US-Präsident Joe Biden hat in einer emotionalen Parteitagsrede auf sein politisches Vermächtnis zurückgeblickt und zugleich die US-Demokraten auf Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris eingeschworen.

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Der 81-Jährige, der erst vor einem Monat auf die erneute Präsidentschaftskandidatur verzichtet hatte, sagte in seinem stürmisch bejubelten Auftritt am Montagabend bei der Versammlung der Demokratischen Partei in Chicago seine energische Unterstützung für Harris zu: Er verspreche, "der beste Freiwillige" der Harris-Kampagne zu sein.

Harris übernimmt von Biden

Nach Bidens rund einstündiger Rede kam Vizepräsidentin Harris auf die Bühne und gab ihm eine lange Umarmung. Es war ein hochemotionaler Moment, in dem sich die Übergabe der Führungsrolle in der Demokratischen Partei von Biden an Harris kristallisierte. Zuvor hatte Biden seine Stellvertreterin als "zäh" und "erfahren" sowie als Menschen von "enormer Integrität" gerühmt. Sie zur Vizepräsidentin gemacht zu haben, sei die "beste Entscheidung" seiner gesamten Laufbahn gewesen.

US-Präsident Joe Biden (r.) übergab den sinnbildlichen Staffelstab an seine Vizepräsidentin Kamala Harris. © IMAGO/UPI Photo/TANNEN MAURY

Biden hatte im Juli angesichts der heftigen parteiinternen Debatte über seinen geistigen Zustand auf seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im November verzichtet und für Harris als seine Nachrückerin plädiert. Sie wurde dann Anfang August in einem elektronischen Votum als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten nominiert.

Biden bestritt, "wütend" auf jene in der Partei zu sein, die ihn zum Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen gedrängt hatten. "Ich liebe meinen Job, aber ich liebe mein Land mehr", sagte er und fügte hinzu: "All das Gerede darüber, dass ich wütend auf all die Leute bin, die gesagt haben, ich soll abtreten – das stimmt nicht."

Biden schiesst gegen Trump

Den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump bezeichnete Biden als "Verlierer" sowie erneut auch als Gefahr für die US-Demokratie. Trump habe ein "Blutbad" angekündigt, wenn er die Wahl verliere – und dass er bei seinem Sieg ein "Diktator" an Tag eins seiner neuen Amtszeit sein werde – und "dieser Trottel meint das so", warnte Biden.

Biden pries seine Bilanz in der Wirtschafts- und Sozialpolitik und bescheinigte sich selbst, nach der Trump-Präsidentschaft und dem Sturm von fanatischen Trump-Anhänger auf das Kapitol in Washington im Januar 2021 "die Seele Amerikas" geheilt zu haben.

In der Rede blickte Biden mit viel Emotion auf seine lange politische Laufbahn zurück. Mit einem Zitat aus einem Lied der Sängerin Norah Jones fasste er sein Vermächtnis zusammen: "Amerika, Amerika, ich habe dir mein Bestes gegeben."

Emotionaler Abschied

Harris hatte Bidens Lebensleistung zu Beginn des Parteitags gewürdigt. Die Partei sei ihm "auf ewig dankbar", sagte die 59-Jährige in einer unangekündigten Kurzansprache. Biden standen dann zu Beginn seines Auftritts die Tränen in die Augen, nachdem ihn seine Tochter Ashley angekündigt hatte. Von der Menge im Saal wurde er mit etwa vierminütigem Jubel und "Wir lieben Joe!"-Sprechchören begrüsst. "Ich liebe Euch", antwortete der Präsident.

Joe Bidens Tochter Ashley begleitete ihren Vater bei seinem Auftritt auf dem Parteitag der Demokraten. © IMAGO/UPI Photo/TANNEN MAURY

Nach seiner Rede kamen neben Harris auch First Lady Jill Biden sowie weitere Mitglieder der Biden-Familie auf die Bühne. Der weitere Verlauf des Parteitags wird nun vor allem darauf ausgerichtet sein, Harris als Lichtgestalt zu inszenieren. In einer Rede zum Abschluss der Versammlung am Donnerstag wird sie ihre Nominierung für die Wahl im November formell akzeptieren.

Die Kandidatur der 59-Jährigen hat enormen Enthusiasmus in der Demokratischen Partei ausgelöst. Harris wäre die erste Frau, Afroamerikanerin und Person mit asiatischen Wurzeln im US-Präsidentenamt. (afp/bearbeitet von the)

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