IS-Sprecher Abu Mohammad al-Adnani ist bei einem Angriff der Anti-IS-Allianz getötet worden. Ist die Führungsstruktur des sogenannten Islamischen Staates damit nachhaltig geschwächt?

Mehr aktuelle News

Das US-Verteidigungsministerium ist sich nun sicher, dass der Propagandachef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Mohammed al-Adnani, tot ist. Der gegen Al-Adnani gerichtete Luftangriff vom 30. August habe seinen Zweck erfüllt, teilte Pentagon-Sprecher Peter Cook am Montag mit.

Die Terrormiliz hatte den Tod ihres Führungsmitgliedes noch am selben Tag bekannt gegeben. Russland beanspruchte den Luftangriff wenig später für sich. Auch die USA sagten, sie hätten Al-Adnani angegriffen, waren aber zurückhaltend mit einer Bestätigung des Todes.

Mit dem Tod al-Adnanis hat der IS eine seiner zentralen Führungspersonen verloren. Diese Köpfe führen die Terrormiliz nach den Niederlagen der vergangenen Monate nun noch an:

Abu Bakr al-Baghdadi: An der Spitze des IS

Der 44-jährige Abu Bakr al-Baghdadi ist die Nummer eins des IS, seine Anhänger bezeichnen ihn als Kalifen. Auf Hinweise, die zu seiner seiner Ergreifung beziehungsweise seinem Tod führen, setzte das US-Aussenministerium eine Belohnung von zehn Millionen Dollar aus.

Seine sunnitischen Kämpfer terrorisieren die schiitische Bevölkerung des Irak, sind für zahlreiche Anschläge verantwortlich. Der CIA sucht ihn auch wegen eines besonders spektakulären Falls: So soll Al-Baghdadi die junge Amerikanerin Kayla Mueller zuerst entführt, versklavt, zu Sex gezwungen und schliesslich getötet haben. Unklar ist, wo er sich genau aufhält. Klar ist aber: Sein Führungszirkel ist erheblich "ausgedünnt".

Ende letzten Jahres war Adnan al-Sweidawi, IS-Chef in Syrien, bei einem Luftschlag der irakischen Armee getötet worden, schon im August 2015 wurde Fadel al-Hayali, Baghdadis Stellvertreter im Irak, bei einem Raketenangriff getötet. Im vergangenen März hatte das US-Verteidigungsministerium dann die Tötung von IS-Finanzchef Abdelrahman al-Kaduli bekanntgegeben, er galt als Nummer zwei hinter al-Baghdadi. Und im Juli bestätigte der IS den Tod seines Militärchefs Omar al-Schischani.

Abu Arkan al-Amiri führt Schura-Rat an

In der Führungsstruktur des IS gibt es neun Räte, die etwa die Funktion von Ministerien ausüben. Der wichtigste ist der Schura-Rat. Die Ratsmitglieder, geschätzt neun bis zwölf Personen, sollen religiöse Führer und für den Vollzug von Entscheidungen der Führungsspitze verantwortlich sein. Abu Arkan al-Amiri soll dem Schura-Rat voranstehen.

Scharia-Rat bewilligt Hinrichtungen

Neben dem Schura-Rat hat vor allem der Scharia-Rat in der Hierarchie einen hohen Stellenwert. Er kontrolliert, ob Entscheidungen in ihrer Auslegung mit dem angeblichen islamischen Recht, der Scharia, übereinstimmen. Auch Hinrichtungen von prominenten Geiseln muss der Scharia-Rat angeblich zustimmen. Etwa ein halbes Duzend Mitglieder sollen den Rat bilden, wer dahinter steckt, ist zumindest öffentlich nicht bekannt.

Das eigentliche Machtzentrum: Ein Geheimgremium

Ahl al-Hall w'al-Aqd: Hierbei handelt es sich nicht um eine einzelne Person, sondern um ein Geheimgremium, das einem Bericht der Wissenschaftsreihe "Oxford Islamic Studies" zufolge den Kalifen ernennen und abberufen kann. Unter anderem berichtet der "Spiegel" davon, dass besagter Geheimrat das eigentliche Machtzentrum sein soll.

Haji Bakr galt einst als Anführer im Hintergrund, ehe ein Rebellenkommando ihn Anfang 2014 erschoss. Er soll demnach das Gremium angeleitet haben, al-Baghdadi zum Kalifen zu erklären. Es dringt weder nach aussen, wer ihm gefolgt sein soll, noch wer dem IS nach den Tötungen von al-Sweidawi in Syrien respektive al-Hayali im Irak vorsteht.

Wie geschwächt ist der IS tatsächlich?

Nach dieser jüngsten Niederlage lässt sich sagen: Der IS ist erheblich geschwächt. Die Liste getöteter prominenter Führer spricht dafür. Nicht zuletzt Propagandachef al-Adnani galt unter IS-Kämpfern als "Legende". Nach der Eroberung grosser Gebiete in Syrien und im Irak hatte er im Juni 2014 das "Kalifat" ausgerufen und al-Baghdadi öffentlich zum Kalifen erklärt.

Als Planer im Hintergrund soll er Attentate in Europa verantworten, im September 2014 hatte er von sogenannten einsamen Wölfe gefordert, "Ungläubige" im Westen zu töten. Sein angeblicher Tod ist wohl ein Indiz dafür, dass der US-Geheimdienst selbst ranghöchste IS-Mitglieder attackieren kann.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.