- Olaf Scholz reist nach Peking und trifft Xi Jinping nach dessen Wiederwahl als Parteichef.
- Die Reise des Kanzlers sorgte schon im Vorfeld für Kritik, denn die China-Politik bedeutet eine Belastungsprobe für die Ampel-Koalition.
- Welche Themen auf den Tisch kommen dürften und welche Reibungspunkte sie bieten.
Bundeskanzler
Zum anderen, weil Scholz erst vor wenigen Tagen gegen den Einwand von sechs Ministerien einen Kompromiss durchboxte, der dem chinesischen Konzern Cosco den Einstieg im Hamburger Hafen erlaubt – und das zu einem Zeitpunkt, an dem Deutschland darüber debattiert, die Abhängigkeit von China zu verringern.
Sein erster China-Besuch wird also kein leichter für Scholz. Zum Image des Alleingangs kommt die mangelnde China-Strategie der Ampel-Koalition. Es herrscht Zoff über den Umgang mit der Volksrepublik. Dabei hatte man noch im Koalitionsvertrag "eine umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China-Politik" angekündigt.
Die Themen, die nun auf den Tisch kommen könnten, werden aber selbst in Deutschland teils kontrovers diskutiert.
Hebestreit: Es geht um ganze Bandbreite der Beziehungen zu China
Es werde um die ganze Bandbreite der Beziehungen zu China gehen, hatte Regierungssprecher
Auf den Tisch kommen sollen aber auch Fragen wie Investitionen oder die Öffnung chinesischer Märkte, ausserdem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Klimawandel und die "Spannungen in den Regionen Ostasiens".
Welche Themen bergen besonderen Zündstoff?
Russlands Krieg in der Ukraine
In Bezug auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine steht China zwischen den Stühlen: Es übt den Schulterschluss mit Moskau, wenn es um die Kritik an der Nato und dem Westen geht, doch es will auch seine guten wirtschaftlichen Beziehungen zu westlichen Handelspartnern nicht verlieren. Eine klare Verurteilung des Krieges ist Peking, das wichtige Rohstoffe aus Russland bezieht, daher bislang nicht über die Lippen gekommen.
Scholz dürfte beim Treffen mit dem chinesischen Staatspräsidenten deshalb auf Druck gegen Russland pochen. Eine Gelegenheit dafür könnte sich beim G20-Gipfel Mitte November bieten, zu dem Wladimir Putin wahrscheinlich kommen wird.
Die Möglichkeit, China aus der engen Beziehung mit Russland zu lösen, halten Beobachter hingegen für eine Illusion. China profitiert selbst von der Isolation Moskaus, denn es hat die Abhängigkeit von Peking verschärft.
Eins dürfte Peking aber sehr wohl wahrnehmen: Dass der Westen aus der jetzigen Erfahrung mit Russland lernen will – und seine Abhängigkeiten mit Erpressungspotenzial zu minimieren versucht. "Russland ist der Sturm. China ist der Klimawandel“, hatte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang jüngst in einer öffentlichen Anhörung gewarnt.
Im vergangenen Jahr war China erneut wichtigster Handelspartner von Deutschland. Die Rufe danach, die Abhängigkeit zu verringern, sind laut – besonders aus der deutschen Wirtschaft. "Einseitige Abhängigkeiten müssen wir rasch abbauen", forderte der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie, Siegfried Russwurm.
Deutschland sei von vielen mineralischen Rohstoffen heute stark von China abhängig. Im Gegensatz etwa zu Öl und Gas gebe es bei mineralischen Rohstoffen keine nationalen strategischen Reserven in Deutschland.
Kritische Infrastruktur im Fokus
Politisch und wirtschaftlich sei eine Entkopplung von der Volksrepublik aber "weder wünschenswert noch sinnvoll", so Russwurm. Diese Linie fährt auch Scholz, der nun eine Wirtschaftsdelegation dabei hat: Von China abwenden will er sich nicht, wohl aber Risiken minimieren, etwa mit Blick auf Lieferketten oder die Rohstoffversorgung.
