Donald Trump hält die Schlagzahl von diplomatischen und politischen Entgleisungen hoch. Nach der Aufregung um Aussagen, die die Kompetenz der US-Sicherheitsbehörden anzweifelten, gab es nun neuen Wirbel, weil der US-Präsident es nicht ausschloss, amerikanische Diplomaten zum Verhör nach Russland zu schicken. Die betroffenen Personen zeigten sich schockiert.
US-Präsident
Offenbar will er dabei keine Zeit verlieren. Das treffen sei bereits im Herbst in Washington geplant, teilte Trumps Sprecherin Sarah Sanders am Donnerstag auf Twitter mit. Trump habe den Nationalen Sicherheitsberater John Bolton gebeten, Putin im Herbst in die US-Hauptstadt einzuladen.
Zuvor hatte Trump in den Tagen nach dem Gipfel mit Putin am Montag in Helsinki mit widersprüchlichen Aussagen, Dementis und Klarstellungen viel Verwirrung gestiftet. Im Zuge seines Zickzack-Kurses sagte Trump nun in einem Interview mit dem US-Sender CBS am Mittwoch (Ortszeit), er habe persönlich Putin davor gewarnt, dass die USA Einmischungen in künftige US-Wahlen nicht tolerieren würden. "Ich habe ihn wissen lassen, dass wir das nicht dulden können", sagte Trump dem US-Sender CBS.
Auf die Frage, ob er Putin für die Einmischung bei der 2016 Wahl persönlich verantwortlich machen würde, antwortete er: "Das würde ich, weil er für das Land zuständig ist. Genauso, wie ich mich für verantwortlich halte für Dinge, die in diesem Land passieren."
Aufregung um Putins Vorschlag
Ein Vorschlag Putins im Nachgang zum Helsinki-Gipfel sorgte inzwischen im politischen Washington für Aufregung. Demnach sollte der US-Sonderermittler Robert Mueller zwölf Russen vernehmen dürfen, die er wegen Cyberangriffen im Zusammenhang mit den US-Wahlen 2016 angeklagt hatte.
Im Gegenzug verlangte Putin, dass die russischen Behörden den früheren US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, und den Geschäftsmann Bill Browder vernehmen dürfen. Browder hatte 2012 erfolgreich Lobby für Sanktionen gegen Russland gemacht.
Trump hatte auf der Pressekonferenz mit Putin am Montag noch von einem «unglaublichen Vorschlag» gesprochen. Angesichts der Proteste machte Trump dann am Donnerstag doch einen Rückzieher.
Diplomaten zeigte sich entsetzt
Präsident Putin habe den Vorschlag in aller Ernsthaftigkeit gemacht, aber Präsident Trump sei damit nicht einverstanden, sagte Trumps Sprecherin Sanders. Hoffentlich lasse Präsident Putin die zwölf Russen in die Vereinigten Staaten kommen, um ihre Unschuld zu beweisen.
Der US-Senat lehnte am Donnerstag mit 98 zu 0 Stimmen in einer nicht bindenden Resolution ab, dass amtierende oder frühere Diplomaten, Offizielle oder Vertreter der US-Streitkräfte von der russischen Regierung vernommen werden.
Ex-Botschafter McFaul hatte am Mittwoch noch entgeistert darauf reagiert, dass das Weisse Haus ihn nicht verteidigen würde. Er bedankte sich am Donnerstag, dass Demokraten wie Republikaner ihn unterstützt hätten.
Volten des Präsidenten
Im Bezug auf die Aussagen, in denen er die Kompetenz der US-Sicherheitsbehörden anzweifelte, war Trump ebenfalls zurückgerudert. Zuvor hatte er sich sowohl bei der Pressekonferenz mit Putin in Helsinki als auch am Rande einer Kabinettssitzung am Mittwoch in Washington entsprechend geäussert, dies später aber entweder als Versprecher oder Falschberichterstattung bezeichnet.
Trumps erste Äusserungen legten nahe, dass er Erkenntnisse der US-Geheimdienste anzweifelt. Diese halten es für erwiesen, dass Russland sich in die Präsidentenwahl von 2016 eingemischt hat. Putin bestritt dies am Montag in Helsinki. Trump nannte Putins Dementi "extrem stark und kraftvoll".
Medien widerlegen Trumps Aussagen
Nach einem Bericht der "New York Times" sind Trump bereits zwei Wochen vor dessen Amtseinführung im Januar 2017 streng vertrauliche Geheimdienstinformationen gezeigt worden, wonach Putin persönlich Cyberangriffe auf die US-Wahlen angeordnet haben soll. Diese Informationen sollen unter anderem von einer Quelle aus dem engsten Umfeld Putins stammen. Trump habe sich widerwillig überzeugt gezeigt, berichtete das Blatt.
