- Umweltverbände warnen vor einem Abschluss des Mercosur-Abkommens in seiner jetzigen Form.
- Der Chef der deutschen Umwelthilfe sagte, Wirtschaftsinteressen würden in dem Abkommen dem Klimaschutz vorgezogen.
- Greenpeace nennt das Abkommen "klimaschädlich" und "neokolonialistisch".
Umweltverbände pochen auf eine stärkere Berücksichtigung des Natur- und Klimaschutzes in einem Handelsabkommen zwischen der EU und der lateinamerikanischen Mercosur-Freihandelszone. "Das EU-Mercosur-Abkommen gefährdet in seiner jetzigen Form Klima, Natur und Menschenrechte", warnte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner am Montag in Berlin. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die Umweltschutzorganisation Greenpeace verlangten einen kompletten Neustart der Verhandlungen.
Um das Freihandelsabkommen wird seit Jahren gerungen. Bundeskanzler Olaf-Scholz (SPD), der derzeit mehrere lateinamerikanische Länder bereist, hatte sich am Wochenende in Argentinien für einen zügigen Abschluss des Vertrages ausgesprochen, der wechselseitige Handelserleichterungen vorsieht.
Der derzeit vorliegende Vertragstext ignoriere sowohl die rechtlichen Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens als auch des Weltnaturschutzvertrages von Montreal, kritisierte Müller-Kraenner. Der DUH-Geschäftsführer kritisierte, das Abkommen trage einseitig "die Handschrift grosser Wirtschaftsinteressen". Ein zentrales Anliegen müsse aber der Schutz des Amazonas-Regenwaldes sein.
Verbände: Zu wenig Verpflichtungen für Unternehmen
Ein modernes Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten müsse "einen erkennbaren Beitrag dazu leisten, die Handelsbeziehungen umwelt- und menschengerecht zu transformieren", forderte die Deutsche Umwelthilfe. So müsse ein Abkommen den Export von Produkten unterbinden, die in der EU aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes nicht zugelassen sind, etwa hochgiftige Pestizide.
Zudem dringt die Umwelthilfe auf "bindende Verpflichtungen zur Regulierung und Eindämmung von Produkten, die Wälder und Ökosysteme beeinträchtigen". Die Vertragsparteien müssten sich ausserdem "zur Durchsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten etwa in Form von Lieferkettengesetzen verpflichten".
"Das EU-Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form gehört zu einer überholten Handelspolitik des zwanzigsten Jahrhunderts", erklärte Roland Süss, Mitglied des Attac-Koordinierungskreises. "Es steht in seinen Kernelementen in direktem Widerspruch zu Klimaschutz, Ernährungssicherheit und Menschenrechten", warnte auch er.
Greenpeace Chef: "Abkommen ist naturfeindlich"
"Der Kanzler legt heute in Brasilien ein veraltetes, klimaschädliches, neokolonialistisches und naturfeindliches Abkommen wieder auf den Verhandlungstisch und fordert die beschleunigte Unterzeichnung", kritisierte Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser. "Für den Rest der Welt wäre das Abkommen einen Katastrophe", erklärte Kaiser weiter. Es erhöhe den Druck auf den Regenwald "und befeuert die Klimakrise durch die Ankurbelung des Verkaufs von Verbrenner-Autos und Rindfleisch weiter". Kleinere Nachbesserungen an dem vorliegenden Text reichten daher nicht aus.
Auf einen "besseren Schutz von Brasiliens wertvollen Naturschätzen und den Rechten der Indigenen Gemeinschaften", drängte in Verbindung mit dem geplanten EU-Mercosur-Abkommen auch der Umweltverband WWF. Der Vertrag müsse verbindliche und messbare Ziele zum Schutz der Natur, sowie ein Klagerecht enthalten, damit das Abkommen "die Rechte der Indigenen, das Klima und die Natur schützt", erklärte der geschäftsführende WWF-Vorstand Christoph Heinrich.
Scholz will am Montagnachmittag (Ortszeit) in Brasilien zusammen mit Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) den neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva treffen. Auch dabei dürfte das EU-Mercosur-Abkommen eine Rolle spielen. Allerdings hat sich Lula anders als sein Vorgänger Jair Bolsonaro auch zu einem effektiven Schutz des Amazonas-Regenwalds verpflichtet. (afp/lko)
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