Maha Vajiralongkorn wird an diesem Wochenende offiziell zum König von Thailand gekrönt. Viele Bürger betrachten ihn mit Skepsis: Der ausschweifende Lebensstil des Milliardärs passt schlecht zur Situation seiner Untertanen.
Der Monarch wird goldene Knickerbocker tragen und auf einer Sänfte durch die Stadt getragen. Von seinen Untertanen wird erwartet, dass sie auf die Knie gehen.
Das öffentliche Leben in Bangkok wird an diesem Wochenende praktisch stillstehen: Maha Vajiralongkorn ist zwar schon seit zweieinhalb Jahren König von Thailand, offiziell gekrönt wird er aber erst jetzt.
Der Pomp kann jedoch nicht verdecken, dass viele Thais ihrem neuen Monarchen mit grosser Skepsis, ja sogar mit Ablehnung begegnen.
"Thai-Kini" im Unterhemd
Rama X., so sein offizieller königlicher Name, hat sich bisher vor allem als Exzentriker und Lebemann einen Namen gemacht.
Er hat sieben Kinder aus drei gescheiterten Ehen. Seine vierte Frau - die ehemalige Stewardess und Leibwächterin Suthida - hat er kurz vor seiner Krönung in dieser Woche zur Monarchin ernannt.
Sein Vermögen wird auf 35 Milliarden Euro geschätzt, die meiste Zeit verbrachte der Monarch in den vergangenen Jahren ausserhalb seiner Heimat: in einer Villa in Tutzing am Starnberger See.
"Thai-Kini" wird er deshalb genannt – in Anspielung auf Ludwig II., den bayerischen Märchenkönig. Im Juni 2016 veröffentlichte die "Bild"-Zeitung ein wenig schmeichelhaftes Foto, das ihn am Münchener Flughafen in rutschenden Jeans, Unterhemd und mit Tattoo-Imitaten an den nackten Armen zeigt. Ob dieser "Prinz Protz" wirklich König von Thailand werden könne, fragte die Zeitung damals.
In den Fussstapfen des beliebten Vaters
"Von thailändischen Monarchen wird erwartet, dass sie selbstlos und bescheiden leben. Das passt nicht zu den Bildern, die es von Vajiralongkorn gibt. Er gilt eher als Playboy", sagt Oliver Pye, Thailand-Experte am Institut für Orient- und Asienwissenschaften der Universität Bonn, im Gespräch mit unserer Redaktion. Bei Vajiralongkorns Vater und Vorgänger war das anders: Der 2016 verstorbene König Bhumibol war bei grossen Teilen der Bevölkerung beliebt: "Er legte Genügsamkeit an den Tag, er hat nicht in Saus und Braus gelebt", so Pye. Dieses Image pflegt auch seine Tochter Sirindhorn. Viele Thais hatten deshalb vergeblich gehofft, dass nach dem Tod des Vaters sie anstelle ihres Bruders auf den Thron steigen könnte.
Pudel mit eigener Wikipedia-Seite
Vajiralongkorn sei ein "Multimilliardär mit Sonderprivilegien", erklärt der Wissenschaftler. Das liege daran, dass Thailands König über eine Art Investmentbank verfüge, die grosse Unternehmen im Land kontrolliert. Der Thronfolger wurde in Grossbritannien und Australien ausgebildet, neben Frauen und Flugzeugen galt seine grosse Liebe seinem 2015 verstorbenen weissen Pudel Fufu. Der hat seinen eigenen Wikipedia-Eintrag und begleitete sein Herrchen sogar zu Staatsempfängen. Schlagartig bekannt wurde Fufu durch ein Video, auf dem zu sehen war, wie Vajiralongkorns nur mit einer Unterhose bekleidete dritte Frau den Hund mit einer Torte fütterte.
Das alles passt schlecht zur Lebenssituation vieler Untertanen. "Der wirtschaftliche Boom in Thailand hat nichts daran geändert, dass normale Arbeitnehmer noch immer Billiglöhne bekommen und viele Menschen in Armut leben", sagt Oliver Pye. Als die Welt vergangenen Juni um das Schicksal der in einer thailändischen Höhle gefangenen Jugend-Fussballmannschaft bangte, schrieb der 13-jährige Sohn des Königs einen einfühlsamen Brief an die Jugendlichen. Seinem Vater trauen viele Thais so viel Anteilnahme dagegen nicht zu.
Auf der Seite des Militärs
Thailands Politik wird seit Jahren geprägt vom Konflikt zwischen den monarchistischen Gelbhemden und den Rothemden, die die Interessen der ländlichen Unter- und Mittelschicht vertreten. Zweimal hat das Militär in den vergangenen 15 Jahren Regierungen aus dem Amt befördert.
Eine Zeit lang war in Thailand gemutmasst worden, dass Vajiralongkorn Sympathien für die Rothemden hege. Mit dem früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, gegen dessen Regierung das Militär 2006 putschte und der den Rothemden nahe steht, soll der Monarch befreundet sein. Nach Einschätzung von Oliver Pye hat der König in den vergangenen Monaten allerdings gezeigt, dass er viel mehr auf der Seite des Militärs steht. Seiner eigenen Schwester Ubolratana verbot er zum Beispiel, für die Opposition zu kandidieren. Im Umgang mit seiner Familie gilt er ohnehin als wenig zimperlich: Angehörige seiner dritten Frau liess er laut Medienberichten nach der Trennung verhaften.
Auf Monarchie und Militär könnten mit der Regentschaft von Rama X. schwere Zeiten zukommen. Deren Symbiose habe in Thailand eine lange Tradition, erklärt Oliver Pye: "Dem König wurde seit den 50er Jahren gezielt eine Propaganda-Rolle zugeschrieben. Das Militär konnte sich mit einem glamourösen König besser präsentieren."
Seit dem Aufkommen der Rothemden fiel es jedoch schon dem populären Bhumibol schwerer, das gesamte Volk für sich einzunehmen. Sein Sohn wird da womöglich noch grössere Probleme haben. "Die Monarchie galt immer als Bastion der Stabilität, der König diente beim Eingreifen des Militärs als Identifikationsfigur", so Pye. Diese Funktion könne der unbeliebte Rama X. aber kaum noch erfüllen.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Dr. Oliver Pye, Institut für Orient- und Asienwissenschaften, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- www.bbc.com: "What's behind the downfall of Thailand's princess Srirasmi?"
- www.dpa.de: "Der ferne König - Thailands Monarch Rama X. wird gekrönt"
- www.bild.de: Wird dieser Mann wirklich König von Thailand?
- The Independent: "Crop-tops, mistresses and flying poodles: Meet the next King of Thailand"
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