Obwohl Trump in den vergangenen Tagen mit seinen widersprüchlichen Aussagen und einem Zickzack-Kurs selbst die Kontroverse befeuert hatte, machte er am Donnerstag unlautere Berichterstattung in einigen Medien dafür verantwortlich. Er warf ihnen dabei unter anderem auch Kriegstreiberei vor. Trump scheint auch auf den Bericht in der "New York Times" angespielt zu haben.
Trump scheut Selbstlob nicht
Die so genannten Fake-News-Medien erfänden Geschichten, ohne dafür Quellen oder Beweise zu haben, twitterte Trump. "Viele Beiträge, die über mich oder die guten Leute um mich herum geschrieben werden, sind reine Fiktion."
Mit Fake-News-Medien meint Trump pauschal alle, die nicht auf einer Welle mit ihm liegen oder kritisch über ihn berichten. Dazu gehören auch Zeitungen wie die angesehene "New York Times", die Jahr für Jahr mit Journalistenpreisen für ihre Qualitätsberichterstattung geehrt wird.
Trump wertete das Treffen mit Kremlchef Putin als Erfolg. "Ich denke, ich habe das bei der Pressekonferenz grossartig gemacht", sagte er CBS. In der Realität hatte Trump nach massiver parteiübergreifender Kritik, einem verheerenden Presseecho und auf Anraten von Beratern und engsten Vertrauten zumindest eine von mehreren umstrittenen zentralen Aussagen klarstellen müsse.
"Keine Geheimabsprachen mit Putin"
"Ich denke, dass wir viel erreicht haben", sagte Trump zu seinem Gespräch mit Putin. "Es war ein sehr gutes Treffen." Dabei sei es unter anderem um die Nichtverbreitung von Atomwaffen, den Schutz Israels und die nukleare Abrüstung Nordkoreas gegangen. "Ich habe dieses Rennen leicht gewonnen", zeigte sich Trump überzeugt. Er betonte zugleich, es habe keine Geheimabsprachen mit Putin gegeben.
Auch Putin wertete das Treffen im Grossen und Ganzen als Erfolg. "Wir sind auf einem guten Weg", sagte er am Donnerstag bei einem Treffen mit seinem diplomatischen Corps in Moskau. "Wir werden aber die Entwicklungen genau beobachten, weil bestimmte Kräfte in den USA versuchen, die Ergebnisse kleinzureden und zu leugnen." Russland sei offen für Kontakte mit den USA, obwohl die Beziehungen zu dem Land in einigen Bereichen so schlecht seien wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr.
Vertrauliche Gespräche
Putin sagte, er habe bei dem Treffen in Helsinki am Montag viele wichtige Dinge angesprochen. "Natürlich wäre es naiv zu glauben, alle Probleme in wenigen Stunden lösen zu können, die sich über die Jahre angesammelt haben", sagte er. "Als die grössten Atommächte haben wir eine besondere Verantwortung für die strategische Stabilität und Sicherheit."
Konkrete Vereinbarungen gab es bei dem Gipfel nicht. Weil bei dem über zwei Stunden dauernden Privatgespräch nur Trump und Putin sowie deren Übersetzer anwesend waren und kein Protokoll geführt wurde, rätseln das politische Washington wie auch die Verbündeten in Europa, was eigentlich genau besprochen wurde.
Opposition fordert Aufklärung
Die oppositionellen US-Demokraten fordern deshalb Aufklärung. Sie verlangen unter anderem, dass der Kongress die anwesende amerikanische Übersetzerin befragen darf. Dafür wird es nach Einschätzung von US-Medien aber keine Unterstützung von Trumps Republikanern geben. Ein Grund dafür seien die bevorstehenden wichtigen Zwischenwahlen für den Kongress im November. Dann wird sich entscheiden, ob der Präsident die letzten beiden Jahre seiner Amtszeit weiterhin mit einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus und Senat regieren kann.
Wähler stehen hinter Trump
Trump ficht die Kontroverse zumindest nach aussen hin nicht an. Er zeigte sich in dem CBS-Interview überzeugt, dass er aus der Präsidentenwahl 2020 erneut als Sieger hervorgehen werde. "Ehrlich gesagt denke ich, dass 2020 sogar noch besser wird."
Die Nachrichtenwebseite "Axios" schrieb am Donnerstag unter Berufung auf eine Umfrage von SurveyMonkey, 58 Prozent der Befragten mit Trumps Auftreten in Helsinki zufrieden und 40 Prozent unzufrieden seien. Allerdings unterstützten 79 Prozent der Befragten aus Trumps republikanischen Partei, wie er mit Putin umgegangen sei. Dies erkläre, dass andere, durchaus kritischere Parteimitglieder öffentliche Kritik an Trump für politischen Selbstmord hielten.
(mc/dpa) © dpa
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