Das Verhältnis zwischen Taiwan und China ist angespannt. Zuletzt haben Sichtungen von Ballons aus China die Spannungen weiter verstärkt. In zwei Wochen finden in Taiwan Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt.
Weniger als zwei Wochen vor der mit Spannung erwarteten Präsidentschaftswahl in Taiwan hat das Verteidigungsministerium in Taipeh die Entdeckung von vier chinesischen Ballons jenseits der Mittellinie der Strasse von Taiwan gemeldet. Drei der vier Flugobjekte flogen einer am Mittwoch vom Ministerium veröffentlichen Grafik zufolge direkt über taiwanischem Gebiet, nachdem sie südwestlich der Militärbasis Ching-Chuan-Kang in der Stadt Taichung erschienen seien. Der Vierte sei im Nordwesten an der Insel entlang geflogen.
Insgesamt wurden sechs Ballons über Taiwan entdeckt
Die Ballons hätten sich dem Erdboden bis auf gut 3.650 Meter genähert, hiess es. Bereits am Dienstag waren über Taiwan Ballons entdeckt worden, seit Dezember stellte das Verteidigungsministerium in Taipeh in sechs Fällen Ballons fest. Zu den am Mittwoch festgestellten Ballons erklärte das Ministerium, es werde sie "genau beobachten" und je nach ihrer Beschaffenheit, Höhe und möglicher Gefahren "angemessene Massnahmen" ergreifen.
Seit Anfang Dezember berichtet das taiwanische Militär immer wieder über solche Vorfälle. Meist verschwinden die Ballons kurze Zeit später.
Im Februar vergangenen Jahres hatten der Überflug eines mutmasslichen chinesischen Spionageballons über die USA und sein Abschuss durch die US-Streitkräfte für einen diplomatischen Eklat zwischen Washington und Peking gesorgt.
Das Verhältnis zwischen China und Taiwan hatte sich zuletzt wieder erheblich verschärft. Seit der politischen Spaltung zwischen Festlandchina und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die demokratische selbstverwaltete Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will. In den vergangenen Jahren hat die Präsenz chinesischer Kriegsschiffe und Armeeflugzeuge rund um Taiwan deutlich zugenommen.
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Chinas Provokationen überschatten Präsidentschaftswahl
Der Konflikt ist auch Thema der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Taiwan. Die amtierende Präsidentin Tsai Ing-wen wird nach zwei Amtszeiten nicht mehr als Präsidentin antreten. Sie sprach sich dennoch für eine "friedliche Koexistenz" mich China aus. "Wir hoffen, dass beide Seiten so bald wie möglich einen gesunden und dauerhaften Austausch wiederaufnehmen", sagte Tsai am Montag in ihrer Neujahrsansprache.
Sie hoffe, beide Seiten würden einen Weg zu einem friedlichen Nebeneinander nach den Prinzipien "Frieden, Gleichheit, Demokratie und Dialog" finden, sagte die taiwanische Präsidentin. Gleichzeitig bekräftigte die Unabhängigkeitsbefürworterin, Taiwan habe angesichts des "weltweiten Konflikts zwischen Demokratie, Freiheit und Autoritarismus" keine andere Wahl, als "die Demokratie aufrechtzuerhalten und den Frieden zu schützen".
Ihre Demokratische Fortschrittspartei (DPP) mit Spitzenkandidat Lai Ching-te tritt für eine Unabhängigkeit von China ein. Dagegen sprechen sich die Kandidaten der oppositionellen Kuomintang (KMT) und der Taiwanischen Volkspartei (TPP) für freundlichere Beziehungen zu Peking aus.
Der Ausgang der Wahl dürfte entscheidend für das künftige Verhältnis zwischen Taipeh und Peking sein – und wird in Peking und Washington mit Spannung erwartet.
Krieg zwischen Taiwan und China eher unwahrscheinlich
Konfliktexperte Ou Sifu vom taiwanischen Institut für nationale Verteidigung und Sicherheitsforschung sieht in den Ballons nach eigenen Aussagen ein Mittel der "psychologischen Kriegsführung". China wolle mit diesem "Instrument der militärischen Einschüchterung" dazu führen, dass mehr Menschen Vertreter einer pro-chinesischen Position wählen, sagte Ou der Nachrichtenagentur AFP.
Angesichts der Bemühungen von Chinas Staatschef Xi um eine Entspannung im Verhältnis zu Washington rechnet der Militärexperte Carlo Masala vorerst nicht mit einer Invasion Chinas in Taiwan. "Ich glaube nicht, dass das ein realistisches Szenario ist", sagte der Politikwissenschaftler an der Münchner Bundeswehr-Universität den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sinnvoller als eine Invasion könnte Peking eine Abriegelung Taiwans erscheinen.
Das kommunistische China hat in den vergangenen Jahren den militärischen Druck auf Taiwan erhöht. Täglich umrunden Militärflugzeuge und Marineschiffe die Insel. Bei zwei grossen Militärmanövern wurde eine Blockade der Insel geübt – während ranghohe taiwanische Politiker Vertreter der US-Regierung trafen. (afp/dpa/the)
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