Bei der von Kremlgegnern als Farce bezeichneten Präsidentenwahl in Russland hat es laut Behörden am ersten Tag mehrere Attacken mit Farbe auf Wahlurnen mit Stimmzetteln gegeben. Frauen und Männer hätten in der Region Rostow und in der im Nordkaukasus gelegenen Republik Karatschai-Tscherkessien Tinte in Urnen gegossen, sagte der Vizechef der Wahlkommission in Moskau, Nikolai Bulajew, am Freitag der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Ziel der Angreifer sei es gewesen, die Stimmzettel ungültig zu machen. Bulajew forderte eine stärkere Bewachung der Wahllokale.

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In sozialen Netzwerken kursierte auch ein Video, das zeigt, wie eine Frau – angeblich in Moskau - zunächst völlig unbehelligt Farbe aus einer Flasche in eine Urne giesst. Die Echtheit des Videos konnte von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.

Bulajew warf den Tätern vor, im Auftrag anderer zu handeln. "Es ist klar, dass ihnen Geld versprochen wurde, eine Belohnung", sagte er. Russland wirft westlichen Staaten immer wieder vor, Einfluss auf die Abstimmung nehmen zu wollen.

Ein anderes Video zeigte, wie eine ältere Frau eine Stimmkabine in Brand setzte. Die 70-Jährige wurde laut Medien in Moskau festgenommen, ihr drohen bis zu fünf Jahre Haft. In St. Petersburg gab es dem Portal "Fontanka" zufolge einen Brandanschlag auf ein Wahllokal mit einem Molotow-Cocktail.

Proteste sind in Russland verboten. Zwar hatten etwa Oppositionelle um den in Haft gestorbenen Kremlgegner Alexej Nawalny zu einer Protestwahl aufgerufen. Sie rieten allerdings zu leisem Protest und wiesen auch auf die Gefahr hin, festgenommen und bestraft zu werden. Empfohlen wurde Gegnern von Kremlchef Wladimir Putin daher leiser Protest, um keine Haft zu riskieren. So könnten Stimmzettel in der Kabine durch das Ankreuzen mehrerer Kandidaten ungültig gemacht werden, hiess es.

Zuvor hatte auch die Wahlleiterin Ella Pamifilowa, früher Menschenrechtlerin und heute enge Vertraute Putins, zur Wachsamkeit gegen Saboteure an den Wahllokalen aufgerufen. "Es geht um dieselbe Art von Drecksäcken, die für 10 000 Rubel (100 Euro) Bahngleise sprengen, Leute in die Luft jagen. Sie sind bereit, für einen Blutgroschen alles zu verkaufen", schimpfte sie.

Die Abstimmung dauert bis Sonntagabend, wenn in Kaliningrad (früher Königsberg) an der Ostsee um 19.00 Uhr MEZ die letzten Wahllokale schliessen. Unmittelbar danach werden erste Prognosen erwartet. Erst in der Nacht zum Montag wird es aussagekräftige Ergebnisse geben. Laut Wahlkommission sind rund 114 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen.  © dpa

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