Das Verhältnis zwischen den USA und der Türkei ist angespannt. Doch US-Präsident Trump begrüsst seinen türkischen Kollegen Erdogan betont herzlich im Weissen Haus. Die warmen Worte zum Empfang können aber nicht über die lange Liste von Streitpunkten hinwegtäuschen.
Trotz zahlreicher Streitthemen zwischen Washington und Ankara hat sich US-Präsident Donald Trump beim Empfang seines türkischen Amtskollegen, Recep Tayyip Erdogan, im Weissen Haus um freundliche Töne bemüht. «Der Präsident und ich sind sehr gute Freunde», sagte Trump am Mittwoch bei einem Treffen mit Erdogan im Oval Office. «Wir sind seit langem befreundet - fast seit dem ersten Tag.» Man verstehe das jeweils andere Land. Trump sagte auch, die in Nordsyrien vereinbarte Waffenruhe halte «sehr gut». Erdogans Besuch wurde begleitet von kleineren Protesten vor dem Weissen Haus.
Trump empfing seinen Kollegen aus Ankara gut einen Monat nach dem Start der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien. Die türkische Armee war am 9. Oktober mit verbündeten Rebellen in Nordsyrien einmarschiert, um die YPG aus dem Grenzgebiet zu vertreiben. Die YPG ist der Verbündete der US-Streitkräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Türkei betrachtet die Kurdenmiliz dagegen als Terrororganisation. Trump hatte der Offensive mit einem Abzug der US-Truppen aus dem Grenzgebiet in Nordsyrien den Weg geebnet. Kritiker warfen ihm vor, die YPG so im Stich gelassen zu haben.
Trumps Einladung an Erdogan sorgte für Unmut. Der demokratische Senator Chris Van Hollen etwa warf Trump vor, Erdogan damit unter anderem für den Angriff auf die YPG «belohnt» zu haben.
Vor dem Weissen Haus protestierten am Mittwoch Dutzende Menschen gegen Erdogan und dessen Politik. Demonstranten hielten unter anderem Fahnen der Kurdenmiliz YPG und riefen: «Türkei raus aus Syrien» und «Schande über die Türkei». Am Rande von Erdogans jüngstem Besuch in Washington im Mai 2017 hatten dessen Bodyguards vor der türkischen Botschaft in der US-Hauptstadt friedliche Demonstranten verprügelt, was in Amerika Empörung auslöste.
Was wird aus Gülen?
Trump und Erdogan wollten am späten Mittwochabend deutscher Zeit gemeinsam vor die Medien treten. Bei ihrem Treffen im Oval Office sagte der US-Präsident, er verstehe die Sorgen der türkischen Regierung mit Blick auf Nordsyrien. Er danke Erdogan für dessen Engagement. Die Türkei habe auch zahlreiche IS-Kämpfer in der Region festgenommen und bewache diese.
Aus dem Weissen Haus war vor dem Treffen verlautet, es gebe keinerlei Absichten, die Zusammenarbeit mit den von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zu beenden. Man sei «sehr besorgt» über die Lage religiöser und ethnischer Minderheiten in Nordost-Syrien.
Das US-Repräsentantenhaus hatte Ende vergangenen Monats mit überwältigender Mehrheit wegen des türkischen Einmarsches in Nordsyrien harte Sanktionen gegen die Türkei beschlossen. Der Senat, der der Resolution noch zustimmen muss, wird sich erst nach dem Erdogan-Besuch damit befassen.
Das Verhältnis zwischen den Nato-Partnern Türkei und USA ist wegen zahlreicher Streitpunkte angespannt. Die türkische Militäroffensive in Nordsyrien hatte die Spannungen noch verschärft.
Trump sagte, er wolle mit Erdogan unter anderem auch über den Erwerb des russischen S-400 Raketensystems durch die Türkei reden. Die USA befürchten, dass Russland über das empfindliche Radar des Waffensystems an Daten über die Tarnkappenfähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangt. Ankara war Partner beim Bau des F-35-Kampfjets und wollte zahlreiche der Flugzeuge kaufen. Wegen des Rüstungsdeals mit Moskau haben die USA die Türkei aus dem F-35 Programm ausgeschlossen.
Der US-Präsident betonte zugleich, die USA wollten den Handel mit der Türkei deutlich ausweiten. Dies wäre «grossartig» für beide Seiten.
Erdogan hatte in Ankara vor seinem Abflug in die USA gesagt, er sehe dem Gespräch mit Trump positiv entgegen, auch wenn das Verhältnis angespannt sei. Er wolle mit Trump auch über den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen sprechen. Die Türkei macht Gülen für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich und fordert seine Auslieferung. Gülen weist jede Verantwortung für den Putsch zurück.
(br/dpa)
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