- Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine dominiert die erste USA-Reise Baerbocks als Aussenministerin.
- Mit ihrem US-Kollegen Blinken richtet sie eine klare Warnung an Moskau.
- Differenzen zeigen sich in der Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine.
Annalena Baerbock strahlt den "lieben Tony" Blinken an, als ob es niemals Differenzen zwischen Berlin und Washington gegeben hätte. Der US-Aussenminister tut am Mittwoch beim Antrittsbesuch seiner neuen deutschen Amtskollegin in den USA im Gegenzug alles, um den Eindruck tiefster transatlantischer Freundschaft zu hinterlassen. Es wirkt, als ob beide zeigen wollten, dass kein Blatt Papier zwischen sie passe.
Nicht nur, dass Blinkens Gespräch mit der Kollegin aus Berlin fast doppelt so lange dauert wie geplant. Auch beim gemeinsamen Auftritt vor Journalisten gibt der Hausherr
Russland fordert Frieden und Stabilität Europas heraus
Ärger wegen der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2? Klar, es gibt Differenzen. Waffenlieferungen an die Ukraine? Auch da hat man unterschiedliche Positionen. Der Umgang mit China? Nicht in allen Punkten sind sich Berlin und Washington einig. All diese Themen sprechen Baerbock und Blinken am Mittwoch auch an. Doch es entsteht der Eindruck: Die Dissonanzen sollen die demonstrative Einigkeit der beiden wichtigen transatlantischen Partner auf keinen Fall trüben.
Der Grund für soviel Schulterschluss: Der in der kommenden Woche anstehende Verhandlungsmarathon des Westens mit Russland bei der Suche nach einer Lösung im Konflikt Moskaus mit der Ukraine. "Das russische Handeln ist mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet", macht Baerbock die harte deutsche Haltung klar. Blinken ergänzt, sowohl Deutschland als auch die USA sähen im Vorgehen Russlands "eine unmittelbare und dringende Herausforderung für Frieden und Stabilität in Europa". Das effektivste Werkzeug gegen russische Aggression nach Ansicht Blinkens: Die "transatlantische Solidarität".
Baerbock und Blinken drohen mit Wirtschaftssanktionen
Einstimmig drohen Baerbock und Blinken Moskau für den Fall einer militärischen Eskalation mit harten Wirtschaftssanktionen. Beide betonen mehrfach, es gehe nicht um einen Alleingang der USA bei den anstehenden Verhandlungen, sondern um ein gemeinsames Handeln des Westens. Baerbock spricht es aus: Es könne "keine Entscheidung über Sicherheit in Europa ohne Europa" geben.
Es ist nicht Baerbocks erstes Treffen mit Blinken, Mitte Dezember haben sich beide schon beim Treffen der Aussenminister der G7-Gruppe der starken westlichen Wirtschaftsmächte in Liverpool intensiv ausgetauscht. Zuhause in Berlin gibt es Sorgen, die USA und Russland könnten Deutschland und Europa bei ihren Verhandlungen über eine Lösung der Krise aussen vor lassen. In Washington tun nun beide Seiten alles, um diese Befürchtungen zu zerstreuen.
Es geht um viel bei den Verhandlungen mit Russland kommende Woche: Zuerst gibt es ein Expertentreffen von Amerikanern und Russen in Genf, dann Beratungen im seit Langem nicht genutzten Nato-Russland-Rat. Zudem soll es Gespräche im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben. Dass es ein schnelles Ergebnis gibt, glauben wohl weder Baerbock noch Blinken. Kann man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin tatsächlich trauen? Nur eines machen die Deutsche und der Amerikaner erneut klar: Bei einem militärischen Einmarsch Moskaus in der Ukraine werde es scharfe Wirtschafts- und Finanzsanktionen geben.
Für Baerbock ist der Wohlfühltermin in der US-Hauptstadt wichtige Rückendeckung für ganz harte Brocken, die in den kommenden Wochen auf sie zukommen könnten. Gut möglich, dass die 41-Jährige demnächst eine Art Vermittlungsmission auch nach Kiew und Moskau führt. Spannend dürfte sein, wie Russlands Aussenminister Sergej Lawrow die Neue dann empfängt - auch wegen Baerbocks lautstarker Ankündigungen, gegenüber Russland und China mehr als die schwarz-rote Vorgängerregierung auf die Menschenrechte zu pochen. (ash/dpa)
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