Der Streit zwischen der Türkei und den Niederlanden um verhinderte Wahlkampfauftritte ist eskaliert. "Das sind Überbleibsel der Nazis, das sind Faschisten", sagt der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan über die Niederländer. Dabei haben die Niederlande wie kaum ein anderes westeuropäisches Land unter dem Hitler-Regime gelitten. Fünf Fakten.

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Vergangene Woche hatte die türkische Regierung Deutschland Nazi-Praktiken unterstellt. Am Wochenende sah sich die niederländische Regierung ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt.

Die Türkei und der Nazi-Vorwurf

Aussenminister Mevlüt Cavusoglu bezeichnete das niederländische Einreiseverbot gegen ihn als "Relikt" des Nationalsozialismus. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beschimpfte die Niederländer als "Überbleibsel der Nazis" und als "Faschisten".

Der Vorwurf zeugt nicht nur von erschreckender Geschichtsvergessenheit, sondern ist mit Blick auf das Schicksal der Niederlande im Dritten Reich besonders schmerzhaft.

  • Die Niederlande wollten sich aus dem Zweiten Weltkrieg eigentlich heraushalten. Nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 erklärte das Land seine Neutralität.
  • Der Wunsch, verschont zu bleiben, erfüllte sich jedoch nicht. Nazi-Deutschland ignorierte den Neutralitäts-Status. Um die berüchtigte Maginot-Linie zu umgehen und Frankreich über den weniger stark befestigten Nordosten angreifen zu können, fiel die Wehrmacht im Mai 1940 in den Niederlanden ein, bombardierte Den Haag und Rotterdam.
  • Die niederländische Armee leistete erheblichen Widerstand, wenn auch vergeblich. Nach nur vier Tagen musste sie kapitulieren.
  • In den folgenden knapp fünf Jahren bis Kriegsende litten die Niederländer massiv unter der deutschen Besatzung. Die Nazis deportierten Sinti, Roma und Juden. Nirgendwo sonst kamen prozentual so viele Juden ums Leben wie in den Niederlanden: 115.000, das entspricht 82 Prozent.
  • 300.000 Niederländer wurden in deutschen Arbeitslagern interniert. 8.000 starben dort. Auch der sogenannte Nacht-und-Nebel-Erlass verbreitete in den Niederlanden Terror: Auf Anordnung Hitlers wurden Oppositionelle heimlich nach Deutschland verschleppt und dort ohne Gerichtsverfahren abgeurteilt und nicht selten hingerichtet. Viele Opfer verschwanden auf immer spurlos.
  • Als besonders traumatisch wurde in den Niederlanden der "Hongerwinter" von 1944/45 wahrgenommen. Die Alliierten verhinderten den Nachschub für die Wehrmacht über das Eisenbahnnetz, schwächten damit aber nicht nur die deutschen Besatzer, sondern machten auch die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Nahrungsmitteln unmöglich. 18.000 Menschen starben den Hungertod.
  • Nachdem die Nazis 1941 über 400 Juden aus Amsterdam deportiert hatten, folgten hunderttausende Niederländer dem Aufruf der kommunistischen Partei zu einem Solidaritätsstreik mit den Juden. Als das NS-Regime ankündigte, massenhaft Zwangsarbeiter nach Deutschland zu schicken, gab es einen Generalstreik.
  • Hitlers Hoffnung, das Land werde sich nach und nach selbst nazifizieren, erfüllte sich nicht. Nur eine Minderheit schloss sich der NSB, der nationalsozialistischen Partei der Niederlande, an. Verschiedene, teils bewaffnete, Widerstandsgruppen formierten sich, befreiten politische Häftlinge und verhalfen Verfolgten zur Flucht.

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