Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir fordert Klartext mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die aktuelle Währungskrise biete die Gelegenheit, Einfluss auf die Türkei zu nehmen. FDP-Chef Christian Lindner kritisiert derweil den Staatsbesuch Erdogans in Deutschland.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir ruft die Bundesregierung dazu auf, in der türkischen Wirtschaftskrise mit klaren Forderungen Einfluss auf das Land zu nehmen.

Die Krise biete die Gelegenheit, die Türkei zu Reformen zu bewegen, sagte Özdemir im Interview mit NDR Info.

Man müsse mit Präsident Recep Tayyip Erdogan "Tacheles reden und klare Bedingungen stellen, ihm klarmachen, dass es keine Leistung ohne Gegenleistung gibt".

Özdemir: Gelegenheit Einfluss auf Türkei zu nehmen

Die Wirtschaftskrise in der Türkei sei hausgemacht und nicht von den USA ausgelöst. "Die Krise wird verschärft von Präsident Erdogan, weil er nicht auf die Wirtschaftsexperten hört", kritisierte Özdemir.

Erdogan müsse seine ganze Politik ändern und alle zu Unrecht Inhaftierten freilassen, sagte der Grünen-Politiker. "Jetzt ist die Gelegenheit, Einfluss zu nehmen auf die Türkei."

Bei der Modernisierung seiner Volkswirtschaft sei das Land auf Europa angewiesen. Dabei sei Deutschland der stärkste Handelspartner. Auch Erdogan wisse, dass er seine Macht gefährde, wenn die Wirtschaft zusammenbreche.

Im Streit zwischen den USA und der Türkei über das Schicksal eines in der Türkei festgehaltenen US-Pastors hatte sich der Ton zuletzt weiter verschärft.

Nachdem US-Präsident Trump am Freitag Strafzölle gegen die Türkei verdoppelt hatte, nannte Erdogan die USA vor einem Publikum aus Botschaftern aus aller Welt die "Kraftmeier des globalen Systems".

Lindner kritisiert Staatsbesuch von Erdogan

FDP-Chef Christian Lindner sprach sich derweil gegen die Pläne der Bundesregierung aus, Erdogan Ende September zu einem gross angelegten Staatsbesuch zu empfangen.

Dieses Format wirke "wie ein Propagandasieg" für Erdogan und dessen islamisch-konservative Regierungspartei, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Besser wäre ein reiner Arbeitsbesuch.

Durch einen Staatsbesuch werde Erdogan aufgewertet in seinen Bemühungen, "aus seinem Land eine Präsidialdiktatur zu machen". Das neu eingeführte Präsidialsystem in der Türkei stattet Erdogan mit grosser Macht aus. Er kann unter anderem per Dekret regieren, viele Posten im Justizsystem besetzen und seine Vizepräsidenten allein bestimmten.

Zugleich betonte Lindner, Kontakte zur türkischen Regierung seien wichtig. "Mit Herrn Erdogan muss man sprechen. Die Türkei ist in Sicherheitsfragen ein Partner in der Nato, eine regional bedeutende Macht, die auch in der deutschen Innenpolitik eine Rolle spielt, weil wir eine grosse aus der Türkei stammende Gemeinschaft bei uns haben." (cai/dpa)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.