Erst hat Saudi-Arabien das Verschwinden des Journalisten Khashoggi in Istanbul bestritten, dann Beweismittel beseitigt, dann seine Ermordung eingeräumt. Glaubhafte Hinweise belasten den saudischen Kronprinzen nach Angaben einer UN-Expertin. Sie fordert Sanktionen.

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Eine UN-Menschenrechtsexpertin sieht "glaubhafte Hinweise" auf eine persönliche Verantwortung des saudischen Kronprinzen für die Tötung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi.

Zur Klärung der Schuldfrage sei allerdings eine weiterführende Untersuchung nötig, schrieb Agnès Callamard in ihrem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat, der am Mittwoch in Genf veröffentlicht wurde. Kronprinz Mohammed bin Salman war mehrfach als Drahtzieher der Bluttat verdächtigt worden.

Khashoggi (59) war in Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem aus Riad eigens angereisten Spezialkommando ermordet worden, als er Papiere für seine Hochzeit abholen wollte. Das hat die saudische Führung nach internationalem Druck eingeräumt und elf Männer vor Gericht gestellt.

UN fordert Sanktionen gegen Mohammed bin Salman

Callamard, UN-Sonderberichterstatterin für aussergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen, fordert internationale Sanktionen gegen den Kronprinzen.

Zwar gelte für jeden immer die Unschuldsvermutung. Aber bei anderen Sanktionen werde darauf auch keine Rücksicht genommen.

Internationale Standards seien nicht bekannt. "Bis solche Standards veröffentlicht sind und ihre Anwendbarkeit auf Einzelpersonen ausgeführt ist, gibt es keinen Grund, warum Sanktionen nicht gegen den Kronprinzen und seinen persönlichen Besitz verhängt werden sollten", schrieb Callamard.

Sie kritisierte eine in ihren Augen lahme internationale Reaktion, auch, wenn einige Staaten Sanktionen verhängt hätten. "Diese müssen fortgesetzt werden. Sie sind wichtig, aber unzureichend", erklärte Callamard. "Diese Sanktionen gegen 17 Personen vernebeln die Tatsache, dass der Staat verantwortlich ist."

Entsendung des Mordkommandos ohne Bin Salmans Wissen unwahrscheinlich

Nach Einschätzung Callamards ist es nicht glaubhaft, dass die Entsendung des saudischen Mordkommandos ohne das Wissen von Kronprinz Mohammed bin Salman erfolgt sein könnte. Er habe allgemein die Verfolgung von Dissidenten zugelassen.

Ausserdem hätte die Zerstörung der Beweismittel nach dem Mord im Konsulat in Istanbul nicht stattfinden können, ohne dass der Kronprinz Bescheid wusste.

"Die Sonderberichterstatterin ist zu dem Schluss gekommen, dass es glaubhafte Hinweise gibt, die weitere Untersuchungen zur individuellen Verantwortung ranghoher saudischer Vertreter, einschliesslich des Kronprinzen, rechtfertigen", schrieb Callamard.

"Zur Schuld ist es zu keiner abschliessenden Beurteilung gekommen. Der einzige Schluss ist, dass es glaubhafte Belege gibt, die weitere Untersuchungen durch geeignete Behörden verdienen, um festzustellen, ob die Schwelle krimineller Verantwortung überschritten worden ist."

Es sei viel darüber spekuliert worden, ob Kronprinz Mohammed bin Salman persönlich den Auftrag zur Ermordung Khashoggis gegeben habe, schrieb Callamard. Diese Konzentration auf einen möglichen Befehl und die Suche nach einem "rauchenden Colt" wecke Erwartungen, die womöglich nicht erfüllt werden könnten.

Es sei bei Menschenrechtsverletzungen mindestens genauso wichtig, diejenigen zu identifizieren, die ihren Einfluss und ihre Macht ausgenutzt hätten, die nicht so sorgfältig gehandelt hätten, wie es ihr Amt verlange. (jwo/dpa)  © dpa

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