbedenken dem Anschein nach friedlich ab. Berichten zufolge wird Yoon in den kommenden Stunden von der CIO zum Vorwurf verhört, er habe sich mit seinem Vorgehen des Aufruhrs und Machtmissbrauchs schuldig gemacht.
AFP-Journalisten wurden Zeuge eines kurzen Handgemenges am Tor der Residenz. Dort hatten Yoons Anhänger zu seinem Schutz gezeltet. Sie skandierten: "Illegaler Haftbefehl!" Wie der Sender Yonhap News TV berichtete, wurden Yoons Unterstützer von Polizisten und CIO-Beamten gewaltsam entfernt. Demnach stellten sich auch etwa 30 Abgeordnete von Yoons Partei den Ermittlern in den Weg. Fernsehaufnahmen zeigten auch, wie die Einsatzkräfte mithilfe von Leitern auf das Gelände von Yoons Residenz gelangten.
Ein Konvoi schwarzer Geländewagen verliess unter Polizeieskorte das präsidiale Anwesen im Zentrum von Seoul. Seine Wachen hatten das Gelände mit Stacheldraht und Barrikaden gesichert. Yoon wird laut Berichten in den kommenden Stunden von der CIO zum Vorwurf verhört, er habe sich mit seinem Vorgehen des Aufruhrs und Machtmissbrauchs schuldig gemacht.
Yoon bezeichnet Ermittlungen gegen ihn als illegal
In einer vermutlich kurz vor seiner Verhaftung aufgezeichneten Videobotschaft erklärte Yoon, dass er sich entschieden habe, sich der Befragung zu unterziehen, um gewalttätige Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Er habe sich entschlossen, dem CIO Rede und Antwort zu stehen, sagte Yoon in dem Video. Er erkenne die Rechtmässigeit der Ermittlungen nicht an, stelle sich aber der Befragung, "um ein unglückliches Blutvergiessen zu verhindern". Zudem behauptete der 64-Jährige, der Rechtsstaat in Südkorea sei zusammengebrochen.
Die Oppositionspartei DP feierte die Verhaftung des entmachteten Staatschefs. "Die Verhaftung von Yoon Suk Yeol ist der erste Schritt zur Wiederherstellung der verfassungsmässigen Ordnung, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit", sagte Fraktionschef Park Chan Dae bei einem Parteitreffen. Den suspendierten Präsidenten bezeichnete Park demnach als "Schwerverbrecher".
Erste Verhaftung eines formell amtierenden Präsidenten
Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass ein formell amtierender Präsident Südkoreas verhaftet wurde. Neben den Ermittlungen der Anti-Korruptions-Behörde läuft auch ein Amtsenthebungsverfahren beim Verfassungsgericht gegen Yoon. Nachdem der 64-Jährige bei der ersten Anhörung am Dienstag nicht vor Gericht erschienen war, wurde der nächste Prozesstermin auf Donnerstag vertagt.
Seit Dezember hatte sich Yoon in seinem Präsidentenwohnsitz verbarrikadiert, wo ihn hohe Mauern, Stacheldrahtzaun und sein Sicherheitsdienst vor einer Verhaftung schützten. Zudem waren massenweise Anhänger auf die Strasse gegangen, um sich für ihn einzusetzen.
Yoon hatte am 3. Dezember im Zuge eines Haushaltsstreits mit der Opposition kurzzeitig das Kriegsrecht ausgerufen und das demokratische Land damit in eine Staatskrise gestürzt. Zehntausende Menschen gingen in der Folge gegen Yoon und für den Erhalt der Demokratie in Südkorea auf die Strasse, aber auch Unterstützer Yoons demonstrierten. Das Parlament stimmte daraufhin für seine Amtsenthebung. In den kommenden Wochen wird das Verfassungsgericht diese Entscheidung prüfen.
Yoon verteidigte die Verhängung des wenige Stunden später wieder aufgehobenen Kriegsrechts bis zuletzt als legitimes Mittel. Die Opposition bezeichnete der suspendierte Präsident als Ansammlung "staatsfeindlicher Kräfte", die den Staat in seinen grundlegenden Funktionen lähmen würden. (dpa/AFP/bearbeitet von ank)
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