Dass Scholz den Cosco-Deal bereits im Gepäck hat, ist vielen Beobachtern ein Dorn im Auge. Das Interesse chinesischer Investoren hat nachgelassen, die Sorge, China könne in schädlichem Masse Zugang zu Know-how bekommen, besteht aber weiter. Im Zusammenhang mit dem Cosco-Deal sprach Grünen-Politiker Robert Habeck sogar von dem "Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit".
Beteiligungsmoratorium steht im Raum
Risiken für kritische Infrastruktur sehen Experten auch im Fall des Dortmunder Chip-Herstellers "Elmos", der von einer Firma übernommen werden soll, die wiederum einem chinesischen Tech-Konzern gehört. Auch die Tatsache, dass noch immer viele Komponenten des chinesischen Konzerns Huawei im Zugangsnetz des Mobilfunks präsent sind, kritisieren viele.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU), stellte ein Verbot von Beteiligungen chinesischer Unternehmen an deutschen Firmen zur Debatte. "Die Bundesregierung muss jetzt schnellstmöglich eine Risikoanalyse vorlegen, in welchen Bereichen Unternehmensbeteiligungen aus Gründen der strategischen Unabhängigkeit eingeschränkt werden sollten", forderte Throm im Gespräch mit dem "Handelsblatt". Bis dahin sei ein zeitlich befristetes Beteiligungsmoratorium überlegenswert.
Protektionismus in der Kritik
Nach einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft sind die Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft in China in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen – die Abhängigkeiten von China haben sich damit nicht reduziert, sondern sind gewachsen.
Der deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) beklagt Gängelei durch die chinesischen Behörden für deutsche Manager. Mit Druckmitteln wie "Datenschutz" und "nationale Sicherheit" wird von ausländischen Unternehmen verlangt, technologische Entwicklungen offenzulegen.
Der DIHK rief Scholz deshalb dazu auf, sich für gleiche Spielregeln einzusetzen. "Der zunehmende Protektionismus in der Volksrepublik ist aus Sicht der deutschen Wirtschaft ein Problem", sagte der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Das Land setze selbst eher auf Abschottung, wolle aber überall in der Welt mehr mitmischen. "Auch bei uns in Deutschland", sagte Wansleben. Deshalb sei es so wichtig, dass der Bundeskanzler sich für "wechselseitig gleiche Regeln, also Reziprozität, einsetzt".
Lockerungen in der COVID-Strategie
Zuletzt hofft die Wirtschaft auf Lockerungen der Corona-Politik. China verfolgt seit Langem eine rigide Null-COVID-Politik. Städte wie Shanghai und Shenzen mussten teilweise wochenlang im Lockdown verharren.
Zuletzt gingen Bilder um die Welt, die zeigen, wie Mitarbeiter des Apple-Zulieferers Foxconn aus Angst vor neuen Lockdowns aus der chinesischen Fabrik flüchten. Dass Scholz hier einen Umschwung bewirken kann, ist aussichtslos.
Taiwan-Frage drängt sich auf
China hatte zudem zuletzt immer unverhohlener mit einem Angriff auf die Inselrepublik Taiwan gewarnt. Beobachter fürchten, der russische Angriff auf die Ukraine könne Peking als Blaupause dienen. Die Notwendigkeit, sich klar zu positionieren, ist gestiegen. Scholz hat aber bislang die Konfrontation mit Peking vermieden.
Während von den Ampel-Partnern Kritik an China kommt, scheint Scholz sein Kabinett hinter den Kulissen auszubremsen. Spätestens mit dem Cosco-Deal ist er nun jedoch Antworten schuldig: Was, wenn China gegenüber Taiwan Handelssanktionen verhängen würden? Wie würde dann der Hamburger Cosco-Hafen reagieren?
Auf dem Parteitag hatte
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