Nachdem Erdogan "die Tore geöffnet" hat, reagiert die EU auf die zunehmend angespannte Situation an der türkischen-griechischen Grenze und schickt zusätzliche Frontex-Mitarbeiter sowie Ausrüstung in die Provinz Edirne. Die Alarmstufe an dem betroffenen EU-Grenzabschnitt wurde auf "hoch" angehoben.
Wegen der Öffnung der türkischen Grenzen zur Europäischen Union schickt die EU-Grenzschutzbehörde Verstärkung nach Griechenland.
Frontex setzt Alarmstufe auf "hoch"
Auf Bitten des Landes habe Frontex die Entsendung von zusätzlichen Beamten sowie von Ausrüstung veranlasst, teilte eine Frontex-Sprecherin am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP mit. Die Alarmstufe bei Frontex für alle EU-Grenzen zur Türkei sei auf "hoch" angehoben worden.
An der türkisch-griechischen Grenze haben sich Tausende Flüchtlinge versammelt, um in die EU zu gelangen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte angekündigt, Flüchtlinge mit dem Ziel EU die Grenzen passieren zu lassen. "Wir haben die Tore geöffnet", sagte er am Samstag.
Griechische Polizei greift zu Tränengas und Wasserwerfern
Als Konsequenz verschärften die benachbarten EU-Staaten Griechenland und Bulgarien ihre Massnahmen zur Grenzsicherung.
Aus der Regierung in Athen hiess es am Sonntagmorgen, in den vergangenen 24 Stunden seien fast 10.000 Flüchtlinge an einem "illegalen" Grenzübertritt gehindert worden. Zudem seien am Samstag und Sonntag mehr als 130 Flüchtlinge festgenommen worden. Nach UN-Angaben harren derzeit rund 13.000 Migranten auf der türkischen Seite bei Kälte aus.
Bereits am Samstag setzte die griechische Polizei Tränengas ein, am Sonntag bediente sie sich zusätzlich auch noch schwerer Wasserwerfer, um die Migranten vom Übertritt nach Griecheland zu hindern. Die Flüchtlinge hatten laut Medienberichten zuvor Steine und andere Gegenstände auf die Bereitschaftspolizei geschleudert. Ein Polizist soll nach Berichten des griechischen Rundfunks verletzt worden sein.
Erste Flüchtlingsboote erreichen Insel Lesbos
Laut griechischen Regierungsangaben werden auch die Patrouillen in den Meerengen zwischen den griechischen Inseln und der türkischen Ägäisküste verstärkt. Die stürmischen Winde der letzten Tage haben nachgelassen, die Regierung in Athen befürchtet nun einen neuen Migrantenzustrom, diesmal über die Ägäis.
Am Sonntagvormittag kamen nach Berichten griechischer Fernsehsender gut 400 Migranten auf der Insel Lesbos an. "Mehr Boote sind unterwegs. Die türkische Küstenwache stoppt sie nicht", sagte ein Offizier der Küstenwache am Sonntag.
Erdogan erhöht den Druck auf die EU
Die Türkei hat bereits mehr als 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Ein Flüchtlingspakt mit der EU von 2016 sieht eigentlich vor, dass die Türkei Migranten vom Weg in die EU abhält. Mit dieser neuen Position versucht Ankara offensichtlich, mehr Geld der EU für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlingen zu erzwingen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel verfolgten die Lage an den EU-Aussengrenzen zur Türkei mit Besorgnis. "Unsere oberste Priorität ist, dass Griechenland und Bulgarien unsere volle Unterstützung haben", twitterte von der Leyen am Samstagabend.
Grüne sehen Merkel in der Pflicht
Angesichts der Zuspitzung der Flüchtlingssituation an der EU-Grenze zur Türkei sehen die Grünen jetzt Kanzlerin
Ganz andere Konsequenzen forderte FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg angesichts der Berichte über die Öffnung der Grenzen durch die Türkei. "Die Zahlungen an die Türkei müssen umgehend ausgesetzt werden, wenn Präsident Erdogan Vereinbarungen bricht", sagte Teuteberg der "Bild am Sonntag". Merkel müsse nun "ihr ganzes Gewicht zur Geltung bringen", damit sich eine Situation wie 2015 nicht wiederhole. Zudem müsse sie betonen, "dass eine unkontrollierte Migration nach Deutschland mit allen Mitteln des Rechtsstaates verhindert wird".
Erdogan verkündet Angriffe auf Syrien
Bei den Kämpfen in Syrien hat die Türkei in den syrischen Provinzen Idlib und Aleppo nach Angaben von Aktivisten mehr als 70 Soldaten der syrischen Regierung und verbündeten Milizen getötet.
Zunächst seien bei Angriffen mit Kampfflugzeugen, Drohnen und Artillerie 45 Regimesoldaten getötet worden, bei späteren Angriffen 26 weitere Kämpfer, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag mit.
Die Türkei hatte nach Worten von Erdogan mehrere Angriffe in Syrien unternommen. Dabei seien Anlagen zum Bau von Chemiewaffen sowie Luftabwehrsysteme und Landebahnen zerstört worden, sagte Erdogan in Istanbul.
Die syrische Regierung stritt die Behauptungen ab und warf Erdogan "irreführende" Aussagen und Übertreibung vor. Hintergrund der Vergeltungsangriffe ist der Tod zahlreicher türkischer Soldaten in Syrien. (jwo/dpa/afp) © dpa
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