Suzan "Suzi" LeVine, US-Botschafterin in Bern, ist eine rege Nutzerin der sozialen Medien. Am Freitag verlässt sie ihr Büro der US-Botschaft in der Schweiz. Gleichentags tritt mit Donald Trump ein US-Präsident sein Amt an, der auch keine Berührungsängste mit den sozialen Medien kennt und seine Politik und Geschäfte mit eigenen Tweets gestaltet.
Ihre Haltung zum Kurznachrichtendienst Twitter könnte unterschiedlicher nicht sein. Auf der einen Seite ist da der neu gewählte US-Präsident, der gerne auf Medien, Geheimdienste und Hillary Clinton schiesst und sich dabei Wörtern wie "verlogen", "widerlich" oder "verdammt schuldig" bedient.
Dem gegenüber stehen die peppigen und optimistischen Tweets der abtretenden US-Botschafterin in der Schweiz: LeVines Nachrichten mit 140 Zeichen sind mehrheitlich aufstellend und beinhalten Wörter wie "inspirierend" und "beeindruckend und unglaublich".
Sie brauche Twitter einerseits als Kommunikationsmittel, erklärt sie. Andererseits biete der Kurznachrichtendienst auch die Möglichkeit, Menschen in der Schweiz und Liechtenstein zuzuhören. Und schliesslich könne sie so Menschen erreichen, an die sie sonst nicht herankäme, sagt LeVine.
Direkt kritisiert die Botschafterin den neuen US-Oberbefehlshaber im Interview mit swissinfo.ch eine Woche vor ihrem letzten Tag im Büro der US-Botschaft in Bern nicht. Sie sagt allerdings, eine genauere Untersuchung der Fakten sei notwendig und die Menschen sollten bei der Nutzung sozialer Medien "einen Filter verwenden", um die Wahrheit zu erfahren.
"Das ist obligatorisch, wenn wir mit jungen Menschen über deren Gebrauch von sozialen Medien sprechen. Das beginnt bereits in der Schule, aber auch mit den Eltern. In einigen Fällen sind es die Kinder, die den Eltern beim Verstehen helfen", sagt LeVine. Sie ist selber Mutter.
Aber auch als Diplomatin sehe sie sich in einer Vorbild-Rolle, sagt sie. Das gelte auch für den scheidenden US-Präsidenten Barack Obama. Die Frage, ob sein Nachfolger
Tauwetter
Als erste US-Botschafterin legte sie 2014 ihren Eid auf ein e-Book ab. Sie übernahm das Amt in Bern zu einer Zeit, in der sich die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nach einem Streit um Steuerhinterziehung wieder besserten. Nur ein Jahr zuvor hatte die Schweizer Regierung ein Programm zur Bereinigung der Vergangenheit rund um die Betreuung von amerikanischen Bankkunden und möglicher Hilfe zur Steuerhinterziehung unterschrieben.
Dennoch gehörte es auch zu den Aufgaben der neuen Botschafterin, sich um Nachwirkungen diesbezüglich zu kümmern: Schweizer Banken zögerten nämlich nun, Konten für Kunden aus den USA zu eröffnen – auch dann, wenn diese in der Schweiz ansässig waren. Nun verlässt sie die Botschaft mit einer Liste von Banken, die US-Kunden entweder wieder aufnehmen oder ihnen ihre Dienstleistungen gar nie verweigert hatten.
Berufsausbildung
Ihr Schweizer Vermächtnis könnte aber auch die Initiative sein, mit der sie Schweizer Firmen dazu ermunterte, in die USA zu expandieren und dort neue Lehrstellen-Programme zu schaffen. Während ihrer letzten Woche im Amt kündigte die US-Botschaft an, dass zwölf zusätzliche Firmen sich der Initiative verpflichtet hätten. Insgesamt sind es somit nun 30.
Die USA übe nun eine Anziehungskraft auf Firmen aus, die gewillt seien, zu investieren und ein bedeutsames Lehrstellen-Programm aufzubauen, sagt die Botschafterin.
Zu den neuen Firmen gehören unter anderen Logitec, Novartis und Adecco. Die Unternehmen bieten Trainings und Arbeitsplätze in verschiedenen Bereichen an, darunter im IT-Management, in der Buchhaltung und in der Elektronik.
Rund 20'000 US-Bürger und Bürgerinnen lässt LeVine in der Schweiz zurück. Welchen Ratschlag gibt sie ihnen mit auf den Weg, für den Fall, dass sie in der Schweiz auf die umstrittene Wahl von Trump angesprochen werden? LeVine ermutigt sie, auf ihre US-Bürgerschaft stolz zu sein. Sie sollten sich weiter für ihre politischen, sozialen und kulturellen Positionen einsetzen und sich nicht zurückziehen, sagt die Botschafterin.
(Übertragung aus dem Englischen: Kathrin Ammann)
© swissinfo.ch
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