Nervenkrieg in der Ostukraine: Seit Freitag befinden sich sieben OSZE-Beobachter in der Gewalt prorussischer Separatisten - darunter auch vier Deutsche. Die Bundesregierung fordert die sofortige Freilassung, Separatistenführer Wjatscheslaw Ponomarew will einen Gefangenaustausch. Warum werden die OSZE-Beobachter festgehalten, sind die Gefangenen in Gefahr und wie wahrscheinlich ist eine baldige Freilassung der Inspekteure?
Noch immer befinden sich sieben Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), die am Freitag gemeinsam mit ukrainischen Soldaten inhaftiert wurden, in der Gewalt prorussischer Separatisten. Zu der Gruppe gehören vier Deutsche, ein Tscheche, ein Pole und ein Däne. Ein schwedischer Offizier wurde aus gesundheitlichen Gründen bereits am Samstag freigelassen. Die wichtigsten Fragen zur Inhaftierung der OSZE-Beobachter.
Warum waren die OSZE-Mitarbeiter in der Ukraine?
In der ostukrainischen Stadt Slawjansk wurde am Freitag ein Bus der OSZE-Beobachterinspektion gestoppt. Den Separatisten zufolge hätten die Beobachter keine Genehmigung für ihre Mission. Ihnen wird Spionage vorgeworfen. Die OSZE betonte am Samstag, dass es sich bei den Festgenommenen um Militärbeobachter handele, die sich auf Einladung der ukrainischen Regierung und Zustimmung der OSZE-Mitgliedsstaaten im Land aufhielten. Sie sind somit legal in der Ukraine.
Unter welchem Vorwand werden die OSZE-Beobachter festgehalten?
Der selbsternannte Bürgermeister von Slawjansk und Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarew bezeichnet die Militärinspekteure als Kriegsgefangene und nicht als Geiseln. Als Kriegsgefangene werden Personen bezeichnet, die laut Genfer Konvention an einem politischen Konflikt beteiligt sind oder einer militärischen Befehlsstruktur angehören. Voraussetzung für diesen Status ist das Tragen einer Uniform beziehungsweise eindeutige Erkennungszeichen.
Bei ihrer Festnahme trugen die OSZE-Beobachter keine Zivilkleidung und hatten offenbar Kartenmaterial mit markierten Checkpoints bei sich, sagen die prorussischen Separatisten. Laut Ponomarev rechtfertigt das den Vorwurf der Spionage. Der Sprecher des deutschen Aussenministeriums, Martin Schäfer, wies diese Vorwürfe jedoch als "total abwegig" zurück.
Sind die Gefangenen in Gefahr?
Am Samstagabend äusserte sich der ukrainische Präsidentschaftskandidat Pjotr Proschenko besorgt über die Lage der entführten OSZE-Mitarbeiter. "Die deutschen Geiseln sind in grösster Gefahr, denn diese Terroristen haben bereits gezeigt, dass sie zu allem bereit sind", sagte er der "Bild am Sonntag". In einer Pressekonferenz am Sonntag wurde das OSZE-Team im Rathaus von Slawjansk den Medien präsentiert.
Der Leiter der OSZE-Beobachtergruppe Axel Schneider betonte dort, dass sich die Gefangenen in guter gesundheitlicher Verfassung befänden. Am Freitag sei das Team in einem Keller untergebracht gewesen, seit Samstag hielten sie sich jedoch in einem komfortableren Raum mit Tageslicht und Klimaanlage auf. Doch stellt sich die Frage, wie offen Schneider in der Situation sprechen konnte.
Was haben die Separatisten mit den OSZE-Beobachtern vor?
Milizenführer Ponomarew bestätigte, dass eine OSZE-Delegation zu Gesprächen über eine Freilassung in Slawjansk erwartet werde. Er sagte, man befinde sich in einer "Kriegssituation" und lasse die Männer nicht einfach laufen. Die deutsche Bundesregierung fordert eine sofortige Freilassung, Ponomarew hingegen will die OSZE-Mitarbeiter nur im Tausch gegen inhaftierte Rebellen, die derzeit in ukrainischen Gefängnissen sitzen, gehen lassen.
Wie wahrscheinlich ist eine baldige Freilassung?
Der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter bezeichnete die Inhaftierung der Militärbeobachter als inakzeptabel. Die Sicherheit der internationalen Beobachter im Land müsse garantiert werden. Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier teilt in einer Meldung des Auswärtigen Amts mit, die "öffentliche Zurschaustellung der OSZE-Beobachter und der ukrainischen Sicherheitskräfte als Gefangene ist abstossend und verletzt in eklatanter Weise die Würde der Betroffenen".
Die Regierung Russlands hatte zugesagt, sich für die Freilassung einzusetzen. Ministeriumssprecher Martin Schäfer appellierte an Moskau, den Zusagen zur Hilfeleistung Taten folgen zu lassen. Dies sei jedoch noch nicht geschehen. Auch Steinmeier forderte die russische Regierung auf, "ein klares Zeichen zu setzen, dass sie das, was in Slawjansk mit den ausländischen OSZE-Beobachtern geschehen ist, nicht akzeptiert." Aufgrund der Forderung der Separatisten gilt eine baldige Freilassung jedoch als unwahrscheinlich. Damit geht der Nervenkrieg um die inhaftierten OSZE-Beobachter in der Ukraine weiter.
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