Im Jahr eins nach CDU-Chefin Merkel zeigt sich der Unions-Nachwuchs erstmal zufrieden mit der neuen Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer. Aber er macht auch klar: Es kann gerne noch viel konservativer werden.
Selbst die Bayern sind aufgestanden, es werden weiss-blaue Rautenfähnchen geschwenkt: Minutenlang applaudiert der Unions-Nachwuchs
Die jungen Männer und Frauen aus CDU und CSU zeigen beim JU-Deutschlandtag im Jahr eins nach CDU-Chefin Merkel vor allem eins: Wie erleichtert sie sind, dass der jahrelange quälende Streit zwischen den schwarzen Schwestern über die Migrationspolitik der Kanzlerin mit dem Wechsel an den Parteispitzen von CDU und CSU beendet scheint.
Es wird so viel gejohlt und geklatscht wie zuletzt selten auf Deutschlandtagen. Vor allem dann ist die Begeisterung gross, wenn markige und konservative Töne gegen die Grünen, in der Migrations- oder der Klimapolitik etwa gegen "den Abmahnverein" Umwelthilfe gerufen werden. Wenn Kramp-Karrenbauer will, kann sie vor allem ein Signal vom Nachwuchs mitnehmen: Dass die JU einen konservativeren Kurs von der Parteispitze verlangt.
Der Reihe nach: Der scheidende JU-Chef Paul Ziemiak gibt den Ton des Tages vor, als er in seiner Abschiedsrede gegen die SPD austeilt ("Fastenzeit an guten Ideen"), und AKK, wie die neue Chefin auch von der Parteijugend genannt wird, gegen Attacken etwa der Grünen wegen ihrer Karnevalswitzes auf Kosten des dritten Geschlechts verteidigt. Am Ende bekommt Ziemiak tosenden Applaus: Die Delegierten werden ihm damit auch Danken zollen, dass er den Unionsnachwuchs trotz des erbitterten Streits in den Mutterparteien zusammengehalten hat.
Einigkeit der Union
Auch in Kramp-Karrenbauers Rede geht es dann gegen den Koalitionspartner SPD, die Grünen, die FDP. Schliesslich sei der Klimaschutz zu wichtig, als dass man ihn den Grünen überlassen könne. Besonders viel Szenen-Applaus bekommt die Vorsitzende, als sie in die Runde ruft, dass sie die aktuellen Klima-Demonstrationen der Schüler noch glaubwürdiger finden würde, wenn diese nicht in der Schulzeit auf die Strasse gehen würden.
Fast am Ende ihrer Rede beschwört Kramp-Karrenbauer die Einigkeit der Union nach dem zurückliegenden zerstörerischen Streit: CDU und CSU seien wieder stark, weil sie den Schulterschluss üben würden. Einen Denkzettel verteilt sie in Richtung hartnäckiger Quälgeister wie den Vertretern der besonders konservativen Werte-Union. "Wir sind eine Union der Werte", ruft die Vorsitzende, ohne die Werte-Union beim Namen zu nennen. Wo es ende, wenn die Union in Flügeln und weltanschaulichen Gruppen denke, könne man ja an den Sozialdemokraten sehen. Die Union sei stark, weil sie für viele ein Angebot habe.
In der Fragerunde wird es kurz spannend, als die Vorsitzende von einer jungen Frau gefragt wird, wie sie es mit Parteitagsbeschluss von Hamburg halte, die Doppelbesteuerung von Betriebsrenten zu beenden.
Es würden viele Enttäuschte bei der Abschaffung der Doppelbesteuerung zurückbleiben, sagt sie kurz. In der Gesamtschau der Dinge ganz oben auf ihrer Prioritätenliste stehe dieses Problem nicht. Und kommt nach der von den Delegierten umjubelten Frage eines Bundeswehr-Piloten ("Wie stehen Sie zur Bundeswehr") direkt auf das Thema Verteidigung zu sprechen.
Bewerbungsreden von Kuban und Gruhner
Das Parlament müsse ja wohl dafür sorgen, dass die Chance bestehe, dass die Soldaten gesund aus dem Einsatz zurückkämen, sagt AKK da. Wenn es also um die Frage gehe, wo man das Geld einsetzen solle, sei für sie klar: Die Verteidigung stehe da ganz oben auf ihrer Agenda. Das kommt gut an bei den jungen Konservativen.
Bei den Vorstellungsreden für die Spitze der JU schenken sich beide Kandidaten nichts. Der 31 Jahre alte niedersächsische JU-Vorsitzende Tilman Kuban und der 34-Jährige Chef der JU Thüringen, Stefan Gruhner, teilen beide gegen den Lieblingsgegner von den Grünen und auch die SPD kräftig aus. Die jungen CDU- und CSUler johlen ohrenbetäubend - ein wenig mehr bei Kuban, so scheint es schon bei den Bewerbungsreden.
Der Niedersachse dreht den Ton in der Gender-Debatte noch ein paar Umdrehungen lauter als Kramp-Karrenbauer im Karneval. Er redet sich über "Schultoilette des dritten bis 312. Geschlechts" heiss, die Delegierten johlen und skandieren "Tilman, Tilman", als er ruft, in Deutschland sei nicht willkommen, wer sich nicht an die Gesetze halten wolle. Immerhin gelte hier nicht die Scharia.
Auch Juso-Chef Kevin Kühnert bekommt sein Fett weg. Der beklatsche in Berlin jene, die Hausbesitzer enteigneten: "Kevin, macht Dein Studium fertig, dann kannst Du Dir 'ne eigene Wohnung leisten." Solche Sprüche kommen an in der Jungen Union nach Merkel: Am Ende stimmen 200 der 320 Delegierten für Kuban. Der Ton wird rauer und konservativer in der Union - jedenfalls, wenn es nach der JU geht.
(dpa/fra)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.