• China verschärft die Spannungen mit Taiwan und den USA.
  • Nie zuvor haben so viele Militärflugzeuge die Luftabwehr Taiwans getestet wie an diesem Wochenende.
  • Die USA reagieren auf die Provokation mit deutlichen Worten.

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Mit militärischen Provokationen gegenüber Taiwan hat China am Wochenende seinen Herrschaftsanspruch über die freiheitliche Inselrepublik untermauert. Um den chinesischen Nationalfeiertag schickte Chinas Militär als Demonstration der Stärke zwei Tage in Folge eine Rekordzahl von Flugzeugen in Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung (ADIZ).

Nach 38 Maschinen am Nationalfeiertag am Freitag meldete Taiwans Verteidigungsministerium am Samstag sogar 39 Flugzeuge - so viele wie nie zuvor. Am Sonntag waren es tagsüber auch wieder 16. Die Flüge erfolgten bei Tag und bei Nacht. Auch stammten die Flugzeuge von verschiedenen Geschwadern, wie die Nachrichtenagentur CNA berichtete.

Als Reaktion aktivierte Taiwan seine Raketenabwehr und schickte selbst Flugzeuge in die Luft, um die chinesischen Kampfjets vom Typ J-16 und Suchoi Su-30 sowie Transport- und Frühwarnflugzeuge zu beobachten.

Auch wurden die chinesischen Piloten über Funk verwarnt. Premierminister Su Tseng-chang verurteilte das Vorgehen Pekings als widerrechtlich und sagte, China unterhöhle den Frieden in der Region. Aussenminister Joseph Wu nannte die Aktionen "bedrohlich".

Provokationen in der Pufferzone

Unter dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping dringen chinesische Kampfflugzeuge nahezu täglich in den taiwanischen Verteidigungsluftraum ein. Massenhafte Militärflüge Chinas in die Zone waren bislang dennoch selten.

Bei den Flügen am Wochenende drangen die Flugzeuge Chinas zwar in Taiwans ADIZ, nicht aber in den eigentlichen Luftraum über dem Land ein. Die ADIZ umfasst auch Teile der chinesischen Luftüberwachungsgebiete und sogar Teile von Festland-China.

Innerhalb der Identifikationszone sind militärische Flugzeuge dazu aufgefordert, sich zu erkennen zu geben. Ausserdem sollen sie ihre aktuelle Koordinaten durchgehend übermitteln. Das Konzept der ADIZ basiert darauf, dass sie als Puffer zwischen zwei Lufträumen genutzt wird, durch die auftretende Konflikte entschärft werden können.

Das kann aber nur dann funktionieren, wenn alle beteiligten Seiten die Zone anerkennen – was China nicht tut. Nach Interpretation der Volksrepublik waren die Flüge deshalb keine Provokation, sondern man habe nur zu China gehörende Gebiete überflogen.

China erkennt Taiwan nicht als souveränen Staat an

Taiwan wird von China als Teil der Volksrepublik beansprucht. Es hatte sich 1949 am Ende eines Bürgerkriegs von China losgesagt. Peking betrachtet die demokratisch regierte Insel jedoch bis heute als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll.

China droht deshalb mit einer gewaltsamen Eroberung, um eine "Wiedervereinigung" zu erreichen. Präsident Xi Jinping ist für seinen Ausspruch bekannt, Taiwans Anschluss an die Volksrepublik sei "unausweichlich".

Die Lage zwischen China und Taiwan ist Experten zufolge derzeit so angespannt wie zuletzt in den 90er Jahren - und der Konflikt beschränkt sich nicht nur auf Peking und Taipeh. Alexander Huang, ausserordentlicher Professor an der Tamkang-Universität in Taipeh, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die jüngsten chinesischen Manöver dienten nicht nur dazu, eine Botschaft an Taiwan zu senden.

In der Region befinden sich dem Experten zufolge derzeit drei Flugzeugträgerverbände - zwei der US-Marine und ein britischer Verband. Peking sende daher auch eine politische Botschaft an Washington und London: "Macht keine Dummheiten in meinem Gebiet."

USA kritisieren Militäraktionen scharf

Vertreter des US-Militärs sprechen mittlerweile offen von der Möglichkeit, dass China seine Drohungen gegen Taiwan in die Tat umsetzen könnte. Der Schutz der Insel ist eines der wenigen Themen, bei denen in Washington parteiübergreifend Einigkeit herrscht.

Auf Fragen nach einer möglichen Invasion Chinas in Taiwan sagte US-Vizeverteidigungsministerin Kathleen Hicks, die USA hätten beträchtliche Streitkräfte in der Region, "um ein solches Potenzial einzudämmen", wie Taiwans Nachrichtenagentur CNA zitierte. Sie verwies darauf, dass sich die USA schon seit den 70er Jahren der Verteidigungsfähigkeit Taiwan verpflichtet hätten.

Die US-Regierung kritisierte die Militäraktionen Chinas am Sonntag (Ortszeit) scharf und zeigten sich "sehr besorgt". Die "provokanten militärischen Aktivitäten" seien "destabilisierend, riskieren Fehlkalkulationen und untergraben Frieden und Stabilität in der Region", sagte der Sprecher des Aussenministeriums, Ned Price, in Washington. "Wir mahnen China dringend, in seinem militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Taiwan nachzulassen."

Die USA hätten "ein andauerndes Interesse an Frieden und Stabilität in der Taiwanstrasse" und würden Taiwan weiter unterstützen, ausreichende Fähigkeiten zur Selbstverteidigung aufrechtzuerhalten. "Die Verpflichtung der USA gegenüber Taiwan ist felsenfest."

Peking dreht an der Eskalationsspirale

Die Verletzungen der Identifikationszone zur Luftverteidigung hatten im vergangenen Jahr schon den höchsten Stand seit der "Raketenkrise" um Taiwan 1996 erreicht, wurden nach der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden im Januar aber noch einmal verstärkt.

Mit den Militärflügen nahe der 23 Millionen Einwohner zählenden Insel will Chinas Volksbefreiungsarmee nach Angaben taiwanischer Experten offenbar koordinierte Kampffähigkeiten demonstrieren.

Damit dreht Peking an der Eskalationsspirale und verstärkt den Druck auf die USA, die ihre Beziehungen zu Taiwan aufgewertet haben. Auch soll die Regierung in Taipeh eingeschüchtert werden, die unter Präsidentin Tsai Ing-wen deutlich auf Distanz zu Peking geht.

Peking versucht seit jeher, Taiwan international zu isolieren. Die Volksrepublik lehnt jede Form formeller Beziehungen anderer Länder mit der Inselrepublik ab. Nur 15 Staaten weltweit erkennen Taiwan an und müssen dafür auf diplomatische Beziehungen zu China verzichten.

Auch Deutschland erkennt Taiwan aus Rücksicht auf Peking nicht offiziell an, unterhält aber eine Repräsentanz in Taipeh. (dpa/afp/thp)



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