Die SPD stellt die Beziehungen Deutschlands mit dem Königreich Saudiarabien in Frage. Nach der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi müsse es laut Parteivorsitzender Andrea Nahles "spürbare Konsequenzen geben".
Nach der von Saudi-Arabien eingestandenen Tötung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi stellt die SPD die Beziehungen Deutschlands zu dem Königreich grundsätzlich in Frage - und insbesondere weitere Waffenlieferungen in das autoritär regierte Land.
"Verhältnis zu Saudi-Arabien grundsätzlich auf Prüfstand"
"Nach einem derart unfassbaren Vorgang gehört das Verhältnis zu Saudi-Arabien grundsätzlich auf den Prüfstand", sagte die Parteivorsitzende
Ähnlich äusserte sich Aussenminister
"Angemessene Aufklärung" der Umstände der Tötung Kashoggis forderte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini, die auch von einer "schockierenden Verletzung" des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen von 1963 sprach. "Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur Pressefreiheit und dem Schutz von Journalisten auf der ganzen Welt", schrieb Mogherini in einer am späten Samstagabend verbreiteten Erklärung.
Klare Antworten verlangte US-Präsident
Wurde Khashoggi gefoltert und getötet?
Auf massiven Druck hin hatte Saudi-Arabien die Tötung Khashoggis im Istanbuler Konsulat eingeräumt - demnach kam der 59-Jährige bei einer Schlägerei um. Laut türkischen Medienberichten, die sich auf Audioaufnahmen aus dem Konsulat stützen, wurde Khashoggi dort jedoch gefoltert, getötet und sein Leichnam zerstückelt.
Die Monarchie Saudi-Arabien, in der es weder politische Parteien noch Wahlen gibt, ist in diesem Jahr bisher nach Algerien der zweitgrösste Kunde der deutschen Rüstungsindustrie: Bis zum 30. September erteilte die Regierung Exportgenehmigungen im Wert von 416,4 Millionen Euro.
Nahles sagte, darin enthalten seien vor allem Patrouillenboote, die vor Jahren angefragt und genehmigt worden seien. "Da wir die Zusicherung haben, dass sie im Land bleiben, sind sie vom Koalitionsvertrag gedeckt. Leider werden nur die alten Genehmigungen veröffentlicht, die vielen, vielen neuen Ablehnungen aber nicht." Die SPD habe dafür gesorgt, "dass Rüstungsexporte noch nie so restriktiv gehandhabt werden wie in dieser Regierung", betonte sie.
Die Bundesregierung hatte zuvor am Samstag die Tötung Khashoggis "in aller Schärfe" verurteilt. "Von Saudi-Arabien erwarten wir Transparenz im Hinblick auf die Todesumstände und die Hintergründe", hiess es in einer gemeinsamen Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Maas. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Auch Aussenminister Jean-Yves Le Drian forderte eine "engagierte und umfassende Untersuchung". Frankreich verurteile die Tötung mit grösster Entschlossenheit.
Viele Absagen bei Finanzkonferenz in Riad
Maas sagte zu der Frage, ob Siemens-Chef Joe Kaeser auf seine geplante Teilnahme an der Finanzkonferenz kommende Woche in Riad verzichten sollte, viele Politiker und Unternehmern hätten ihre Teilnahme dort abgesagt, wegen des Todesfalls im Konsulat in Istanbul. "Und ich glaube, das ist kein falsches Zeichen." Er selbst "würde zurzeit ganz sicher nicht an einer Veranstaltung in Riad teilnehmen". Nahles sagte: "Ich hoffe, Joe Kaeser überdenkt das nochmal."
Der CDU-Aussenpolitiker Norbert Röttgen regte an, die Ausweisung saudischer Diplomaten aus Deutschland zu prüfen. Und falls in Riad nicht "ganz kurzfristig" entscheidende Konsequenzen gezogen werden, müsse es umgehend einen Stopp aller Waffenlieferungen geben, auch der bereits zugesagten, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag der "Welt am Sonntag".
Die Bundesregierung sollte aus Röttgens Sicht überdies zusammen mit allen europäischen Regierungen den USA und dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump klarmachen, "dass es sich hier um einen absoluten Testfall der moralischen internationalen Führungsrolle der USA handelt:
Er sagte: "Die Politik von Präsident Trump im Nahen und Mittleren Osten, ganz auf Saudi-Arabien zu setzen, um den Iran zu isolieren, dürfte den saudischen Kronprinzen ermutigt haben zu glauben, dass es für ihn überhaupt keine Grenzen mehr gibt."
Die staatliche Nachrichtenagentur Saudi-Arabiens, Spa, hatte berichtet, 18 Staatsangehörige seien festgenommen worden, zudem seien zwei Berater des Kronprinzen Mohammed bin Salman entlassen worden: der Vizechef des Geheimdienstes, Ahmed al-Asiri, sowie der für Medienangelegenheiten zuständige Saud bin Abdullah al-Kahtani.
Die Ermittlungen zu der "bedauerlichen und schmerzhaften" Entwicklung liefen, hiess es weiter. © dpa
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