- Nancy Cordes ist CBS-Chefkorrespondentin für das Weisse Haus in Washington. Aus nächster Nähe berichtet sie über die Biden Administration und die Vorgänge im Weissen Haus.
- Im Interview spricht die US-Amerikanerin über Lektionen für Journalisten durch Trumps Präsidentschaft, mediale Aufmerksamkeit für den ehemaligen Präsidenten und die jetzige Stimmung im Briefing Room.
Ex-Präsident Donald
Nancy Cordes: Nein, sie werden immer noch genug zu tun haben. Sie haben in der Vergangenheit nicht nur Trumps Aussagen geprüft, sondern es gab auch jede Menge anderer Leute in der Regierung, die Sachen sagten, die nur teilweise stimmten oder völlig aus dem Kontext gerissen waren. Wir werden über
Den POTUS-Twitter-Account hat er schon verloren und auch die generelle mediale Aufmerksamkeit für Trump dürfte nun deutlich geringer ausfallen. Wie viel Platz in der Berichterstattung werden die US-Medien ihm noch einräumen?
Das ist eine wichtige und schwierige Frage. Er wird zeitnah wegen Amtsvergehen angeklagt, dann wird er jede Menge Aufmerksamkeit bekommen. Trump hat angekündigt, er werde nicht selbst aussagen, aber er wird trotzdem im Fokus des Verfahrens im Senat stehen. Trump wird die mediale Debatte im Verlauf der Woche dominieren. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Es hängt teilweise davon ab, was er selbst tut – geniesst er das Leben als Privatmensch oder entscheidet er sich, in der Öffentlichkeit wieder neu aufzutauchen? Strebt er an, ein Medien-Imperium aufzubauen, wie er angekündigt hat? Ist er mit Anfechtungsklagen konfrontiert, die ihn zurück auf die Bildschirme der Nachrichtensender bringen? Es hängt auch davon ab, inwieweit Trump die republikanische Partei weiter dominiert. Wenn er weiterhin der faktische Parteiführer bleibt, wird er eine Menge Aufmerksamkeit bekommen. Wenn die Republikaner im Kongress von Trump abrücken – was sie am Ende vermutlich nicht tun werden, aber sie könnten es – dann würde er deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen.
Nancy Cordes: "Umfragen sind Richtungsweiser, aber nicht das letzte Wort"
2016 haben viele Experten und Beobachter, einschliesslich der Medien, es nicht für möglich gehalten, dass jemand wie Trump Präsident werden könnte. Lagen Sie damals ebenfalls falsch und wie sicher waren Sie sich diesmal, dass Trump abgewählt werden würde?
Jeder hat gedacht, dass Hillary Clinton gewinnen würde, denn die Umfragen haben vorausgesagt, dass das der Fall sein wird. Im Nachhinein gab es zwar einige Hinweise auf Trumps Sieg, aber nichtsdestotrotz habe ich gelernt, nie wieder Vorhersagen zu tätigen. Auch wenn die Umfragen diesmal darauf hingedeutet haben, dass Joe Biden 2020 gewinnen wird, hatte ich mir vorgenommen, weder in die eine noch die andere Richtung eine Vorhersage zu treffen. Aber auch unabhängig von der Erfahrung 2016: Bei jeder Wahlberichterstattung, die ich in den letzten 20 Jahren gemacht habe, ist etwas Überraschendes dabei. Es gibt oft jemanden, der gewählt wird und den Umfragen trotzt. Trump hat das diesmal nicht getan, aber viele Republikaner haben einen Platz im Kongress gewonnen. Der statistischen Wahrheit ist das quasi ins Gesicht geflogen. Das war eine erneute Erinnerung: Umfragen sind ein guter Richtungsweiser, aber sie sind nicht das letzte Wort.
Gibt es etwas, das Journalisten auch durch Trumps Präsidentschaft lernen konnten?
Am Anfang seiner Präsidentschaft taten sich viele Journalisten schwer damit, Dinge, die er und andere Politiker sagten, die vollkommen unwahr waren, zu benennen. Es wurde viel darüber debattiert, ob Journalisten dabei von Lügen sprechen sollten oder nicht. Viele Journalisten fühlten sich nicht wohl damit, von Lügen zu sprechen, weil der Begriff impliziert, dass die sprechende Person weiss, dass die Aussage falsch ist und sie dennoch tätigt. Diejenigen meinten, es sei nicht die Aufgabe von Journalisten zu beurteilen, ob der Sprecher etwas wirklich glaubt, oder weiss, dass es falsch, irreführend oder ohne Faktengrundlage ist. In den letzten vier Jahren haben Journalisten gelernt, schlicht und einfach zu erklären, dass etwas nicht wahr ist und zu erklären, warum es nicht wahr ist. Das war eine wichtige Lektion – insbesondere vor dem Hintergrund der Wahlen 2020, bei denen nicht nur der Präsident, sondern auch viele Unterstützer im Kongress darauf beharrten, Trump habe die Wahlen gewonnen, ohne dass das der Fall war.
Kapitol-Stürmer haben wahrscheinlich Lektion gelernt
Am 6. Januar haben Tausende radikale Trump-Anhänger das Kapitol in Washington D.C. gestürmt. Bezüglich Ihres eigenen Sicherheitsempfindens: Fürchten Sie sich als Journalistin?
Nein, ich mache mir persönlich keine Sorgen. Ich selbst war im Kapitol, als es passierte, aber ich war glücklicherweise in Sicherheit. Wenn man ein Leben in Angst verbringt, kann man meinen Job nicht machen. Ich denke, viele Leute, die am Angriff teilgenommen haben, haben am eigenen Leib erfahren: Das war kein Ausdruck von Patriotismus, sondern hat ernsthafte rechtliche Konsequenzen. Sie wurden festgenommen und müssen auf erhebliche Anklagen gefasst sein. An jene, die unter Umständen in diese Fussstapfen getreten wären, sendet es das Signal: Es ist eine schreckliche Idee, gewaltsame Verbrechen gegenüber denen zu begehen, die man für politische Gegner hält.
Wie ist die Atmosphäre im Press Briefing Room des Weissen Hauses? Ist alles wieder beim Alten oder hat Trump ein Erbe hinterlassen?
Es frustriert Journalisten immer, wenn sie nicht all die Informationen vom Weissen Haus bekommen, die sie gerne hätten. Das ist eine Konstante und ich bin mir sicher, auch mit Biden im Weissen Haus wird sich das nicht ändern. Die Biden Administration ist stark darum bemüht, zu zeigen, dass sie zu vielen Traditionen und Normen zurückkehrt, die vorherige Präsidenten stets bereitwillig angenommen haben und dass ihr diese Traditionen sehr wichtig sind. Viele Journalisten sind erleichtert, dass es endlich wieder White House Briefings gibt und sie darin wieder über politische Probleme sprechen können. Wir freuen uns, dass wir Offiziellen im Weissen Haus wieder Fragen stellen können. Und auch, wenn wir nicht all die Antworten bekommen, die wir uns erhoffen: Immerhin können wir grösstenteils davon ausgehen, dass die Antworten auf Fakten basieren.
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