Oft läuft EU-Politik unter dem Radar der Öffentlichkeit. Anders im Fall der geplanten Urheberrechtsreform. Tausende gehen gegen die Pläne auf die Strasse, weil sie das freie Internet in Gefahr sehen. Die konservative Fraktion im EU-Parlament wollte eilig eine Entscheidung herbeiführen. Jetzt rudert die EVP zurück.

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Die konservative Europäische Volkspartei will nach den Worten ihres Fraktionschefs Manfred Weber nun doch nicht darauf dringen, bereits in der kommenden Woche im EU-Parlament über die Copyright-Reform abzustimmen. "Die Abstimmung über dieses Urheberrecht findet Ende März statt, so wie geplant, und wird auch nicht geändert werden", sagte der CSU-Politiker am Dienstagabend der ARD. Zur konservativen Parteienfamilie der EVP gehören auch CDU und CSU.

Ein EVP-Sprecher hatte der Deutschen Presse-Agentur zuvor gesagt, die Fraktion wolle sobald abstimmen wie möglich. Ob eine Abstimmung schon in der kommenden Woche möglich sei, hänge davon ab, ob die Übersetzer des Parlaments in der Lage sein werden, das Gesetz rechtzeitig in alle EU-Sprachen zu übertragen. Ein Sprecher des Parlaments konnte am Dienstag auf Anfrage zunächst nicht sagen, wie weit die Übersetzer sind.

Das Parlamentsvotum war bislang für Ende März angesetzt gewesen. Vorher - am 23. März - wollen Kritiker der Reform in mehreren EU-Ländern, neben Deutschland etwa in den Niederlanden, in Österreich und in Polen, gegen das Vorhaben auf die Strasse gehen.

Tausende Gegner demonstrieren spontan

Eine Verschiebung des Abstimmungstermins hätte Fraktionschef Weber am kommenden Donnerstag in der Konferenz der Präsidenten vorschlagen müssen. In diesem Gremium sitzen Parlamentspräsident Antonio Tajani und die Vorsitzenden der Fraktionen. Voraussetzung ist, dass alle Übersetzungen des Gesetzes vorliegen.

Gegner der Reform sehen im Vorstoss, die Abstimmung auf nächste Woche vorzuziehen, vor allem den Versuch, den europaweiten Protesten am 23. März zuvorzukommen. "Demokratie lebt davon, dass man auf Demonstrationen Abgeordneten mitteilen kann, dass sie falsch liegen. Das haben junge Menschen europaweit für den 23. März geplant", sagte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. "Die Abstimmung bewusst vorzuverlegen, ist zutiefst undemokratisch."

Nachdem Hinweise darauf öffentlich geworden waren, dass die EVP schon kommende Woche abstimmen will, formierte sich auch kurzfristiger Widerstand. In Berlin demonstrierten am Dienstagabend Tausende gegen die Reform.

Bei einer "Spontan-Demo" zogen sie mit Transparenten und Trillerpfeifen vor die CDU-Zentrale. Die Polizei sprach von Teilnehmern im unteren Tausenderbereich. Auch in anderen deutschen Städten gab es Demonstrationen.

Zensur durch Upload-Filter?

Auch in Stuttgart versammelten sich nach Angaben der Piratenpartei Hunderte Menschen vor der dortigen CDU-Geschäftsstelle. "Die heutigen spontanen Demos sind ein Vorbote dafür, was am 23. März in ganz Europa zu erwarten ist", sagte Michael Knödler, Landeschef der Piratenpartei in Baden-Württemberg, laut Mitteilung.

Bereits am vergangenen Samstag hatten in Berlin rund 3.500 Menschen gegen die Reform demonstriert.

Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten hatten sich Mitte Februar auf eine Urheberrechtsreform geeinigt. Umstritten sind vor allem zwei Elemente: Zum einen das sogenannte Leistungsschutzrecht, das vorsieht, dass Aggregatoren wie Google für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten in ihren Suchergebnissen künftig Geld an Presseverlage zahlen müssen. Zum anderen Artikel 13, der deutlich mehr Pflichten zum Urheberrechtsschutz für Plattformen wie YouTube vorsieht.

Kritiker fürchten, dass die Plattformen den Vorgaben nur nachkommen können, wenn sie Upload-Filter einsetzen, mit denen sie beim Hochladen prüfen können, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Dadurch drohe Zensur. (dpa/mcf)

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